Sachverhalt:
Hintergrund und Anlass
Im Zusammenhang mit der 2. Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK 2030) wurde erstmals die Erarbeitung einer Wohnungsmarktanalyse und -prognose für Eisenach beauftragt. Die Wohnungsmarktprognose lag im Januar 2018 vor. Die Ergebnisse sind gemäß des Stadtratsbeschlusses Nr. StR/0727/2018 in das seit Dezember 2019 vorliegende ISEK 2030 eingeflossen.
Wesentliche Datengrundlage für die Erstellung einer Eisenacher Wohnungsmarktprognose war die 1. regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung (1. rBv) des Thüringer Landesamts für Statistik (TLS). Die 1. rBv prognostizierte Eisenach für den Zeitraum bis 2035 eine insgesamt stabile Bevölkerungszahl (bzw. minimales Wachstum). Diese Prognose zur Bevölkerungsentwicklung bildete die Basis, um eine Prognose der Entwicklung der Haushalte (Haushaltsprognose) zu erstellen. Dies war wiederum die Grundlage für die Prognose des Wohnungsbedarfs.
Im Juli 2019 wurde mit der 2. rBv eine neue Bevölkerungsprognose vom TLS veröffentlicht. Die Voraussage der Einwohnerentwicklung hat sich für Eisenach deutlich verändert: Die Stadt wird vom Jahr 2018 an bis 2040 einen Einwohnerrückgang von 9,1 % erfahren (vgl. Anlage 2). Die TLS-Prognose geht zwar von einer erhöhten Zuwanderung für Eisenach aus, jedoch wird die Stadt aufgrund des Sterbefallüberschusses zukünftig durchweg an Bevölkerung verlieren.
Ein voraussichtlicher Bevölkerungsrückgang von rund 9 % in den kommenden zwanzig Jahren stellt – weit über die Frage der Wohnraumversorgung hinaus – eine Herausforderung dar.
Jedoch sei an dieser Stelle erwähnt, dass Eisenach im Thüringer Vergleich noch eine vergleichsweise günstige Prognose erfährt: Rund ein Viertel aller kreisfreien Städte und Landkreise schrumpft bis 2040 um mehr als 15 %, ein weiteres Viertel verliert mehr als 20 % aller Einwohner. Nur den kreisfreien Städten Jena und Erfurt wird bis 2040 leichtes Wachstum prognostiziert. (vgl. Anlage 2)
Angesichts dieses Richtungswechsels hinsichtlich der Bevölkerungsprognose war es erforderlich, die Haushaltsprognose für Eisenach und damit die Wohnungsmarktprognose fortzuschreiben.
Die Erarbeitung der Wohnungsmarktanalyse und -prognose erfolgte im Zeitraum von Januar bis Mai 2020 durch das IfS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH, Berlin, in Zusammenarbeit mit Timourou Wohn- und Stadtraumkonzepte, Leipzig. Die Zwischenergebnisse wurden am 8. Juli 2020 im Rahmen des Runden Tisches der Stadtentwicklung mit den Unternehmen der Eisenacher Wohnungswirtschaft vorgestellt, erörtert und diskutiert.
Der Bericht liegt nunmehr als Entwurf vor und wird dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben. In einer Informationsveranstaltung für Stadtratsmitglieder im Herbst 2020 wird der Bericht durch die Gutachter zudem noch vorgestellt und erläutert werden. Im Anschluss soll die 1. Fortschreibung der Wohnungsmarktprognose für Eisenach veröffentlicht werden.
Inhalt und Ergebnisse
Der Entwurf zur Fortschreibung der Wohnungsmarktprognose (Prognosezeitraum hier: bis 2035) beinhaltet eine aktualisierte Darstellung
- zu Beschäftigung und Einkommen sowie zur demografischen Entwicklung,
- zur Struktur und Entwicklung des Wohnungsangebots,
- der aktuellen Trends auf dem Wohnungsmarkt und beim Leerstand, insbesondere zur Bautätigkeit und Entwicklung des Wohnungsbestands,
- der Entwicklung von Wohnungsmieten und Immobilienpreisen und
- der Fortschreibung der Haushalts- und Wohnungsbedarfsprognose.
Neben der 2. rBv wurden hierfür weitere aktuelle statistische Daten berücksichtigt (insbesondere Daten des Thüringer Landesamts für Statistik bis 2018 und Wohnungsmarktdaten aus dem 2. Quartal 2019).
Die Fortschreibung der Haushalts- und Wohnungsbedarfsprognose wird zudem rückgekoppelt mit den bereits aus der ersten Wohnungsmarktprognose bekannten Handlungsfeldern
- Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Mehrfamilienhäusern,
- Weiterentwicklung der Großwohnsiedlungen und
- Weiterentwicklung der kernstädtischen Altbaugebiete.
Ferner werden die Handlungsmöglichkeiten betrachtet, die sich im Rahmen der kommunalen Wohnungspolitik vor dem Hintergrund der veränderten Bevölkerungsprognose ergeben.
Unverändert bestehen bleiben die zielgruppenspezifischen Handlungsfelder, die in der ersten Wohnungsmarktanalyse näher betrachtet wurden: Wohnen für einkommensschwache Haushalte, Flüchtlinge im Wohnungsmarkt und Wohnen im Alter. In Bezug auf diese zuletzt genannten Themenfelder hat die Wohnungsmarktprognose 2018 folglich weiterhin Bestand.
Als Fazit der Fortschreibung der Wohnungsmarktprognose Eisenach lässt sich zur künftigen Entwicklung der Haushalte und des zusätzlichen Wohnungsbedarfs in aller Kürze feststellen:
- Trotz rückläufiger Bevölkerungszahl steigt die Zahl der Haushalte aufgrund der weiter fortschreitenden Haushaltsverkleinerung bis 2035 leicht.
- Die Zahl der Zweipersonenhaushalte und insbesondere der Einpersonenhaushalte wird künftig spürbar zunehmen, die Zahl größerer Haushalte wird geringer.
- Aufgrund der Zunahme der Zahl der Haushalte besteht künftig zusätzlicher Wohnungsbedarf.
- Aufgrund zusätzlicher qualitativer Nachfrage liegt der gesamte Neubaubedarf höher als die Zunahme der Haushalte.
- Der zusätzliche Wohnungsbedarf wird sich vorwiegend auf neue Wohnungen (in Mehrfamilienhäusern und in Ein- und Zweifamilienhäusern) und zu kleineren Teilen auf Wohnungen im vorhandenen Bestand richten.
- Der vorhandene Wohnungsleerstand wird bis 2035 ansteigen, aufgrund geplanter Bestandsreduzierungen voraussichtlich jedoch nur relativ geringfügig.
Für ausführliche Erläuterungen hierzu siehe Anlage 1, dem Entwurf der Fortschreibung der Wohnungsmarktanalyse und -prognose.
Zusammenhang Wohnungsmarktprognose und ISEK 2030
Bei der Erstellung des ISEK 2030 wurde - wie in der Begründung des Stadtratsbeschlusses Nr. StR/0104/2019 dargestellt – auf ein Vertiefungskonzept zum Themenbereich „Wohnen und Wohnraumentwicklung“ verzichtet, da notwendige Aussagen und Ergebnisse bereits in Form der Wohnungsmarktanalyse und -prognose 2018 vorlagen.
Da zudem die Ergebnisse der 2. rBv bekannt waren, kündigte sich die Fortschreibung der Wohnungsmarktprognose aufgrund der für Eisenach veränderten Bevölkerungsentwicklungstendenzen bereits an. Mit dem Vorliegen der Fortschreibung der Wohnungsmarktprognose ist daher keine Fortschreibung des ISEK 2030 notwendig.
Somit bleibt das gesamtstädtische Entwicklungsziel Nr. 6 aus dem ISEK 2030 unverändert bestehen:
„Eisenach erhält
und stärkt seine Funktion als Wohnstandort und baut seine Wohnraumangebote für
die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen aus.
Hintergrund:
Nach einer langen
Phase des Wohnungsüberhangs sind auf dem Eisenacher Wohnungsmarkt seit einigen
Jahren deutliche Konsolidierungstendenzen erkennbar. Das Wohnraumangebot ist im
Hinblick auf Wohnlagen, Wohnformen und Ausstattungsniveaus von einer großen
Vielfalt geprägt, gleichwohl es punktuell an besonderen Wohnformen wie etwa
barrierearmen/-freien oder altersgerechten Wohnungen. Bis zum Jahr 2035 wird
aufgrund einer erwarteten Zunahme der Haushalte zunächst ein allmählich
steigender und im Weiteren dynamisch wachsender Wohnraumbedarf prognostiziert.
Etwa ein Viertel der Eisenacher Haushalte ist auf preiswerten Wohnraum
angewiesen. Zugleich zeigt der große Einpendler-Überschuss der Arbeitskräfte
auch das Potenzial, mehr Menschen für den Wohnort Eisenach gewinnen zu können.
Dies gilt umso mehr, als dass die Kernstadt zahlreiche Brachen und
Gebäudeleerstände aufweist.
Handlungsfelder:
- Das Wohnungsangebot
in Eisenach wird an die sich verändernde Bedürfnisse der schon in Eisenach
ansässigen Bewohner und der potenziellen Zuzügler angepasst. Der Wohnungs-bestand
wird um barrierefreie, familiengerechte, generationenübergreifende, junge und
andere besondere Wohnformen ergänzt.
- Die städtische
Wohnungsbaugesellschaft leistet ihren Beitrag für die soziale
Wohnraum-versorgung der einkommensschwächeren Bevölkerung, die
Wohnungsgenossenschaften werden hierbei unterstützt.
- Die als
Wohnstandorte geeigneten Baulücken und Brachflächen, insbesondere in den
integrierten Lagen der Kernstadt, werden als Bauflächen für den Wohnungsbau
aktiviert.
- Eisenach verbessert die Qualität und die Barrierefreiheit des Wohnumfeldes in den einzelnen Wohnquartieren. Dazu wird insbesondere Versorgung mit wohnortnahen Grün-, Frei- und Spielflächen qualitativ und quantitativ weiterentwickelt.“ (ISEK 2030, S. 132)
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: 200819 Fortschreibung Wohnungsmarktprognose Eisenach_Entwurf
Anlage 2: 190719 TLS_Pressemitteilung 173-2019