Sachverhalt:
Sachverhalt:
In diesem Jahr wurden ca. 200 ratsuchende Schwerbehinderte in der der
Sprechstunde angehört und beraten. Die Inhalte der Beratung haben sich
verändert, in Bezug auf Anfragen zu sofortigen Hilfen, betreffs barrierefreier
Wohnraumsuche oder Hilfeleistungen für einsame Menschen ohne Angehörige. Das
Problem des behindertengerechten Wohnraumes muss unbedingt Beachtung finden. Es
fehlt ebenso an Möglichkeiten für Spontanaufnahmen für Kurzzeitpflege in Notfällen.
Die Unsicherheit, dass in schwierigen Situationen evtl. niemand zur Seite
steht, wird immer wieder aufs Neue in den Gesprächen als großes Problem
dargestellt: „Was, wenn mir etwas zustößt oder ich Unterstützung brauche?“ Hier
gibt man/gebe ich oft einen großen Vertrauensvorschuss – oftmals auch ohne
gleich eine Lösung für das Problem zu haben.
Dank des gut funktionierenden Netzwerkes in der Stadt sind schnelle und
unbürokratische Hilfen durch die Ämter oder Vereine und Verbände möglich, außer
bei Fragen der schnellen Unterbringung. Beratungen zu Schwerbehinderungen und
Arbeitsstellen bilden einen weiteren wesentlichen Schwerpunkt. Die Unsicherheit
nach langer Krankheit wieder in den Arbeitsprozess zu treten und vielleicht auf
Hilfsmittel angewiesen zu sein, ist sehr groß. Durch die professionelle
Unterstützung des Integrationsfachdienstes, der durch das Land in Eisenach
installiert wurde, ist es in den meisten Fällen möglich, dass für die Arbeitgeber
und Arbeitnehmer gute Lösungen gefunden werden, die oftmals auch auf eine
Förderung hinauslaufen.
Neben der Sprechstundentätigkeit war ich zur Thematik behindertengerechte
Bushaltestellen anfangs in die Planung des ZOB eingebunden. Zur neuen
Planungsphase wurde ich nicht mehr hinzugezogen. Zu Planungen öffentlicher
Baumaßnahmen, wie z. B Wartbugschule und die Berufsschule im Palmental wurde
ich leider nicht zur Stellungnahme hinzugezogen. Eine wesentliche Aufgabe der
Behindertenbeauftragten ist aber bei der Bauvoranfrage Stellung zu beziehen,
dies wurde bereits mit der Stadt geklärt.
Die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ist
ein weiteres Thema, an dem ich auf Landesebene mitgewirkt habe, zeitweise in
einer Arbeitsgruppe. Das Ziel einen städtischen Aktionsplan zu erarbeiten,
steht noch als Vorhaben in der Planung für 2012.
Mit dem Inklusionsbegriff, der seit 2009 mit der
Behindertenrechtskommission der Vereinten Nationen in aller Munde ist, geht es
nicht mehr nur um die reine Teilnahme am öffentlichen/gesellschaftlichen Leben
(Integration), sonder auch um die Teilhabe, dass heißt die volle Umsetzung
aller Bürgerrechte.
Die Anhörungen zum Entwurf des Thüringer Maßnahmeplanes sind noch nicht
beendet, so, dass die Umsetzung noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen wird. Ein
großes Thema ist die Bildung für Menschen mit Behinderungen, hier sind Schulen in
freier Trägerschaft - besonders das Förderzentrum für Menschen mit
geistiger Behinderung gegenüber den staatlichen Schulen finanziell
deutlich schlechter gestellt. Positiv ist, dass mit dem neuen Gesetz für Schulen
in freier Trägerschaft Kooperationen und somit die Zusammenarbeit mit
staatlichen Schulen nun gesetzlich geregelt ist und gegenseitige Projekte die
Schüler bereichern. Trotz aller Inklusion wird es nie gelingen allen
behinderten Menschen den Zugang zum allgemeinen Bildungssystem zu verschaffen,
dazu sind allein schon die baulichen Rahmenbedingungen nicht gegeben, von der
fachlichen Qualifikation des Lehrpersonals im Bereich Sonderpädagogik ganz zu
schweigen.
Wenn wir von Behinderungen reden, müssen wir auch an alle
Sinnesbehinderungen denken. Blinde, Gehörlose und taubleidende Menschen, d. h.
alle Kommunikationsmittel- und formen so zu gestalten, dass sie dem inklusiven
Charakter Rechnung tragen.
So werden Förder- und Spezialschulen im Einzelfall immer wichtiger sein,
um entsprechend der Bedarfe auch „Schutzräume“ sicher zu stellen. Nach §71
Abs.1 SGBIX sind Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich mtl. Mindestens 20
Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 SGB IX dazu verpflichtet, auf mindestens 5% dieser
Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Arbeitgeber, die dieser
Forderung nicht nachkommen, müssen eine Ausgleichabgabe zahlen. Mit einer Beschäftigungsquote
von 4,4% kommen die Thüringer Arbeitgeber der Beschäftigungspflicht noch nicht
ausreichend nach. Neben der Förderung der frühkindlichen Entwicklung bis hin
zur Ausbildung und Arbeit stellt die Barrierefreiheit in allen Bereihen des
Lebens wohl die größte Herausforderung dar. Woran muss zukünftig gearbeitet
werden, bei allem Bewusstsein, dass dies ein sehr langer Prozess werden wird?
Hier nur einige Beispiele, die für uns Menschen ohne Behinderungen so
selbstverständlich sind, dass wir an diese sogenannten „Kleinigkeiten“ gar
nicht denken würden.
·
Wie erfahren Menschen mit Behinderungen Dinge über
Veranstaltungen oder Wegweiser oder politische Themen informiert?
·
über Plakate, Flyer, Zeitung, Internet etc.
·
Wie erreichen Menschen mit Behinderung die
Veranstaltungsorte? Sind diese frei zugänglich, z. B. Toiletten etc..
·
Erhalten Menschen mit Behinderung die
erforderlichen Hinweise vor Ort, wenn sie z.B. an Tagungen oder Kongressen
teilnehmen?
Diese Fragen sind nur eine kleine Auswahl um eine Gespür dafür zu
bekommen, was Barrierefreiheit bedeutet. Meine Anfrage an den Intendanten des
Theaters, ob die Möglichkeit bestünde, in einer Reihe eine Induktionsschleife
für schwerhörige Menschen zu installieren, wurde schlicht mit fehlenden
finanziellen Ressourcen abgetan. Dass viele ältere Menschen, die schwer hören
oder aber auch schon von Geburt an schwerhörigen Menschen gern ins Theater
gehen und einen konstanten Besucherstamm bilden, wird hierbei außer Acht
gelassen. Ein Antwortschreiben mit der Aussicht auf Fördermittel oder Spenden
hätte dem Theater besser zu Gesicht gestanden. Aufgrund der Vielfalt der
Behinderungen ist auch vielfältig das Thema Inklusion zu bearbeiten. Neben der
Beratungstätigkeit in den Sprechstunden, die immer den Einzelfall bearbeitet,
ist es erklärtes Ziel die guten Ansätze der Stadt in Bezug auf Barrierefreiheit
weiter gemeinsam zu verfolgen. Eisenach verfügt über ein breites Netz von
Vereinen und Verbänden zu den verschiedensten Krankheitsbildern. Diese Verbände
tauschen sich regelmäßig mit der Behindertenbeauftragten aus. Es werden
Informationen ausgetauscht und gemeinsame Veranstaltungen vorbereitet. Die
Teilnahme an dem Aktionstag „Gib niemals auf“ auf dem Marktplatz ist schon zu
einer festen Größe geworden. Wie überall macht auch den Vereinen und Verbänden
der Nachwuchs sorgen, viele junge Menschen finden noch nicht den Weg in eine
Selbsthilfegruppe, da sie noch gut selbst organisiert werden. Wir müssen uns
bemühen, dafür Sorge zu tragen, dass wir das geschaffene Netzwerk nicht an den
Altersstrukturen scheitern lassen.
Alles in allem ist die Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern offen
und transparent. Die Betreuung der Hilfesuchenden ist umfassend und
professionell abgesichert und gut ausgebaut. Hier gilt mein ganz besonderer
Dank allen Sachgebieten der Abteilungen des Sozialamtes. Ich wünsche mir für
die Zukunft, dass nicht alle Anfragen zur Schaffung barrierefreier Zugänge oder
Installationen mit einer lapidaren Begründung mangels finanzieller Ressourcen
abgetan werden. Sondern, dass aus den verschiedenen Ämtern heraus, der Auftrag
zur Prüfung von Fördermitteln oder andere Ideen erteilt werden. Das vermittelt
Achtung, Menschenwürde und zeigt dass wir zuhören und die Probleme ernst
nehmen.
Danke für die Aufmerksamkeit!
Petra Braun
Behindertenbeauftragte der
Stadt Eisenach