Betreff
Neufassung der Verbandssatzung des Trink- und AbwasserVerbandes Eisenach-Erbstromtal (TAVEE),
hier: Beratung und Beschlussfassung
Vorlage
1046-StR/2012
Aktenzeichen
20.1 / 81 22 01
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Der Neufassung der Verbandssatzung des Trink- und AbwasserVerbandes Eisenach-Erbstromtal (TAVEE) in der beiliegenden Fassung wird zugestimmt.


Begründung:

 

Die Neufassung der Verbandssatzung des Trink- und AbwasserVerbandes Eisenach-Erbstromtal ist insbesondere erforderlich, da gegen die aktuelle Verbandssatzung eine Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht Weimar anhängig ist. In der Klage werden Bedenken gegen die Wirksamkeit der aktuellen Verbandssatzung unter drei Gesichtspunkten erhoben:

 

-          fehlende Zuordnung der Stimmen zu den Verbandsräten

 

-          unzulässiges Mehrfachstimmrecht sämtlicher Verbandsräte, nicht der Verbandsräte einzelner Verbandsmitglieder,

 

-          unzulässige Majorisierung der übrigen Verbandsmitglieder durch Stimmenparität der Verbandsräte der Stadt Eisenach.

 

Mit der vorliegenden Neufassung der Verbandssatzung können die genannten Bedenken ausgeräumt werden. Die wesentlichen Änderungen gegenüber der bisherigen Verbandssatzung werden nachfolgend dargestellt:

 

I.                     Name – Sitz – Rechtstellung (§ 1)

 

Durch § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verbandssatzung wird klargestellt, dass es sich lediglich um eine bestätigende Neugründung handelt. Der neue Zweckverband soll kein gänzlich anderer Rechtsträger sein, als der am 01.01.2003 gegründete TAVEE. Letzterer soll nicht abgewickelt werden. Die bestätigende Neugründung soll lediglich Fehler im Gründungsverfahren des namensgleichen Vorverbandes heilen. Nach den zivilrechtlichen Grundsätzen einer fehlerhaften Gesellschaft bzw. entsprechend den öffentlich-rechtlichen Grundsätzen des fehlerhaften Vorverbandes gehen die Rechte und Pflichte des ursrpünglichen (lediglich teilrechtsfähigen) Rechtssubjektes auf den anschließend wirksam gegründeten Rechtsträger über.

 

II.                   Verbandsaufgaben (§ 4 Abs. 1)

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit einem Beschluss vom 21.06.2011 (9 B 99/10) entschieden, dass die Aufgabe der Reinigung der zur Straße gehörenden Regenwasserabläufe und Sinkkästen Bestandteil der Aufgabe der Abwasserbeseitigung sein kann, wenn das Satzungsrecht des Aufgabenträgers nicht etwas anderes bestimmt. Da die Verbandssatzung des TAVEE bislang keine anderweitige Regelung enthielt, sondern die Aufgabe der Abwasserbeseitigung dem Zweckverband uneingeschränkt übertrug, könnte man den TAVEE als “partiellen Träger der Straßenbaulast” bezogen auf die Entfernung von Blättern, Staub und Abrieb aus Straßeneinläufen und Sinkkästen ansehen. Der TAVEE müsste diese Aufgabe erledigen und die hierdurch ausgelösten Aufwendungen seinen Verbandsmitgliedern und sonstigen Straßenbaulastträgern über Straßenentwässerungsgebühren in Rechnung stellen.

 

Vorzugswürdig ist es jedoch, dass die Straßenbaulastträger die Reinigung der Straßeneinläufe in eigener Regie erledigen und hierfür keine Gebühren an den Zweckverband entrichten müssen. Durch eine Klarstellung in der Verbandssatzung soll daher geregelt werden, dass der TAVEE weder zur Reinigung der Straßeneinläufe verpflichtet noch diesbezüglich zur Gebührenerhebung berechtigt ist.

 

III.                  Mitbenutzung von Kommunalstraßen (§ 4 Abs. 3, 4)

 

Der TAVEE regelt in § 4 Abs. 4 seiner Verbandssatzung, dass die Verbandsmitglieder dem Zweckverband die Mitbenutzung der öffentlichen Verkehrsflächen unentgeltlich gestatten. Nicht geregelt ist bislang jedoch, ob der Zweckverband verpflichtet ist, auf Verlangen der Gemeinde seine Anlagen anzupassen, wenn eine Straßenbaumaßnahme dies erfordert (Folgepflicht). Es fehlt weiterhin eine Regelung, wer die Folgekosten ganz oder anteilig trägt, wenn der Zweckverband nicht im Rahmen einer Gemeinschaftsbaumaßnahme einen Kanal erneuert, sondern ausschließlich wegen eines Bedürfnisses des Straßenbaulastträgers seine Anlagen anpasst. Es wird daher vorgeschlagen, eine Folgepflicht des Zweckverbandes und eine Pflicht zur Tragung hälftiger Folgekosten durch die Verbandsmitglieder in der Satzung zu verankern. Zur Erläuterung wird darauf hingewiesen, dass die Folgekostenpflicht nicht für Gemeinschaftsbaumaßnahmen gilt, da hierfür im Einzelfall gesonderte Verwaltungsvereinbarungen zwischen dem Zweckverband und seinen Mitgliedsgemeinden abgeschlossen werden.

 

IV.                Verkleinerung der Verbandsversammlung (§ 6 Abs. 4)

 

Es wird vorgeschlagen, die Verbandsversammlung auf eine Anzahl von 31 Personen zu verkleinern. Jede Mitgliedsgemeinde mit Ausnahme der Stadt Eisenach entsendet ihren Bürgermeister sowie zwei Vertreter des Gemeinderats. Die Stadt Eisenach entsendet wie bisher sieben Verbandräte. Der Bürgermeister einer Gemeinde ist direkt durch den Bürger gewählt. Um jedoch den Mehrheitsverhältnissen im Gemeinderat entsprechenden Einfluss zu sichern, sollen durch jedes Verbandsmitglied zwei weitere Verbandsräte bestellt werden, welche durch das Beschlussorgan der Gemeinde bestellt werden. Damit ergibt sich, dass der Bürgermeister nicht allein Entscheidungen für das Verbandsmitglied treffen, sondern auch von den durch den Gemeinderat bestellten Vertretern überstimmt werden kann.

 

V.                 Sitz und Stimme in der Verbandsversammlung

 

-          Stimmenverteilung und –zuordnung

 

Die Stimmenverteilung geht davon aus, dass jedes Verbandsmitglied außer der Stadt Eisenach je angefangene 1.000 Einwohner eine Stimme erhält.

 

Neu ist die Zuordnung der Stimmen zu den einzelnen Verbandsräten. Entfällt auf die Mitgliedsgemeinde eine gerade Anzahl von Stimmen, erhält jeder dieser Gemeinde gleichviele Stimmen. Entfällt auf die Mitgliedsgemeinde eine ungerade Stimmenanzahl erhält der Bürgermeister eine Stimme mehr als die beiden übrigen Verbandsräte. Entscheidend ist, dass durch die eindeutige Zuordnung der Stimmen zu den einzelnen Verbandsräten der Kritikpunkt der Normenkontrollkläger ausgeräumt ist, dass das Stimmrecht nicht mitgliedsbezogen, sondern vertreterbezogen ausgestaltet werden müsse.

 

-          Kein Mehrfachstimmrecht aller Verbandsräte

 

Es haben nicht sämtliche Verbandsräte sämtlicher Mitgliedsgemeinden ein Mehrfachstimmrecht. Vielmehr haben die Verbandsräte der Gemeinden Creuzburg, Seebach, Ifta, Hörselberg-Hainich und Krauthausen jeweils nur ein einfaches Stimmrecht. Auch insoweit wird die Kritik der Normenkontrollantragsteller berücksichtigt.

 

-          Kompensation der Stimmenparität durch das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit

 

Die Stimmenparität der Verbandsräte der Stadt Eisenach wird beibehalten. Den Bedenken aus dem Urteil des Verfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 22.10.2008 (AZ: LVG 7/07 – LKV 2009, 123, 124) muss nicht durch eine Abschaffung der Stimmenparität Rechnung getragen werden. Vielmehr deutet das Verfassungsrecht an, dass die Beschlussfassung einer qualifizierten Mehrheit bedarf. Wörtlich heißt es in dem Urteil: “Denkbar wäre z. B. eine Kombination von Gesamtstimmgewicht (etwa 60 %) mit einer über zwei hinausgehenden Mindestzahl von Mitgliedern, die den Beschluss tragen.”

 

In § 6 Abs. 7 des Entwurfs soll diese qualifizierte Mehrheit durch ein Doppelkriterium herbeigeführt werden: Beschlüsse der Verbandsversammlung bedürfen erstens einer Mehrheit von mindestens 60 % der anwesenden Stimmen und müssen zweitens von Verbandsräten von mindestens drei Verbandsmitgliedern getragen werden.

 

VI.                Verbands- und Werkausschuss (§ 9)

 

Der Verbands- und Werkausschuss ist ein eigenständiges Organ des Zweckverbandes (§ 5 Buchstabe b) der Verbandssatzung). Es handelt sich folglich nicht um einen bloßen Organteil der Verbandsversammlung. Vielmehr steht das Organ “Verbands- und Werkausschuss” den übrigen Organen “Verbandsversammlung” und “Verbandsvorsitzender” selbstständig gegenüber. Dies hat Konsequenzen für die Wahl des Verfahrens des Verbandsausschusses. § 26 Abs. 2 ThürKGG überlässt es der Verbandssatzung, die maßgeblichen Bestimmungen zu treffen.

 

Die Stimmenparität der Stadt Eisenach soll im Verbands- und Werkausschuss aufgehoben werden, d. h. die Stadt Eisenach hat wie alle anderen Verbandsmitglieder eine Stimme im Verbands- und Werkausschuss. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass die Mitglieder des Verbands- und Werkausschusses nicht Delegierte ihrer jeweiligen Mitgliedsgemeinde sind, sondern Vertreter des Gesamtinteresses des gesamten Verbandes. Der Verbands- und Werkausschuss ist ein eigenständiges Organ, nicht etwa bloß ein Ausschuss der Verbandsversammlung. Da dessen Mitglieder nicht lokale Partikularinteressen vertreten, erscheint es nicht sachgerecht, das Stimmgewicht eines Ausschussmitgliedes an die Einwohnerzahl der Herkunftsgemeinde zu koppeln.

 

Dem Interesse der Stadt Eisenach ist dadurch Rechnung getragen, dass in den meisten Fällen eine nachfolgende Beschlussfassung in der Verbandsversammlung erfolgt und die Verbandsversammlung den Empfehlungen des Verbandsausschusses nicht folgen muss. In der Versammlung kann die Stadt ihr Gewicht entsprechend der Stimmenparität einbringen.

 

VII.              Verbandsvorsitzender (§ 11)

 

Der Verbandsvorsitzende wurde nach der bisherigen Verbandssatzung aus der Mitte der Verbandsversammlung gewählt. Bei 39 Verbandsräten gab es hierfür eine große Auswahl. Nach der Verkleinerung der Verbandsversammlung auf 31 Verbandsräte, sollte die Option (nicht: die Pflicht!) eingeführt werden, auch jemanden wählen zu können, der nicht Bürgermeister oder Verbandsrat ist. Diese Option ist gesetzlich zulässig (§ 32 Abs. 1 S. 1 ThürKGG).

 

Theoretisch muss die Verbandsversammlung keine Beschränkungen für die Wählbarkeit zum Amt des Verbandsvorsitzenden vorgeben. Es wird jedoch vorgeschlagen, an die Wahlberechtigung nach § 1 Abs. 1 ThürKWG anzuknüpfen: Die Kandidaten müssen daher das 18. Lebensjahr vollendet haben, dürfen nicht durch gerichtliches Urteil oder wegen psychiatrischer Erkrankung vom Wahlrecht ausgeschlossen sein und müssen mindestens drei Monate in einer Mitgliedsgemeinde des Zweckverbands ihren Aufenthalt haben (Hauptwohnung im Sinne des Melderechts).

 

Ist der Verbandsvorsitzende bereits ohnehin Verbandsrat, wird er also aus der Mitte der Verbandsversammlung gewählt, hat er die Stimmenanzahl, die ihm in seiner Eigenschaft als Verbandsrat zusteht. Ist er nicht Mitglied der Verbandsversammlung, hat er kein eigenes Stimmrecht, damit die Stimmengewichtung zwischen den Mitgliedsgemeinden nicht verschoben wird. Aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 1. S. 1 ThürKGG, dass auch der Verbandsvorsitzende Verbandsrat ist, ergibt sich nicht automatisch die Notwendigkeit, den Verbandsvorsitzenden mit einem Stimmrecht auszustatten.

 

Die bisherige Verbandssatzung sieht vor, dass der Verbandsvorsitzende und die Stellvertreter nur aus wichtigem Grund abberufen werden können. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat jedoch mit Urteil vom 22.04.2010 (2 KO 568/09 – ThürVBl 2011, 32 = ThürVGRspr 2010, 141) entschieden, dass der Verbandsvorsitzende auch ohne wichtigen Grund im Verfahren nach § 32 Abs. 6 ThürKO vorzeitig abberufen werden kann. An diese Rechtsprechung ist § 11 Abs. 5 der Verbandssatzung anzupassen.

 

VIII.             Änderung der Verbandsverhältnisse (§ 20 Abs. 1 S. 2)

 

§ 20 Abs. 1 S. 2 der Verbandssatzung wird dahingehend angepasst, dass die sonstigen Änderungen der Verbandssatzung der qualifizierten Mehrheit nach § 6 Abs. 7 der Verbandssatzung bedürfen.

 

Auf die in der Anlage beigefügte Synopse zur Verbandssatzung wird entsprechend verwiesen.

 

 

Der vorliegende Satzungsentwurf wurde zwischen den gesetzlichen Vertretern der Verbandsmitglieder abgestimmt und durch den Verbands- und Werkausschuss in seiner Sitzung am 17.10.2012 zur Beschlussfassung empfohlen. Daraufhin wurde der Entwurf in einer Informationsveranstaltung am 22.11.2012 vorgestellt.

 

Nach einer Reihe weiterer Gespräche zwischen den klageführenden Gemeinden und der Stadt Eisenach fand nunmehr eine Einigung auf den in der Anlage beigefügten Satzungsentwurf statt.


Der Gemeinderat der Gemeinde Hörselberg-Hainich hat in seiner Sitzung am 21.02.2013 dem vorliegenden Satzungsentwurf seine Zustimmung erteilt.


Anlagenverzeichnis:

 

-          Anlage 1 neu – Entwurf der Neufassung der Verbandssatzung (Stand 21.02.2013)

-          Anlage 2 neu – Synopse (Stand 21.02.2013)