Betreff
Gründer- und Innovationszentrum Stedtfeld GmbH (GIS),
hier: Kreditaufnahme im Rahmen des Nachtragswirtschaftsplanes 2015 im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über das Erweiterungsobjekt Ernst-Thälmann-Straße 110 "Alte Backwarenfabrik"
Vorlage
0275-StR/2015
Aktenzeichen
20.1 / 81 03 15
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

1.      Der Geschäftsführer der Gründer- und Innovationszentrum Stedtfeld GmbH (GIS) wird ermächtigt, das Vorhaben „Erweiterung der GIS GmbH – Revitalisierung der Gewerbebrache Ernst-Thälmann-Str. 110“ im Zusammenhang mit der Schaffung von 7 Gewerbeeinheiten mit einer vermietbaren Nutzfläche von insgesamt ca. 2.462 m² durchzuführen und die sich daraus ableitenden Rechtsgeschäfte abzuschließen.

2.      Zur Finanzierung des Eigenanteils der GIS GmbH wird einer Kreditaufnahme im Rahmen des Nachtragswirtschaftsplans bis zu einer Höhe von 784.000 € zugestimmt.

3.      Zur Zwischenfinanzierung des Investitionszuschusses und der Mehrwertsteuer wird der Geschäftsführer während des Investitionszeitraumes (längstens bis Ende 2017) zur Erhöhung der Kontokorrentkreditlinie von derzeit 102.000 € auf bis zu maximal 500.000 € ermächtigt.

4.      Die Vertreter der Stadt Eisenach in der Gesellschafterversammlung der Gründer- und Innovationszentrum Stedtfeld GmbH (GIS) und in der Gesellschafterversammlung der Städtischen Wohnungsgesellschaft Eisenach mbH (SWG) werden angewiesen, den entsprechenden Beschlussfassungen zuzustimmen.

 

Dem Stadtrat ist während des Projektzeitraums regelmäßig, mindestens jedoch halbjährlich, über den aktuellen Stand der Umsetzung des Erweiterungsvorhabens zu berichten.

 

Die unter 1. – 4. gefassten Beschlüsse stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Förderquote mindestens 80 % der förderfähigen Kosten beträgt. Sollte jedoch eine geringere Förderung bewilligt werden, ist die Wirtschaftlichkeit des Projekts neu zu berechnen und das Erweiterungsvorhaben dem Stadtrat mit den überarbeiteten Zahlen erneut zur Beschlussfassung vorzulegen.


II. Begründung:

 

Gegenstand der Gründer- und Innovationszentrum Stedtfeld GmbH (GIS) ist gemäß § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages „die Verbesserung der räumlichen, sozialen und wirtschaftlichen Struktur der Stadt Eisenach und des Wartburgkreises durch Entwicklung und Förderung von Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen auf allen Gebieten und Entwicklung des Arbeitsmarktes“. Zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes betreibt die GIS GmbH seit 1992 ein Gründer- und Innovationszentrum im Eisenacher Ortsteil Stedtfeld.

 

Die Auslastung des GIS liegt seit mehreren Jahren konstant über 95 %. Dadurch hat sich auch die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. So konnten beispielsweise gegenüber dem Jahr 2000

-          die jährlichen Mieteinnahmen um rd. 150 T€ erhöht,

-          die öffentlichen Zuschüsse (Stadt, Land) um rd. 170 T€ jährlich reduziert,

-          die Personalkosten um rd. 70 T€ jährlich gesenkt,

-          die Bankverbindlichkeiten um mehr als 3 Mio. € auf unter 2 Mio. € reduziert und

-          das Eigenkapital von ehemals –200 T€ auf +1.077 T€ erhöht werden (Angaben beziehen sich auf den Jahresabschluss 2014).

In den vergangenen vier Jahren erzielte die Gesellschaft konstante Jahresüberschüsse in Höhe von jeweils rd. 130 T€.

 

Nach wie vor problematisch stellt sich jedoch die Liquiditätslage der Gesellschaft dar. So kann die Liquidität – insbesondere aufgrund der hohen Tilgungsbelastung – neben den generierten Erträgen nur durch städtische Zuschüsse und die vorhandene Kreditlinie sichergestellt werden. Der Finanzmittelbestand zum 31.12.2014 betrug gerade rd. 15 T€.

 

Aufgrund der seit Jahren hohen Auslastung und dem weiter vorhandenen Bedarf plant die GIS seit längerer Zeit die innerstädtische Erweiterung über einen zweiten Standort, der aus der lange bestehenden Industriebrache „Backwarenfabrik“ in der Ernst-Thälmann-Straße 110 entstehen soll. Der Bedarf wurde gegenüber dem Fördermittelgeber durch ein Bedarfsgutachten entsprechend nachgewiesen (das Gutachten liegt der Stadtverwaltung vor und kann in der Beteiligungsverwaltung / Kämmerei eingesehen werden). Darauf basierend hat der Fördermittelgeber festgestellt, dass das Vorhaben die Fördervoraussetzungen der GRW-Richtlinie erfüllt und die Bewilligung einer 90%igen Förderung wurde in Aussicht gestellt. Dies wurde seitens der Bewilligungsbehörde auf Nachfrage der Stadt Eisenach per Mail vom 09. Juli 2015 nochmals bestätigt.

 

Die ehemalige Backwarenfabrik Eisenach, seit einigen Jahren vom Leerstand und zunehmenden Verfall gekennzeichnet, soll eine Nutzungsänderung und eine damit verbundene Komplettsanierung erfahren. Das Ziel besteht darin, Existenzgründern die Möglichkeit zu bieten, Gewerberäume anzumieten. Die vorhandene Raumstruktur schafft maximal 7 Nutzungseinheiten mit Mietflächen pro Einheit von ca. 325 m². Zu weiteren Erläuterungen wird auf die beigefügte Anlage 1 – Projektbeschreibung verwiesen.

 

Da es sich um eine für die GIS erhebliche Erweiterung mit einem Investitionsvolumen von mehr als 3 Mio. € handelt, wurde mit der Rechtsaufsichtsbehörde vorab die Frage der Genehmigungspflicht bzw. Genehmigungsfähigkeit erörtert. Mit Schreiben vom 18.03.2015 (siehe Anlage 7) teilte das Thüringer Landesverwaltungsamt mit, dass die Erweiterung nicht genehmigungspflichtig i. S. des § 73 Abs. 1 S. 4 ThürKO ist, da die Erweiterung eines bestehenden Unternehmens im innerörtlichen Bereich nicht unter die genehmigungspflichtigen Tatbestände fällt. Die beabsichtigte Standorterweiterung ist demnach anzeigepflichtig nach § 72 Abs. 1 ThürKO.

 

Nach der aktuellen Kostenschätzung belaufen sich die voraussichtlichen Projektkosten auf insgesamt 3.122.101,68 € netto. Hiervon entfallen auf den Grundstückserwerb 184.850 € sowie auf das Herrichten und Erschließen des Grundstücks 318.716,13 €. Für die bauliche Instandsetzung des Gebäudes fallen voraussichtlich Kosten in Höhe von insgesamt 2.618.535,55 € an. Die Einzelpositionen können dem beigefügten Investitionsplan (Anlage 2) entnommen werden.

 

Das zu erwerbende Grundstück steht derzeit im Eigentum der Städtischen Wohnungsgesellschaft Eisenach mbH (SWG). Die SWG mbH ist seit 01.01.2014 Mehrheitsgesellschafter der GIS GmbH mit 94 % der Anteile. Mit Datum vom 21.04.2015 teilte das Thüringer Landesverwaltungsamt mit, dass der Grundstückserwerb grundsätzlich nicht förderfähig ist, da es sich aufgrund der Gesellschafterverhältnisse um ein klassisches Insichgeschäft nach § 181 BGB handelt (siehe Anlage 8). Aus diesem Grund sind die Grunderwerbskosten i. H. v. 184.850 € nicht förderfähig und müssen insofern zum großen Teil (165.000 €) kreditfinanziert werden.

 

Die Finanzierung der Gesamtinvestitionskosten soll wie folgt sichergestellt werden:

-          Investitionszuschüsse (Fördermittel)                         2.643.527 €

-          Darlehensaufnahme Grunderwerb                    165.000 €

-          Darlehensaufnahme Eigenanteil Bauprojekt     619.000 €

-          Vorsteuerabzug                                                 539.755 €

 

Für die Darlehensaufnahme in Höhe von insgesamt 784.000 € ist die Aufstellung eines Nachtragswirtschaftsplanes erforderlich, da diese nicht im ursprünglichen Wirtschaftsplan enthalten war. Die Kreditaufnahme ist gemäß § 74 Abs. 1 ThürKO durch den Stadtrat zu genehmigen.

 

Weiterhin wird während des Investitionszeitraumes zur Zwischenfinanzierung des Investitionszuschusses und der Mehrwertsteuer voraussichtlich eine Erhöhung des bestehenden Kontokorrentkreditrahmens von derzeit 102.000 € auf bis zu 500.000 € erforderlich.

 

Bei der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wurde eine Förderquote von 80 % zugrunde gelegt. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine Förderung von bis zu 90 % der förderfähigen Kosten möglich. Ein endgültiger Bescheid hierzu liegt allerdings noch nicht vor. Aus diesem Grund sollte der Beschluss unter die aufschiebende Bedingung gestellt werden, dass die Förderquote mindestens 80 % der förderfähigen Kosten beträgt. Bei einer geringeren Förderung muss die Wirtschaftlichkeit des Projektes neu berechnet werden, das Vorhaben ist dem Stadtrat dann erneut zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

Auf der Basis einer 80prozentigen Förderung geht die Geschäftsführung in der Erfolgsrechnung (Anlage 4) davon aus, dass bereits im ersten Jahr nach Inbetriebnahme ein moderater Überschuss i. H. v. rd. 30 T€ aus dem Erweiterungsobjekt erzielt werden kann. Ab dem dritten Jahr wird mit einem jährlichen Überschuss von rd. 65 – 70 T€ gerechnet.

 

Dies führt planmäßig bis zum Jahr 2025 zu einer erheblichen Verbesserung der Liquiditätslage der Gesellschaft (vgl. Anlage 5 - Liquiditätsplan). Demnach soll sich der Finanzmittelbestand bis 2025 um mehr als 500 T€ erhöhen.

 

Bei der Berechnung geht die Geschäftsführung anfänglich von einer etwa 70%igen Auslastung aus, ab dem dritten Jahr nach Inbetriebnahme soll dann bereits eine Vollauslastung (bei angenommenen dreimaligen Mieterwechsel p. a. mit jeweils dreimonatigem Leerstand) erreicht werden. Die Geschäftsführung geht – unter der Annahme einer 80prozentigen Förderung – davon aus, dass bereits ab einer Auslastung von rd. 38 % die laufenden Aufwendungen durch die Erträge gedeckt sind. Dies entspricht der Vermietung von rund 3 der 7 geplanten Einheiten.

 

Aufgrund einer Auflage des Fördermittelgebers war darüber hinaus eine nochmalige Änderung des Gesellschaftsvertrages hinsichtlich der Gewinnverwendung erforderlich. Der entsprechende Beschluss wurde durch den Aufsichtsrat der GIS GmbH am 27.04.2015 mehrheitlich empfohlen und in der Gesellschafterversammlung der GIS GmbH am 27.04.2015 gefasst. Die notarielle Beurkundung ist zwischenzeitlich am 17.08.2015 erfolgt. Der § 17 des Gesellschaftsvertrages wurde wie folgt geändert:

 

Alte Fassung

Neue Fassung

 

§ 17 – Gewinnverwendung

 

(1)   Die Bewirtschaftung der Gründer- und Innovationszentrum Stedtfeld GmbH (GIS) soll kostendeckend ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgen.

 

(2)   Etwaige Gewinne werden vorrangig zur Abdeckung bestehender Verlustvorträge und künftiger Verluste verwendet.

 

(3)   Darüber hinaus verfügbare Gewinne werden zum Zweck der Wirtschaftsförderung im Sinne des § 3 des Gesellschaftsvertrages verwendet.

 

(4)   Jegliche Wettbewerbsverzerrungen durch die Gewinnverwendung sind zu vermeiden.

 

 

§ 17 - Gewinnverwendung

 

(1)   Die Gesellschaft ist nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet.

 

(2)   Ein nach Erfüllung der Steuer- und Abgabenpflichten und der Zuführung zu gesetzlichen Rücklagen verbleibender Gewinn wird nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet sondern zuzüglich eines Gewinnvortrages und abzüglich eines Verlustvortrages ganz oder teilweise in Gewinnrücklagen eingestellt oder zur Aufstockung des Stammkapitals der Gesellschaft wieder zur Verfügung gestellt.

 

(3)   – gestrichen –

 

(4)   – gestrichen –

 

 

Die Änderung des Gesellschaftsvertrages beinhaltet im Wesentlichen eine Klarstellung der Formulierung. Maßgebliche inhaltliche Änderungen wurden dagegen nicht vorgenommen, weshalb die Anpassung des Gesellschaftsvertrages dem laufenden Geschäft der Beteiligungsverwaltung zugerechnet werden konnte. Ein gesonderter Beschluss des Stadtrates ist insofern nicht erforderlich.

 

Im Zuge der o. g. Änderung des Gesellschaftsvertrages wurde eine weitere Anpassung im § 9 – Aufsichtsrat wie folgt vorgenommen:

 

Alte Fassung

Neue Fassung

 

§ 9 – Aufsichtsrat

 

(5)   Die Tätigkeit im Aufsichtsrat ist ehrenamtlich. Die Mitglieder erhalten lediglich Ersatz ihrer baren Auslagen.

 

 

§ 9 – Aufsichtsrat

 

(5)   Die Tätigkeit im Aufsichtsrat ist ehrenamtlich. Sie bestimmt sich nach Gesetz, Gesellschaftsvertrag und Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat.

 

 

Der Aufsichtsrat der GIS GmbH hat sich in seiner Sitzung am 27.04.2015 mit dem Erweiterungsvorhaben befasst und der Gesellschafterversammlung mehrheitlich die Beschlussfassung empfohlen. Die Gesellschafterversammlung der GIS GmbH ist dieser Empfehlung gefolgt und hat am 27.04.2015 die notwendigen Beschlüsse unter Organvorbehalt der Zustimmung des Stadtrates und der Gesellschafterversammlung der SWG mbH gefasst.

 

Der Geschäftsführer der GIS GmbH wurde dabei durch den Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung aufgefordert, die SWG mbH – vor allem vertreten durch deren Geschäftsführer – aufgrund der dort vorhandenen Fachkenntnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Realisierung umfangreicher Bau- und Sanierungsprojekte maßgeblich in das Projekt einzubeziehen.

 

Der Aufsichtsrat der SWG mbH hat sich in seiner Sitzung am 17.06.2015 mit der Angelegenheit befasst und der Gesellschafterversammlung die Beschlussfassung mehrheitlich empfohlen. Die Gesellschafterversammlung der SWG ist der Empfehlung des Aufsichtsrates gefolgt und hat den Beschluss ebenfalls am 02.07.2015 unter Vorbehalt der Zustimmung des Stadtrates gefasst.


Anlagenverzeichnis:

 

-          Anlage 0 – Inhaltsverzeichnis

-          Anlage 1 – Projektbeschreibung

-          Anlage 2 – Investitionsplan

-          Anlage 3 – Finanzierungsplan

-          Anlage 4 – Plan-Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)

-          Anlage 5 – Liquiditätsplanung

-          Anlage 6 – Unternehmensbewertung

-          Anlage 7 – Schreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur rechtsaufsichtlichen Würdigung des Erweiterungsobjektes vom 18.03.2015

-          Anlage 8 – Mail des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 21.04.2015 hinsichtlich der Frage der Förderfähigkeit des Grundstückserwerbs