Betreff
Anfrage der NPD-Stadtratsfraktion - FER-Brache und Brachflächen in Eisenach
Vorlage
AF-0217/2021
Art
Anfrage

II. Fragestellung

 

1.      Handelte es sich bei dem genannten Projektentwickler um das Unternehmen Aldi oder um ein von Aldi beauftragtes Unternehmen? Wenn Ja, sind die Hoffnungen auf eine Entwicklung des Areals damit zunächst begraben? Wenn Nein, welchen Stand haben die Verhandlungen von Projektentwickler und Eigentümer mittlerweile und gibt es belastbare Fortschritte?

2.      Wann gab es zuletzt eine baurechtliche Kontrolle des FER-Areals im Hinblick auf notwendige Ersatzvornahmen in Bezug auf Gefahren und wenn mit welchem Ergebnis? Wenn es keine Kontrollen gab, warum nicht?

3.      Hat die Verwaltung das Urteil des Bundesgerichtshofes bereits geprüft und ergeben sich hieraus aus Sicht der Oberbürgermeisterin Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Eigentümer von Brachflächen und maroden Gebäuden und auf der anderen Seite Handlungszwänge für die Stadt und die SWG in Bezug auf Immobilien und Flächen im öffentlichen Eigentum? Wenn Ja, mit welchem Ergebnis? Wenn Nein, warum nicht und wann wird eine Prüfung erfolgen?


ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

zu 1.

Der genannte Projektentwickler aus Berlin verfolgte zunächst sein Entwicklungsinteresse zusammen mit einem namhaften Lebensmitteldiscountunternehmen. Später – nach dem Rückzug des Partners - wurden die Ziele seitens des Projektentwicklers eigenständig weiterverfolgt. In den vergangenen Monaten gab es jedoch von ihm keine neuen Informationen mehr zum Fortschreiten eines Entwicklungsansinnens. Zwischenzeitlich (2. Halbjahr 2021) haben sich bereits drei weitere Projektinteressierte mit einer Entwicklung des Areals befasst und Kontakt mit dem Eigentümer aufgenommen. Die Verhandlungen haben derzeit leider noch keinen belastbaren und durch die Stadtverwaltung kommunizierbaren Sachstand erreicht.

 

 

zu 2.

Bauaufsichtliche Kontrollen wurden in der Vergangenheit in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Die Bauaufsicht hat hier im Rahmen der notwendigen Sicherung des Grundstückes gegen unerlaubtes Betreten lediglich die Einzäunung des Areals veranlassen müssen und diese auch vollzogen. Weitere Begehungen auf dem Grundstück oder in den Gebäuden sowie Sicherungsmaßnahmen waren bauaufsichtlich nicht angezeigt.

 

zu 3.

 

Die Verwaltung hat das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 15.10.2021, Az.: V ZR 225 / 20 bereits geprüft.

 

Jedoch ergeben sich aus dem Urteil für die Stadt keine Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Eigentümer von Brachflächen oder maroden Gebäuden und auch keine Handlungszwänge in Bezug auf Flächen oder Gebäuden, die im öffentlichen Eigentum stehen.

 

Begründung:

 

Gegenstand des vorgenannten Urteils des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob Wohnungseigentümer die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einem Mehrheitsbeschluss aus Gründen der Verkehrssicherheit dauerhaft verbieten können, wenn auch das Sondereigentum infolge des Verbots nicht mehr genutzt werden kann.

 

Das Verfahren betrifft ein nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteiltes, über 40 Jahre altes und stark sanierungsbedürftiges Parkhaus. Drei der insgesamt elf Ebenen des Parkhauses stehen als eigene Teileigentumseinheit im Sondereigentum der Klägerin. Sie vermietet ihre Einheit an ein benachbartes Hotel. Die übrigen Ebenen mit den Einheiten der Beklagten sind seit Jahren außer Betrieb. Nachdem das Bauordnungsamt Nachweise für die Einhaltung der brandschutztechnischen Mindestanforderungen angefordert hatte, beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass die Ebenen, die zu der Einheit der Klägerin gehören, nicht mehr genutzt werden dürfen. Vor dem Hintergrund, dass die Gemeinschaft eine Sanierung bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgelehnt hatte, wurde der Klägerin gestattet, die brandschutztechnischen Mängel selbst und auf eigene Kosten zu beseitigen; erst nach Vorlage entsprechender Nachweise sollte sie die Nutzung wieder aufnehmen dürfen. Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft und wollte diesen für ungültig erklären lassen.

 

Insofern hatte sich der BGH vorliegend mit einem speziellen Fall aus dem Wohnungseigentümergesetz (WEG) und die Einschränkung der Nutzung von Sondereigentum infolge eines Beschlusses durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zu befassen. Die streitentscheidenden Normen waren hier ausschließlich dem WEG zu entnehmen. Diese sind maßgeblich dem Zivilrecht zuzuordnen.

 

 

Sie regeln hierbei insbesondere das Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern untereinander in der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst.

 

Diese speziellen Regelungen des Zivilrechts können nicht auf andere Bereiche (im öffentlichen Recht) übertragen werden. Handlungen der Stadt als öffentlich – rechtliche Gebietskörperschaft sind zunächst grundsätzlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen, es sei denn, sie wird ausnahmsweise nicht hoheitlich sondern privatrechtlich tätig. Das könnte bspw. der Fall sein, wenn die Stadt Eisenach selbst Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wäre. Dann würden dort auch die Regelungen des WEG für diese gelten.

 

Es besteht seitens der Stabsstelle Recht derzeit keinerlei Kenntnis darüber, ob die Stadt Eisenach Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Selbst wenn, wäre vorliegend davon auszugehen, dass sich die praktisch anzuwenden Fälle in verschwindend geringen Grenzen halten, sodass die Entscheidung des BGH für die Stadt Eisenach grundsätzlich keinerlei Auswirkung auf den bisherigen Umgang mit Eigentümern von Brachflächen oder maroden Gebäuden haben dürfte. Diese bestimmen sich – nach wie vor – maßgeblich nach dem öffentlich Recht (insbesondere öffentlichen Baurecht und deren maßgeblichen Rechtsquellen wie bspw. dem Baugesetzbuch und der Thüringer Bauordnung).

 

Nach alledem bringt das vorgenannte Urteil des BGH keine weitergehende Bedeutung für die Stadt Eisenach im Umgang mit Brachflächen und maroden Gebäuden mit sich.