hier: Ausscheiden der Mitgesellschafterin Stadt Eisenach aus der Gesellschaft
I.
Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:
Die Stadt Eisenach erklärt
das Ausscheiden als Gesellschafterin der Flugplatz Eisenach – Kindel GmbH (FPG)
gem. § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Der städtische Vertreter in
der Gesellschafterversammlung wird ermächtigt, alle notwendigen Erklärungen zum
Ausscheiden der Stadt Eisenach abzugeben und die erforderlichen Handlungen
vorzunehmen.
II.
Begründung:
Die Stadt Eisenach
ist seit dem 1.1.1998 mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 36 % an der FPG Eisenach
Kindel mbH beteiligt. Mitgesellschafter sind der Wartburgkreis
(zwischenzeitlich mittelbar über VUW Wartburgmobil AöR) mit 54 % und die
Gemeinde Hörselberg-Hainich mit 10%.
Diese städtische
Beteiligung resultierte originär und unmittelbar aus den
Kreisfreiheitsverhandlungen Mitte der 1990er Jahre und wurde im diesbezüglichen
Auseinandersetzungsvertrag (§ 5) per 2.12.1997 geregelt.
Aus
gesamtstädtischer und beteiligungspolitischer Sicht ist diese Beteiligung im Vergleich
mit anderen städtischen Beteiligungen (SWG; GIS; EWT; SEG; EVB) als nachrangig
und aufgabenbezogen als freiwillig einzustufen.
Die Finanzierung der
Gesellschaft wurde durch eine beschränkte Nachschussverpflichtung i.H.v.
127.822,97 EUR in § 4 des GVertrages FPG geregelt. Somit waren und sind aus dem
städtischen Haushalts jährlich bis zu 46.016,27 EUR zur Auszahlung gekommen.
Die Stadt Eisenach hat seit ihrem Beitritt in der Summe mehr als 800 TEUR
Nachschüsse geleistet, welche vorrangig zur Finanzierung der jährlichen
Betriebsdefizite und Absicherung der Liquidität eingefordert werden.
Aufgrund dieser
permanenten finanziellen Belastung des städtischen Haushaltes und des
nachrangigen Unternehmenszwecks („freiwillige Aufgabe“ i.e.S.) wurde die Beteiligung
an der FPG in Absprache mit dem TLVWA bereits i.R. der seit 2012 lfd.
städtischen Haushaltskonsolidierung einer Überprüfung unterzogen. In der Folge
wurde die Oberbürgermeisterin beauftragt, Verhandlungen mit den beiden anderen
Gesellschaftern mit dem Ziel aufzunehmen, die Stadt Eisenach gegen Zahlung
eines Ablösebetrags aus dem Gesellschafterkreis zu entlassen (Maßnahme 55
HSK2012).
Aufgrund rechtlicher
Verpflichtungen im geltenden Gesellschaftsvertrag FPG (§ 5 Abs. 3) war eine
Auflösung nur im Einvernehmen mit den Mitgesellschaftern möglich. Die
entsprechenden Verhandlungen verliefen ergebnislos bzw. wurde die Übernahme der
Gesellschaftsanteile durch die Mitgesellschafter abgelehnt (GVersammlung FPG
27.2.2013). Damit war diese HSK – Maßnahme nicht umsetzbar und wurde
gestrichen.
Im Rahmen der
Rückkreisungsverhandlungen war ebenfalls kein Konsens hinsichtlich der
künftigen Gesellschafterstruktur der Gesellschaft zu erreichen. Der Status Quo
aus § 5 des Auseinandersetzungsvertrages von 1997 blieb damit trotz veränderter
Sachlage erhalten. Die städtische Zielstellung der „Rückabwicklung“ wurde auch
hier unter Bezugnahme auf die „Unzulässigkeit“ des Austritts gem. § 5 Abs. 3
Gesellschaftsvertrag FPG abgelehnt.
Aufgrund der
Rückkreisung per 1.1.2022 ergibt sich aber, dass die Stadt Eisenach als
unmittelbarer Gesellschafter mit 36% weiterhin dauerhaft der jährlichen
Nachschussverpflichtung unterliegt und darüber hinaus zusätzlich den 54 %igen
mittelbaren Gesellschafteranteil des WAK (über VUW) anteilig über die
Kreisumlage mitfinanziert.
Aufgrund der
weiterhin angespannten finanziellen Lage der Stadt Eisenach und zum Zweck der
Reduzierung dieser Doppelbelastung sowie aufgrund fehlender städtischer
Zuständigkeit ist es aus städtischer Sicht geboten, die direkte/unmittelbare
Beteiligung an dieser Gesellschaft aufzulösen.
Darüber hinaus wird
die Stadt Eisenach im Rahmen ihrer Beteiligung an der Gesellschaft gemäß § 71
Abs. 5 ThürKO überörtlich (außerhalb des eigenen Gemeindegebietes) tätig. Dies
ist dem Grunde nach gemäß § 71 Abs. 2 ThürKO zulässig, aber nur dann, wenn u.a.
der öffentliche Zweck die Beteiligung der Stadt Eisenach konkret erfordert und
das Unternehmen (hier: FPG) nach Art und Umfang in einem angemessenen
Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen
Bedarf dieser steht. Diese zwei Punkte sind dem Grunde nach nicht erfüllt.
(Weiterhin ist die überörtliche Betätigung i.R. der Beteiligung an der FPG per
1.1.2022 genehmigungspflichtig und bedarf formal der Zustimmung der betroffenen
Gebietskörperschaft, hier: Hörselberg - Hainich.)
Die bisherigen
Ablehnungen zum Austritt der Stadt Eisenach basierten auf rein formalen
Gründen. Es besteht eine rechtliche Verpflichtung im § 5 Abs. 3
Gesellschaftsvertrag, die die Austrittsmöglichkeit eines Gesellschafters an die
Tilgung eines im Jahr 2000 aufgenommenen Darlehens koppelt. (Exkurs: Diese
einschränkende Regelung musste ursprünglich im Gesellschaftsvertrag der FPG zum
Zeitpunkt der Darlehensaufnahme aufgenommen werden, da die alternativ
geforderte Vorlage einer kommunalen Ausfallbürgschaft durch die Stadt Eisenach
aufgrund der fehlenden dauernden Leistungsfähigkeit nicht genehmigungsfähig
war.)
Die ursprüngliche
Darlehenshöhe betrug 2 Mio. EUR (1,0226 Mio. EUR). Der Tilgungsverlauf (seit
2010) stellt sich, wie folgt, dar:
Datum |
|
Tilgung |
Stand Darlehen |
31.12.2010 |
|
|
393.668,92 EUR |
31.12.2011 |
|
23.285,79 EUR |
370.383,13 EUR |
31.12.2012 |
|
24.319,18 EUR |
346.063,95 EUR |
31.12.2013 |
|
25.398,41 EUR |
320.665,54 EUR |
31.12.2014 |
|
27.252,73 EUR |
293.412,81 EUR |
31.12.2015 |
|
30.336,50 EUR |
263.076,31 EUR |
31.12.2016 |
|
31.100,57 EUR |
231.975,74 EUR |
31.12.2017 |
|
31.883,89 EUR |
200.091,85 EUR |
31.12.2018 |
|
32.686,90 EUR |
167.404,95 EUR |
31.12.2019 |
|
33.510,17 EUR |
133.894,78 EUR |
31.12.2020 |
|
34.354,17 EUR |
99.540,61
EUR |
31.12.2021 |
|
35.219,40 EUR |
64.321,21 EUR |
31.12.2022 |
|
rd. 36 TEUR |
rd. 28 TEUR |
31.12.2023 |
|
rd. 28 TEUR |
0,00 EUR |
Da die Tilgung nach
aktuellem Kenntnisstand planmäßig per 31.12.2023 ausläuft, wird empfohlen, den
Austritt bzw. das Ausscheiden zum 31.12.2023 fristgemäß bis zum 31.12.2022 zu
erklären.
Folgende Gründe
sprechen zusammenfassend für das Ausscheiden bzw. den Austritt aus der
Gesellschaft:
-
i.R. städtischer „Doppel“finanzierung (direkt/
indirekt) größter Finanzierer einer Gesellschaft, die keine originären
städtischen Aufgaben wahrnimmt,
-
Beteiligung nachrangig und dem freiwilligen Bereich
zuzuordnen,
-
unzulässige Aufgabenwahrnehmung außerhalb des
Gemeindegebietes.
Der städtische
Vertreter in der Gesellschafterversammlung wird ermächtigt, die notwendigen
Erklärungen gemäß § 5 Abs. 3 des GVertrages vorzunehmen.