Betreff
Flugplatzgesellschaft Eisenach - Kindel mbH (FPG)
hier: Ausscheiden der Mitgesellschafterin Stadt Eisenach aus der Gesellschaft
Vorlage
1066-StR/2022
Aktenzeichen
14.1/81 13 01
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Die Stadt Eisenach erklärt das Ausscheiden als Gesellschafterin der Flugplatz Eisenach – Kindel GmbH (FPG) gem. § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Der städtische Vertreter in der Gesellschafterversammlung wird ermächtigt, alle notwendigen Erklärungen zum Ausscheiden der Stadt Eisenach abzugeben und die erforderlichen Handlungen vorzunehmen.

 


II. Begründung:

 

Die Stadt Eisenach ist seit dem 1.1.1998 mit einem Geschäftsanteil i.H.v. 36 % an der FPG Eisenach Kindel mbH beteiligt. Mitgesellschafter sind der Wartburgkreis (zwischenzeitlich mittelbar über VUW Wartburgmobil AöR) mit 54 % und die Gemeinde Hörselberg-Hainich mit 10%.

 

Diese städtische Beteiligung resultierte originär und unmittelbar aus den Kreisfreiheitsverhandlungen Mitte der 1990er Jahre und wurde im diesbezüglichen Auseinandersetzungsvertrag (§ 5) per 2.12.1997 geregelt.

 

Aus gesamtstädtischer und beteiligungspolitischer Sicht ist diese Beteiligung im Vergleich mit anderen städtischen Beteiligungen (SWG; GIS; EWT; SEG; EVB) als nachrangig und aufgabenbezogen als freiwillig einzustufen.

 

Die Finanzierung der Gesellschaft wurde durch eine beschränkte Nachschussverpflichtung i.H.v. 127.822,97 EUR in § 4 des GVertrages FPG geregelt. Somit waren und sind aus dem städtischen Haushalts jährlich bis zu 46.016,27 EUR zur Auszahlung gekommen. Die Stadt Eisenach hat seit ihrem Beitritt in der Summe mehr als 800 TEUR Nachschüsse geleistet, welche vorrangig zur Finanzierung der jährlichen Betriebsdefizite und Absicherung der Liquidität eingefordert werden.

 

Aufgrund dieser permanenten finanziellen Belastung des städtischen Haushaltes und des nachrangigen Unternehmenszwecks („freiwillige Aufgabe“ i.e.S.) wurde die Beteiligung an der FPG in Absprache mit dem TLVWA bereits i.R. der seit 2012 lfd. städtischen Haushaltskonsolidierung einer Überprüfung unterzogen. In der Folge wurde die Oberbürgermeisterin beauftragt, Verhandlungen mit den beiden anderen Gesellschaftern mit dem Ziel aufzunehmen, die Stadt Eisenach gegen Zahlung eines Ablösebetrags aus dem Gesellschafterkreis zu entlassen (Maßnahme 55 HSK2012).

 

Aufgrund rechtlicher Verpflichtungen im geltenden Gesellschaftsvertrag FPG (§ 5 Abs. 3) war eine Auflösung nur im Einvernehmen mit den Mitgesellschaftern möglich. Die entsprechenden Verhandlungen verliefen ergebnislos bzw. wurde die Übernahme der Gesellschaftsanteile durch die Mitgesellschafter abgelehnt (GVersammlung FPG 27.2.2013). Damit war diese HSK – Maßnahme nicht umsetzbar und wurde gestrichen.

 

Im Rahmen der Rückkreisungsverhandlungen war ebenfalls kein Konsens hinsichtlich der künftigen Gesellschafterstruktur der Gesellschaft zu erreichen. Der Status Quo aus § 5 des Auseinandersetzungsvertrages von 1997 blieb damit trotz veränderter Sachlage erhalten. Die städtische Zielstellung der „Rückabwicklung“ wurde auch hier unter Bezugnahme auf die „Unzulässigkeit“ des Austritts gem. § 5 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag FPG abgelehnt.

 

Aufgrund der Rückkreisung per 1.1.2022 ergibt sich aber, dass die Stadt Eisenach als unmittelbarer Gesellschafter mit 36% weiterhin dauerhaft der jährlichen Nachschussverpflichtung unterliegt und darüber hinaus zusätzlich den 54 %igen mittelbaren Gesellschafteranteil des WAK (über VUW) anteilig über die Kreisumlage mitfinanziert.

 

Aufgrund der weiterhin angespannten finanziellen Lage der Stadt Eisenach und zum Zweck der Reduzierung dieser Doppelbelastung sowie aufgrund fehlender städtischer Zuständigkeit ist es aus städtischer Sicht geboten, die direkte/unmittelbare Beteiligung an dieser Gesellschaft aufzulösen.

 

Darüber hinaus wird die Stadt Eisenach im Rahmen ihrer Beteiligung an der Gesellschaft gemäß § 71 Abs. 5 ThürKO überörtlich (außerhalb des eigenen Gemeindegebietes) tätig. Dies ist dem Grunde nach gemäß § 71 Abs. 2 ThürKO zulässig, aber nur dann, wenn u.a. der öffentliche Zweck die Beteiligung der Stadt Eisenach konkret erfordert und das Unternehmen (hier: FPG) nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf dieser steht. Diese zwei Punkte sind dem Grunde nach nicht erfüllt. (Weiterhin ist die überörtliche Betätigung i.R. der Beteiligung an der FPG per 1.1.2022 genehmigungspflichtig und bedarf formal der Zustimmung der betroffenen Gebietskörperschaft, hier: Hörselberg - Hainich.)

 

Die bisherigen Ablehnungen zum Austritt der Stadt Eisenach basierten auf rein formalen Gründen. Es besteht eine rechtliche Verpflichtung im § 5 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag, die die Austrittsmöglichkeit eines Gesellschafters an die Tilgung eines im Jahr 2000 aufgenommenen Darlehens koppelt. (Exkurs: Diese einschränkende Regelung musste ursprünglich im Gesellschaftsvertrag der FPG zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme aufgenommen werden, da die alternativ geforderte Vorlage einer kommunalen Ausfallbürgschaft durch die Stadt Eisenach aufgrund der fehlenden dauernden Leistungsfähigkeit nicht genehmigungsfähig war.)

 

Die ursprüngliche Darlehenshöhe betrug 2 Mio. EUR (1,0226 Mio. EUR). Der Tilgungsverlauf (seit 2010) stellt sich, wie folgt, dar:

 

Datum

 

Tilgung

Stand Darlehen

31.12.2010

 

 

393.668,92 EUR

31.12.2011

 

23.285,79 EUR

370.383,13 EUR

31.12.2012

 

24.319,18 EUR

346.063,95 EUR

31.12.2013

 

25.398,41 EUR

320.665,54 EUR

31.12.2014

 

27.252,73 EUR

293.412,81 EUR

31.12.2015

 

30.336,50 EUR

263.076,31 EUR

31.12.2016

 

31.100,57 EUR

231.975,74 EUR

31.12.2017

 

31.883,89 EUR

200.091,85 EUR

31.12.2018

 

32.686,90 EUR

167.404,95 EUR

31.12.2019

 

33.510,17 EUR

133.894,78 EUR

31.12.2020

 

34.354,17 EUR

  99.540,61 EUR

31.12.2021

 

35.219,40 EUR

  64.321,21 EUR

31.12.2022

 

rd. 36 TEUR

rd. 28 TEUR

31.12.2023

 

rd. 28 TEUR

0,00 EUR

 

Da die Tilgung nach aktuellem Kenntnisstand planmäßig per 31.12.2023 ausläuft, wird empfohlen, den Austritt bzw. das Ausscheiden zum 31.12.2023 fristgemäß bis zum 31.12.2022 zu erklären.

 

Folgende Gründe sprechen zusammenfassend für das Ausscheiden bzw. den Austritt aus der Gesellschaft:

-          i.R. städtischer „Doppel“finanzierung (direkt/ indirekt) größter Finanzierer einer Gesellschaft, die keine originären städtischen Aufgaben wahrnimmt,

-          Beteiligung nachrangig und dem freiwilligen Bereich zuzuordnen,

-          unzulässige Aufgabenwahrnehmung außerhalb des Gemeindegebietes.

 

Der städtische Vertreter in der Gesellschafterversammlung wird ermächtigt, die notwendigen Erklärungen gemäß § 5 Abs. 3 des GVertrages vorzunehmen.