Betreff
Bebauungsplan der Stadt Eisenach Nr. 2 SF „Hinter der Oberlandstraße“ Stedtfeld
hier: Verfahrensstand
Vorlage
1263-BR/2018
Art
Berichtsvorlage

Sachverhalt:

 

Das Amt für Stadtentwicklung hat eine Empfehlung über den weiteren Umgang mit dem am 25.08.1992 eingestellten Aufstellungsverfahren zu dem im Betreff genannten Bebauungsplan erarbeitet. Der Stadtrat der Stadt Eisenach soll mit diesem Bericht hierüber informiert werden. Da kein aktiver Verfahrensstand vorliegt, bedarf es keiner Entscheidung des Stadtrates. Der Stadtrat wird um Kenntnisnahme des Sachstandes gebeten und kann erforderlichenfalls über entsprechende Anträge Anregungen zum weiteren Verwaltungshandeln geben.

 

Die Gemeindevertretung der Gemeinde Stedtfeld hat am 25. August 1992 mit Vorlage Nr. 36/1992 mehrheitlich beschlossen, auf Empfehlung des Landesverwaltungsamtes das Aufstellungsverfahren über den Bebauungsplan Nr. 2 der Gemeinde Stedtfeld für das Wohngebiet „Hinter der Oberlandstraße“ zurückzunehmen und alle verfahrensleitenden Beschlüsse aufzuheben. Das Landesverwaltungsamt hatte mit Schreiben vom 01.07.1992 mitgeteilt, dass in Auswertung einer Schallbilanzierung vom 25.05.1992 für das Werk der Adam Opel AG eine Fortführung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes nicht empfohlen würde, da die zulässigen nächtlichen Lärmimmissionswerte durch die geplanten bzw. schon in Betrieb genommenen Anlagen der Adam Opel AG in Summe mit dem Werksverkehr weitgehen überschritten würden. Diese Empfehlung ging einher mit einem Vorschlag, die betreffende Fläche für ein weiteres Hotel zu beplanen, was jedoch in den Beschluss der damaligen Gemeindevertretung keinen Eingang fand.

 

Das Gebiet hinter der Oberlandstraße in Stedtfeld, nördlich der Verbindung zwischen der Straße „Am Friedhof“ im Westen und der „Wartburgstraße“ im Osten, wurde 2018 erneut einer stadtplanerischen Bewertung unterzogen und hinsichtlich der Rahmenbedingungen zur Schaffung von Bauland untersucht.

 

Prüfergebnis:

 

Der im Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Eisenach vom 01.06.2017 als gemischte Entwicklungsfläche F 5 dargestellte Bereich in Stedtfeld (ca. 1,31 ha) würde eine Mischbebauung nördlich der vorhandenen Straßenparzelle, Flurstück 106/2, gemäß der Planung von 1992 ermöglichen. Mit dieser Ausweisung würde ein logischer Übergang zu dem östlich angrenzenden Gewerbegebiet „Im Eisenacher Felde“ erreicht werden. Im Rahmen des zu erstellenden Bebauungsplans wäre - aufgrund der Nähe des Industriegebietes in der Hörselaue - für die zu entwickelnde Baufläche zu klären, inwieweit durch planungsrechtliche Vorgaben und durch Schallschutzmaßnahmen die Einhaltung der immissionsschutzfachlichen Richtwerte – anders als bei der Wohnungsbauplanung von 1992 - für eine Nutzung als Mischgebiet erreicht werden könnte. Die bauliche Abrundung der Ortslage entlang der bestehenden Straße und der Übergang zum östlich angrenzenden Gewerbegebiet wären städtebaulich grundsätzlich als wünschenswert einzuschätzen.

 

Der betreffende Bereich ist derzeit insbesondere durch umliegende Wohnnutzungen charakterisiert, jedoch wird der Charakter der Ortslage Stedtfeld insgesamt durch die südlich des Ortsteiles gelegene Industriebaufläche des Opelwerkes mitgeprägt.

 

Im Rahmen der Erweiterungsplanung des Opel-Werkes in Eisenach in die Gemarkung Stedtfeld hinein (Bebauungsplan der Stadt Eisenach Nr. 3 SF „Auf dem Werth“) wurde 2011 eine Schallimmissionsprognose erarbeitet, welche rechtsrelevante Immissionswerte für den Bereich der Oberlandstraße/ Wartburgstraße/ Am Friedhof in Stedtfeld ausweist. In der Ortslage, nordwestlich des Opelwerkes gelegen, befinden sich demnach immissionsschutzrechtlich relevante Wohngebäude. An Wohngebäuden an der „Oberlandstraße“ (Nr. 55) sowie „Am Friedhof“ (Nr. 11) wurden Immissionswerte gemessen (55-60 dB(A) tagsüber und 40-45 dB(A) nachts), welche nach TA Lärm im obersten Grenzbereich der Immissionsrichtwerte für Allgemeine Wohngebiete bzw. schon deutlich im Richtwertbereich für Mischgebiete liegen.

 

Inmitten der umliegenden Wohnstruktur von Stedtfeld wäre damit - angrenzend an das östlich davon gelegene Gewerbegebiet „Im Eisenacher Felde“ – schlussfolgernd nur ein Mischgebiet realisierbar. Dies wäre was bei entsprechender planerischer Sorgfalt im Grunde genommen auch städtebaulich vertretbar. Ein Mischgebiet kann aber nicht mit der Zielstellung ausgewiesen werden, um etwa einen verminderten Schutzstandard in Bezug auf die zulässigen Emissionen am zukünftigen Wohnstandort zu erreichen. Das Entwicklungsgebot für Mischgebiete beinhaltet eine gleichberechtigte Nutzungsmischung von „Wohnen“ und „Gewerbe“, welche als baugebietstypisch dann auch tatsächlich real umzusetzen wäre.

 

Solange aber nachfragebedingt eine hälftige Gewerbeansiedlung als nicht marktgerecht eingeschätzt werden muss, kann aktuell nicht empfohlen werden die Fläche als Mischgebiet in einem Bebauungsplan festzusetzen. Sämtliche gewerbliche Nutzungen müssten bauplanungsrechtlich gesehen mischgebietsverträglich sein, was die Schwierigkeit einer baugebietsadäquaten Ansiedlung von Gewerbe weiter erschweren würde. Die Implementierung eines Mischgebietes, insbesondere von weiteren Gewerbebetrieben am Ortsrand, müsste zudem in Nachbarschaft des vorbelastenden Gewerbegebietes auch strukturseitig und ortsbildverträglich gelingen.

 

Die Fläche alternativ als „Urbanes Gebiet“ auszuweisen würde ganz ähnliche Probleme aufwerfen, nur dass hier - bei vergleichbaren Lärmrichtwerten – der Zwang zur hälftigen Mischung zwischen Wohnen und Gewerbe entfiele. Der im Mai 2017 neu in die Baunutzungsverordnung eingeführte Gebietstyp, für den schlussfolgernd noch keine gesicherte Rechtsprechung vorliegt, soll überwiegend in stark verdichteten städtischen Gebieten realisiert werden und würde in der schwierigen Lärmkulisse der Ortslage Stedtfeld einen ebenso fraglichen wie untauglichen Versuch darstellen, um die komplizierte bauleitplanerische Konfliktbewältigung zu erreichen.

 

Empfehlung:

 

Das Amt für Stadtentwicklung gibt in Abwägung aller erörterten Umstände die Empfehlung, ein neuerliches Bebauungsplanverfahren für die im FNP 2017 ausgewiesene Mischbaufläche F 5 „Hinter der Oberlandstraße“ in Stedtfeld vorläufig nicht einzuleiten. Die Flächenentwicklung sollte unter folgenden Maßgaben erneut auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden:

 

·         im Zuge einer grundlegenden Überarbeitung des Flächennutzungsplanes,

·         bei marktbeeinflussenden Veränderungen von Investitionsrahmenbedingungen, insbesondere von systemrelevanten steuerlichen Anreizen für gewerbliche Investments,

·         im Falle einer durchgreifenden Veränderung der Immissionskulisse im Industriegebiet „Am langen Rasen/ Auf dem Werth“, welche derzeit durch metallverarbeitende Betriebe der Automobilindustrie dominiert wird, oder

·         nach einer allgemeinen Konsolidierungsphase von mindestens zehn Jahren.