Betreff
Erweiterung des Geltungsbereichs des Stadtumbaugebietes “Innenstadt-Georgenvorstadt”
Vorlage
0250-StR/2015
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Der Geltungsbereich des Stadtumbaugebiets ”Innenstadt-Georgenvorstadt” wird um die Grundstücke

·         Flur 67, Flurstück 6139 (ehemaliges Hotel Fürstenhof)

·         Flur 67, Flurstück 6131 anteilig (Straßengrundstück) und

·         Flur 67, Flurstück 6137 (Grünfläche; Kläranlage)

erweitert.


II. Begründung:

 

Hintergrund der Erweiterung des Geltungsbereichs des Stadtumbaugebietes „Innenstadt-Georgenvorstadt” um das Areal des ehemaligen Hotels Fürstenhof ist ein akuter Handlungsbedarf: Aus der dauerhaft ausbleibenden Nutzung und mangelnder Instandhaltung resultieren erhebliche Mängel am Gebäudekomplex, die bereits zum baulichen Verfall geführt haben. Gleichzeitig ist das Fürstenhof-Ensemble jedoch von maßgeblicher städtebaulicher und stadtbildprägender Bedeutung sowohl für die Eisenacher Südstadt als auch für die Innenstadt als Stadtumbaugebiet.

 

Der Fürstenhof ist ein bis 1996 als Hotel genutzter Gebäudekomplex auf einem 11.500 m² großen Grundstück an der Luisen- bzw. Waisenstraße. Der Komplex besteht aus mehreren Gebäudeteilen, die einen zusammenhängenden Baukörper auf dem zur Luisenstraße hin abfallenden Grundstück bilden. Ein weiterer, separater Gebäudeteil – das ehemalige Casino – vollzieht über mehrere Stockwerke einen Höhensprung von der unterhalb gelegenen Waisenstraße bis zur Ebene des eigentlichen Hotelgebäudes. Hervorgehend aus einem 1854 erbauten Sommerhaus erfuhr der Fürstenhof durch zahlreiche Anbauten und Aufstockungen eine bauliche Weiterentwicklung zu einer Villa und schlussendlich zu einem großen Hotel. Diese bauliche Entwicklung ist bis heute ablesbar. Gleichwohl die ursprüngliche Fassadengestaltung – mit Erkern, Balkonen, Veranden, Treppentürmen und Schmuckelementen – nach verschiedenen Phasen der Hotelnutzung nur in Teilen erhalten ist, hat der Fürstenhof nach wie vor eine bedeutsame städtebauliche Relevanz für Eisenach. Der Gebäudekomplex stellt ein einzigartiges bauliches Ensemble dar und ist maßgeblicher Einzelbestandteil des Ortsbildes. Aufgrund seiner exponierten topografischen Lage ist der Fürstenhof von verschiedenen Punkten im Stadtgebiet und dessen Umgebung aus sichtbar und prägt – auch von der Wartburg aus gesehen – das Landschaftsbild wesentlich mit.

 

Die Errichtung des Fürstenhof-Ensembles steht zudem im Zusammenhang mit der fortgesetzten Überformung des mittelalterlichen Stadtgrundrisses im 19. Jahrhundert und den Anfängen gründerzeitlicher Siedlungserweiterung im Eisenacher Süden und spiegelt somit eine der städtebau- und architekturgeschichtlich bedeutendsten Entwicklungsphasen der Wartburgstadt wider. Das Hotelgebäude ist außergewöhnliches Zeugnis des wirtschaftlichen Aufschwungs der Stadt zum Beginn des 20. Jahrhunderts sowie des hohen Entwicklungsstandes von Architektur und Baugewerbe zur Jugendstilzeit in Eisenach. Der städtebaugeschichtliche Wert der Anlage ist in jeder Hinsicht beispielhaft, insbesondere auch in ihrer Erweiterung zum Kurhotel im Zuge der Weltkurstadtbestrebungen Eisenachs Anfang des 20. Jahrhunderts.

 

Das Grundstück des Fürstenhofs liegt in den Geltungsbereichen der Erhaltungssatzung “Südstadt” vom 27.05.1998 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, des Ersatz- und Ergänzungsgebiets „Wandelhalle” gemäß § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB und des Denkmalensembles der Villenkolonie „Karthäuserhöhe”. Ungeachtet der Schutzfunktionen dieser Satzungen bzw. der Denkmalausweisung und der hiermit verknüpften Fördermöglichkeiten hinsichtlich Erhalt und Weiterentwicklung von ortsbildprägenden Gebäuden reicht der bisherige Handlungsrahmen nicht aus, um das Objekt Fürstenhof erhalten und – im Sinne der Ziele des Stadtumbaus – aufwerten zu können.

 

Grundlage des Stadtumbaus in Eisenach ist das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (SEK) vom Dezember 2002 und dessen erste Fortschreibung vom Dezember 2006. Nach Ablauf von zehn Jahren ist für das Jahr 2016 eine zweite Fortschreibung vorgesehen. Hierbei werden u. a. die bisher zugrunde gelegten Annahmen hinsichtlich der demografischen und Wohnungsmarktentwicklung überprüft, die Zielaussagen des Konzepts hinterfragt und der Grad der Zielerreichung und der Umsetzung von Maßnahmen festgestellt. Mit der anstehenden Fortschreibung wird das Areal des ehemaligen Hotels Fürstenhof zukünftig im SEK berücksichtigt – hinsichtlich seiner Potenziale und Defizite, bei der Überarbeitung der allgemeinen Entwicklungsziele im Stadtumbau wie auch der spezifischen Ziele für das teilräumliche Konzept „Innenstadt-Georgenvorstadt” (Stadtteilpass) und bei der konkreten Strategie- und Maßnahmenplanung.

 

Bisher sah die sanierungsfachliche Zielsetzung des Ersatz- und Ergänzungsgebietes „Wandelhalle” für den Fürstenhof-Komplex die Fortführung der Nutzung als Hotel bzw. als Veranstaltungsort (Festsaal) vor. Dieses Ziel konnte bis zum heutigen Zeitpunkt nicht realisiert werden. Ein Tagungs- oder Kongresshotel oder ein größerer Saal für Veranstaltungen wurde auch andernorts in Eisenach nicht geschaffen, so dass die Angebotslücke nach wie vor besteht. Für den Standort Fürstenhof haben sich im Laufe der Jahre jedoch Nutzungsalternativen in Richtung Wohnen herausgebildet, die angesichts der aktuellen Wohnraum- und Flächenentwicklung zunehmend an Bedeutung für die Stadtentwicklung Eisenachs gewinnen können. Seit den 1990er Jahren wurden in der Innenstadt zahlreiche Baulücken geschlossen und Wohngebäude saniert und instandgesetzt, so dass sich das Angebot an potenziellem zusätzlichem Wohnraum deutlich verkleinert hat – diese Entwicklung ist auch ein zentrales Thema im SEK und wird als eines der wesentlichen zukünftigen Handlungsfelder benannt. Insbesondere ist in Eisenach auch der Spielraum für alternative Wohnformen wie betreutes Wohnen oder gemeinschaftliche Wohnformen stark eingeschränkt. Das Areal des Fürstenhofs und der Gebäudebestand bieten nicht nur ein umfassendes Potenzial für neuen innenstadtnahen Wohnraum, sondern bei Bedarf auch die Möglichkeit, neue Wohnformen zu realisieren.

 

Mit der Erweiterung des Geltungsbereichs des Stadtumbaugebiets „Innenstadt-Georgenvorstadt” um das Fürstenhofgrundstück ist das Ziel verbunden, den städtebaulichen Missstands des Verfalls eines stadtbildprägenden Gebäude-Ensembles zu beseitigen und dessen Verlust zu verhindern. Zugleich werden die Sicherung des Gebäudes und die Aufwertung des städtebaulichen Ensembles ermöglicht. Die veränderte Zielsetzung, auf dem Fürstenhof-Areal innerstädtisches Wohnen zu entwickeln, unterstützt zwei wesentliche Entwicklungsziele schon des aktuellen SEK: den lokalen Wohnungsmarkt zu stabilisieren und die Siedlungsflächenentwicklung durch Innenentwicklung zu begrenzen.

 

Indem das Stadtumbaugebiet erweitert wird, wird zudem die Grundlage dafür geschaffen, auch das Fördergebiet „Vorstadt” im Rahmen eines Nachtrags zum Jahresantrag 2015 beim Thüringer Landesverwaltungsamt zu erweitern. Dies wiederum bildet die Basis, um – je nach Ausgestaltung der Entwicklungsziele und Maßnahmenplanung für den Fürstenhof-Komplex – Fördermittel zum Zweck der Sicherung und Aufwertung zu beantragen.


Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1: Übersicht_Erweiterung Stadtumbaugebiet Innenstadt-Georgenvorstadt

Anlage 2: Detail_Anschluss Fürstenhof an Stadtumbaugebiet

Anlage 3: Bestandsfotos Fürstenhof, Luisenstr. 11-13