Betreff
Anfrage der FDP-Stadtratsfraktion - Pflastersteine, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden
Vorlage
AF-0190/2021
Art
Anfrage

II. Fragestellung

 

1.       Wurden die Pflastersteine für den Telemannplatz und die Marienstraße über ein Zertifizierungsverfahren erworben? (Wenn nein, warum nicht?)

2.       Woher wurden die Pflastersteine des Telemannplatzes und der Marienstraße erworben bzw. aus welchem Land wurden diese eingeführt?

3.       Gibt es innerhalb der Stadtverwaltung, durch die Oberbürgermeisterin angeregt, eine „Selbstbindung“, die den Ankauf von Pflastersteinen, die durch Kinderarbeit produziert wurden, untersagt?

4.       Welche Verwendung fanden/finden die „alten Pflastersteine“ des Telemannplatzes und der Marienstraße?


ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

zu 1.

Folgender Passus wurde in den Ausschreibungstexten des Telemannplatzes und der Marienstraße verwendet: „Für angebotenes Natursteinmaterial außerhalb den Ländern der EU ist bei Aufforderung durch den AG eine amtliche Bescheinigung beizufügen, dass das Material ohne ausbeuterische Kinderarbeit, unter Beachtung arbeits- und gesundheitsschutzrechtlicher und ökologischer Kriterien gewonnen, verpackt und verladen wird. Diese sind nach Auskunft der Außenhandelskammer der Bundesrepublik Deutschland über die regionalen Arbeitsämter (Labour Offices) der Lieferfirmen zu bekommen.“ Die Bescheinigungen wurden vorgelegt.

 

Weiterhin waren den Vergabeunterlagen zur öffentlichen Ausschreibung Telemannplatz und Marienstraße die Formblätter zur „Verpflichtung zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen“, zu den „Verpflichtungen zum Nachunternehmereinsatz, Kontrollen und Sanktionen“ und zur „Verpflichtung des Nachunternehmers zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen“ beigefügt. Die ausgefüllten Erklärungen lagen von den Bietern vor.

 

zu 2.

Das Pflastermaterial war Bestandteil der Ausschreibung und wurde von den Firmen jeweils über einen Natursteinhändler in Deutschland bezogen. Das Pflastermaterial stammt vornehmlich aus Nordchina Provinz Shandong mit Ausnahme des Kleinpflasters und der Borde des Telemannplatzes (Europa). Die Ausschreibungstexte gaben den Firmen das Bezugsland vor, da eine Einheitlichkeit des Materials in Farbe, Körnung, etc. im Altstadtensemble gewährleistet werden soll. Eine Bemusterung des Pflastermaterials wurde jeweils vor Bestellung durchgeführt.

 

zu 3.

Am 01.05.2011 trat das Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz – ThürVgG) vom 18.04.2011 in Kraft. Damit wird die öffentliche Beschaffung von Bauleistungen ab einem geschätzten Auftragswert von 50.000 € (ohne Umsatzsteuer) und von Liefer- und Dienstleistungen ab einem geschätzten Auftragswert von über 20.000 € (ohne Umsatzsteuer) im Freistaat gesetzlich geregelt. Die Stadtverwaltung Eisenach ist nach § 2 ThürVgG zur Anwendung des ThürVgG verpflichtet.

 

Bei der Vergabe von Bauleistungen sollen nach § 11 ThürVgG keine Waren Gegenstand der Leistung sein, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind. Diese Mindeststandards ergeben sich u.a. nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 ThürVgG aus dem Übereinkommen Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit vom 17. Juni 1999 (BGBl. 2001 II S. 1290-1291) in der aktuellen Fassung. 

 

Aufträge über Bauleistungen dürfen nur an solche Auftragnehmer vergeben werden, die sich verpflichtet haben, den Auftrag gemäß der Leistungsbeschreibung ausschließlich mit Waren auszuführen, die nachweislich oder gemäß einer entsprechenden Zusicherung unter Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen gewonnen oder hergestellt worden sind.

 

zu 4.

Das Pflastermaterial des Telemannplatzes konnte aufgrund der technischen Beschaffenheit nur teilweise wiederverwendet werden. Wiederverwendung fand dies z. B. im Gehweg zwischen Georgen- und Hospitalstraße (Schlackekleinpflaster). Das Basaltpflaster war für eine Wiederverwendung als Oberfläche im Verkehrsbereich nicht geeignet und wurde als Ufer-Befestigung am Mühlgraben verwendet.

Das Kleinpflaster der Marienstraße wird in die Straße Am Frauentor wiedereingebaut. Der Rest verbleibt am Bauhof zur Pflasterung von Teilbereichen bzw. Reparaturen in Gehwegen / Straßenflächen.