Betreff
Bericht der Behindertenbeauftragten der Stadt Eisenach
Vorlage
1501-BR/2014
Art
Berichtsvorlage

Sachverhalt:

 

"Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) wurde von Deutschland am 30.03.2007 als eines der ersten Mitglieder unterzeichnet.

 

Mit Beschluss vom 18. September 2009 forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, einen nationalen Aktionsplan zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Thüringen hat diesem Beschluss zugestimmt und sich in enger Abstimmung mit den Kommunen und Interessenvertretungen behinderter Menschen aktiv in den Prozess der Umsetzung des Übereinkommens eingebracht." So steht es im Thüringer Maßnahmeplan beschrieben.

 

Ich erlebe die zielgerichtete Umsetzung des Maßnahmeplanes für die Kommune nur punktuell und situationsbedingt, eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema insgesamt für eine Zielplanung bis 2020 wäre sinnvoll.

 

Bedenkt man, dass in Eisenach infolge der demografischen Entwicklung die Zahl derjenigen Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, weiter ansteigt, wird deutlich, dass dies kein Randgruppenthema mehr für die Politik sein darf.

 

Der Alltag der Menschen mit Behinderungen spielt sich in unserer Stadt und in ihren Stadtteilen ab, so dass wir in der Gestaltungspflicht sind. In der unmittelbaren lokalen Umgebung nützt Barrierefreiheit nicht nur Menschen mit Handycap, sondern auch älteren Menschen, Eltern mit Kleinkindern aber auch jedem der neu erkrankt oder nur vorübergehend erkrankt ist. Rund 80% der Schwerbehinderungen entstehen durch Unfall und loder Krankheit.

 

Das große Wort Inklusion, derzeit in aller Munde, was heißt das eigentlich? Es heißt "mittendrin", "enthalten sein", aber um "mittendrin" zu sein, muss man erst einmal Voraussetzungen schaffen, einen Plan haben.

 

Was bedeutet Inklusion für unsere Stadt, was müssen wir wissen und kennen, um sich dem Thema ganzheitlich zu widmen.

Auf Landesebene wurden Landesgleichstellungsgesetze verabschiedet, daraus entstehend

Landesbauverordnungen.

 

Das Behindertengleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen vom 01.05.2002 (BGG) gewährleistet die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft.

Im SGB IX wurde der Paradigmenwechsel festgeschrieben, nach der Novellierung 2004 heißt es nun "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" - vom Leistungsempfänger (Objekt) zum anspruchsberechtigten "Subjekt". 2006 regelt das Antidiskrimminierungsgesetz die Gleichbehandlung auch im Hinblick auf die Arbeitswelt.

 

Dieser kleine Exkurs soll zeigen, dass es genügend gesetzliche Regelungen und gemeinsame Erklärungen gibt, die es aber gilt für die Kommunen umzusetzen immer in Relation der Machbarkeit natürlich.

 

Was heißt das nun konkret für eine Stadt und ihre Behindertenbeauftragte? Stadtplanung ist hier ein zentraler Punkt, eine Stadt, die sich eher an den Bedürfnissen von Fußgängern als an denen der Autofahrer orientiert, leistet einen wichtigen Beitrag für viele Personengruppen.

 

Auch am Beispiel des Nahverkehrs oder dem Anbringen von Fahrkarten-, Geld -oder Telefonautomaten, kann man ein "Stadtdesign" planen.

 

Es soll stets auf den Ausgleich unterschiedlicher Interessen geachtet werden , die professionelle Planung von taktilen Leit - und Orientierungssystemen ist hier gemeint, wenn abgesenkte Bordsteine für Rollstuhlfahrer wichtig sind, können sie für Blinde eine Gefahr bedeuten. Ein besonders Konfliktfeld ist der Denkmalschutz, viele historische Gebäude sind nicht zugänglich, hier hat es der Gesetzgeber versäumt, die Interessen behinderter Menschen zu berücksichtigen.

 

In der konkreten Tätigkeit hat sich der Beratungsbedarf in den Sprechstunden von Beantragungen zur EU-Rente oder Schwerbehinderung zu anderen komplexen Themen und Problemlagen gewandelt.

 

Die Menschen mit Schwerbehinderungen beklagen, dass sie sich bei der Arbeitssuche von Ämtern und Behörden nicht unterstützt fühlen. Es fehlt an barrierefreien Wohnraum.

 

Eltern haben Probleme, wenn Schulen oder sie selbst die Gebärdensprache nicht können und es so zu Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder kommt.

 

Kinderfilme im Kino, die nur in 3D ausgestrahlt werden, werden bemängelt, da es einige Kinder, z. B. mit Epilepsie nicht vertragen über die Sinne derart strapaziert zu werden.

 

Aktuell arbeiten wir mit dem Amt für Tiefbau- und Grünflächen gemeinsam mit dem Schwerhörigenverein an der Installation einer Induktionsschleife in der Friedhofskapelle. Ebenso wurde auch im Theater die Induktionsschleife wieder heraus gegraben, die durch Sanierungsarbeiten verschollen war.

 

Der Aktionstag der Initiative "Gib niemals auf' wird mit den Vereinen und Verbänden wieder vorbereitet und findet in diesem Jahr am 17. Mai statt und steht unter dem Thema Behinderung und Tourismus.

 

Regelmäßig sind wir auf der Wartburg zu Gast, die alles versucht, trotz der baulichen Gegebenheiten mehr Behinderungsbilder zu beachten, dies sieht man an dem blindengerechten Rundgang oder dem angeschafften Treppensteiger für Rollstuhlfahrer und den Möglichkeiten trotz Hörproblemen an der Führung teilzunehmen.

Eine menschgerechte Stadt wäre das Ziel nicht eine behindertengerechte Stadt, dazu sind sicher viele Bürger bereit mitzuarbeiten.

 

Ein städtischer Aktionsplan zur Umsetzung des Thüringer Maßnahmeplanes wäre ein wünschenswertes

Ziel.

 

 

Braun

Behindertenbeauftragte


Anlagenverzeichnis

 

- Erklärung von Barcelona; Die Stadt und die Behinderten“ (Auszug)