II. Fragestellung
1. Handelte es sich
bei dem genannten Projektentwickler um das Unternehmen Aldi oder um ein von
Aldi beauftragtes Unternehmen? Wenn Ja, sind die Hoffnungen auf eine
Entwicklung des Areals damit zunächst begraben? Wenn Nein, welchen Stand haben
die Verhandlungen von Projektentwickler und Eigentümer mittlerweile und gibt es
belastbare Fortschritte?
2. Wann gab es zuletzt
eine baurechtliche Kontrolle des FER-Areals im Hinblick auf notwendige
Ersatzvornahmen in Bezug auf Gefahren und wenn mit welchem Ergebnis? Wenn es
keine Kontrollen gab, warum nicht?
3. Hat die Verwaltung das Urteil des Bundesgerichtshofes bereits geprüft und ergeben sich hieraus aus Sicht der Oberbürgermeisterin Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Eigentümer von Brachflächen und maroden Gebäuden und auf der anderen Seite Handlungszwänge für die Stadt und die SWG in Bezug auf Immobilien und Flächen im öffentlichen Eigentum? Wenn Ja, mit welchem Ergebnis? Wenn Nein, warum nicht und wann wird eine Prüfung erfolgen?
ich beantworte Ihre
Anfrage wie folgt:
zu 1.
Der genannte Projektentwickler aus Berlin
verfolgte zunächst sein Entwicklungsinteresse zusammen mit einem namhaften
Lebensmitteldiscountunternehmen. Später – nach dem Rückzug des Partners -
wurden die Ziele seitens des Projektentwicklers eigenständig weiterverfolgt. In
den vergangenen Monaten gab es jedoch von ihm keine neuen Informationen mehr
zum Fortschreiten eines Entwicklungsansinnens. Zwischenzeitlich (2. Halbjahr
2021) haben sich bereits drei weitere Projektinteressierte mit einer
Entwicklung des Areals befasst und Kontakt mit dem Eigentümer aufgenommen. Die
Verhandlungen haben derzeit leider noch keinen belastbaren und durch die
Stadtverwaltung kommunizierbaren Sachstand erreicht.
zu 2.
Bauaufsichtliche Kontrollen wurden in der Vergangenheit in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Die Bauaufsicht hat hier im Rahmen der notwendigen Sicherung des Grundstückes gegen unerlaubtes Betreten lediglich die Einzäunung des Areals veranlassen müssen und diese auch vollzogen. Weitere Begehungen auf dem Grundstück oder in den Gebäuden sowie Sicherungsmaßnahmen waren bauaufsichtlich nicht angezeigt.
zu 3.
Die Verwaltung hat das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom
15.10.2021, Az.: V ZR 225 / 20 bereits geprüft.
Jedoch ergeben sich aus dem Urteil für die Stadt keine
Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf Eigentümer von Brachflächen oder maroden
Gebäuden und auch keine Handlungszwänge in Bezug auf Flächen oder Gebäuden, die
im öffentlichen Eigentum stehen.
Begründung:
Gegenstand des vorgenannten Urteils des Bundesgerichtshofs ist die Frage,
ob Wohnungseigentümer die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einem
Mehrheitsbeschluss aus Gründen der Verkehrssicherheit dauerhaft verbieten
können, wenn auch das Sondereigentum infolge des Verbots nicht mehr genutzt
werden kann.
Das Verfahren betrifft ein nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteiltes,
über 40 Jahre altes und stark sanierungsbedürftiges Parkhaus. Drei der
insgesamt elf Ebenen des Parkhauses stehen als eigene Teileigentumseinheit im
Sondereigentum der Klägerin. Sie vermietet ihre Einheit an ein benachbartes
Hotel. Die übrigen Ebenen mit den Einheiten der Beklagten sind seit Jahren
außer Betrieb. Nachdem das Bauordnungsamt Nachweise für die Einhaltung der
brandschutztechnischen Mindestanforderungen angefordert hatte, beschlossen die
Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass die Ebenen, die zu der Einheit der
Klägerin gehören, nicht mehr genutzt werden dürfen. Vor dem Hintergrund, dass
die Gemeinschaft eine Sanierung bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgelehnt
hatte, wurde der Klägerin gestattet, die brandschutztechnischen Mängel selbst
und auf eigene Kosten zu beseitigen; erst nach Vorlage entsprechender Nachweise
sollte sie die Nutzung wieder aufnehmen dürfen. Die Klägerin wandte sich mit
ihrer Klage gegen den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft und wollte
diesen für ungültig erklären lassen.
Insofern hatte sich der BGH vorliegend mit einem speziellen Fall aus dem
Wohnungseigentümergesetz (WEG) und die Einschränkung der Nutzung von
Sondereigentum infolge eines Beschlusses durch die
Wohnungseigentümergemeinschaft zu befassen. Die streitentscheidenden Normen
waren hier ausschließlich dem WEG zu entnehmen. Diese sind maßgeblich dem
Zivilrecht zuzuordnen.
Sie regeln hierbei insbesondere das Verhältnis zwischen den
Wohnungseigentümern untereinander in der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst.
Diese speziellen Regelungen des Zivilrechts können nicht auf andere
Bereiche (im öffentlichen Recht) übertragen werden. Handlungen der Stadt als
öffentlich – rechtliche Gebietskörperschaft sind zunächst grundsätzlich dem
öffentlichen Recht zuzuordnen, es sei denn, sie wird ausnahmsweise nicht
hoheitlich sondern privatrechtlich tätig. Das könnte bspw. der Fall sein, wenn
die Stadt Eisenach selbst Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wäre.
Dann würden dort auch die Regelungen des WEG für diese gelten.
Es besteht seitens der Stabsstelle Recht derzeit keinerlei Kenntnis
darüber, ob die Stadt Eisenach Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft
ist. Selbst wenn, wäre vorliegend davon auszugehen, dass sich die praktisch
anzuwenden Fälle in verschwindend geringen Grenzen halten, sodass die
Entscheidung des BGH für die Stadt Eisenach grundsätzlich keinerlei Auswirkung
auf den bisherigen Umgang mit Eigentümern von Brachflächen oder maroden
Gebäuden haben dürfte. Diese bestimmen sich – nach wie vor – maßgeblich nach
dem öffentlich Recht (insbesondere öffentlichen Baurecht und deren maßgeblichen
Rechtsquellen wie bspw. dem Baugesetzbuch und der Thüringer Bauordnung).
Nach alledem bringt das vorgenannte Urteil des BGH keine weitergehende Bedeutung
für die Stadt Eisenach im Umgang mit Brachflächen und maroden Gebäuden mit
sich.