Betreff
Kulturstiftung Meiningen - Eisenach, hier: Beschlussfassung zum Abstimmungsverhalten des städtischen Vertreters im Stiftungsrat betreffend die Schließung des Landestheaters Eisenach
Vorlage
0911-StR/2012
Aktenzeichen
20.1/813103
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

den Vertreter der Stadt Eisenach im Stiftungsrat der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach zu ermächtigen, der Auflösung des Geschäftsbereiches des Landestheaters Eisenach zum 31.7.2013 und der Einstellung des Betriebes des Theaters zu diesem Zeitpunkt sowie der Beendigung der dort bestehenden Arbeitsverhältnisse, ebenfalls zum 31.07.2013, zuzustimmen.

 

Für den Fall, dass sich die Stadt Eisenach bis 30.05.2012 dennoch in der Lage sehen sollte, ihrer vertraglichen Verpflichtung ab 2013 nachweislich nachkommen zu können, wird die getroffene Entscheidung hinfällig.


Begründung:

 

Das Landestheater Eisenach bildet – ausgestattet mit einem eigenen Haushalt (Haushaltsplan) und gesonderter Finanzierungsvereinbarung der Zuwendungsgeber – einen selbständigen Betriebsteil der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach. Es wurde auf der Grundlage des Abkommens über die Zustiftung „Theater Eisenach” zur „Kulturstiftung Meiningen” vom 15.6.2007 im Wege der Zustiftung auf die “Kulturstiftung Meiningen” mit Wirkung zum 1.1.2009 übertragen. Mit der Zustiftung wurde der Stiftungsname in „Kulturstiftung Meiningen-Eisenach” geändert. Die Satzung der Stiftung erhielt eine entsprechende Neufassung. Satzungszweck ist danach die Pflege der Kultur in Eisenach, im Wartburgkreis und Meiningen durch den Betrieb des Theaters Eisenach, des Theaters Meiningen und des Museums Schloss Elisabethenburg. Die Stiftung wurde Eigentümer der Theaterliegenschaften. Der Betriebsübergang des Personals auf die Stiftung erfolgte zum 1.1.2009. Am Landestheater Eisenach wird zurzeit ein Dreispartenangebot mit Musiktheater (Operette, Musical), Ballett/Tanztheater, Schauspiel sowie Kinder- und Jugendtheater angeboten. Darüber hinaus werden durch die Landeskapelle Eisenach Sinfoniekonzerte angeboten. Im Bereich Schauspiel und Oper/ Operette wird das Theaterangebot im Rahmen einer Kooperation mit dem Meininger Theater realisiert. Insgesamt werden im Theater Eisenach 96 Personen beschäftigt.

 

Finanzierungsgrundlagen

Die Finanzierungsgrundlage für das Landestheaters Eisenach bildet das unbefristete Abkommen über die Finanzierung der Zustiftung “Theater Eisenach” zur “Kulturstiftung Meiningen” vom 15.6.2007 (Finanzierungsabkommen) und die jeweils für eine Finanzierungsperiode, zurzeit vom 1.1.2009 bis 31.12.2012, zwischen den Zuwendungsgebern separat geschlossene gemeinsame Vereinbarung zur Finanzierung des Theaters Eisenach (Finanzierungsvereinbarung). Danach haben sich die vertragsschließenden Zuwendungsgeber/ Zustifter, der Freistaat Thüringen, der Wartburgkreis und die Stadt Eisenach verpflichtet, die zum Ausgleich des Haushaltsplanes des Theaters Eisenach erforderlichen Mittel nach Maßgabe des Haushalts durch Zuschüsse auszugleichen. Die Stadt Eisenach ist danach verpflichtet, 37,5%, der Freistaat Thüringen 50% und der Landkreis Wartburg 12,5% des jährlichen Zuwendungsbedarfes des Theaters Eisenach zu tragen. Der Gesamtzuwendungsbedarf des Theaters Eisenach liegt ab dem 1.1.2013 bei 5.863.333 Mio. Euro. Entsprechend des Beschlusses des Stiftungsrates vom 10.10.2011 entfallen hiervon jährlich auf das Land 2,66 Mio. Euro, auf den Landkreis 666.667 Euro und auf die Stadt 2 Mio. Euro. Diese Mitfinanzierung wird jedoch nur gewährt, wenn nach dem Finanzierungsabkommen alle Vertragsparteien ihren Finanzierungsanteil in der entsprechenden Höhe erbringen. Nach der gemeinsamen Finanzierungsvereinbarung vom 15.6.2007 für die laufende Finanzierungsperiode von 2009 bis 2012 können die kommunalen Träger ihre Finanzierungsanteile in Höhe von 4.294.852 Euro (Stand 2006) in maximal gleicher Proportion wie das Land absenken; anderenfalls sinkt die Landesförderung entsprechend. Alle Zuwendungsgeber haben für diesen Finanzierungszeitraum ihre politische Absicht erklärt, das Landestheater Eisenach in der bisherigen Form weiter zu führen. Das Abkommen über die Finanzierung der Zustiftung „Theater Eisenach” zur „Kulturstiftung Meiningen” ist zum jetzigen Zeitpunkt für alle Beteiligten frühestens zum 1.12.2014 kündbar.

 

Entscheidungsansatz für 2013 und die Folgejahre

Mit Schreiben vom 2.12.2011 hat der Oberbürgermeister der Stadt Eisenach dem Vorstand der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach mitgeteilt, dass mit Auslaufen des mit dem Freistaat Thüringen bestehenden Festbetragsfinanzierungsvertrages zum 31.12.2012 eine verbindliche Zusage über die Höhe des Finanzierungsanteils der Stadt Eisenach aufgrund der akuten schwierigen Haushaltslage der Stadt Eisenach nicht abgegeben werden kann. In dem Schreiben wird auf eine erhoffte politische Entscheidung der Thüringer Landesregierung verwiesen, mit der die Stadt Eisenach in die Lage versetzt werden solle, den Finanzierungsanteil in der benötigten Höhe aufzubringen. Da sich die Stadt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft in der vorläufigen Haushaltsführung nach § 61 ThürKO befindet, kann die Stadt bereits aus rechtlichen Gründen derzeit keine neue Zahlungsverpflichtung eingehen, auch nicht mit einem niedrigeren Betrag, als der im Haushaltsplan beschlossene Eigenanteil für die Stadt Eisenach. Trotz angestrengter Bemühungen aller Beteiligten konnte das Haushaltsproblem der Stadt Eisenach bislang nicht gelöst werden. Dadurch klafft bereits in 2013 infolge des Ausbleibens des kommunalen Finanzierungsanteils für das Theaters Eisenach eine Finanzierungslücke von 2 Mio. Euro. Aus diesem Grund ist die vom Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur angebotene gemeinsame Vereinbarung zur Finanzierung des Theaters Eisenach für die Jahre 2013 bis 2016 bisher nicht zustande gekommen.

 

Bis zur Kündigungsmöglichkeit des Abkommens über die Finanzierung der Zustiftung „Theater Eisenach” zur „Kulturstiftung Meiningen” am 31.12.2014 besteht jedoch eine Mitfinanzierungspflicht der Stadt Eisenach dem Grunde nach Maßgabe ihres Haushalts. Auch unter Beibehaltung der prozentualen Finanzierungsanteile der übrigen Zuwendungsgeber/Zustifter führt der Ausfall des Zuwendungsanteils der Stadt Eisenach und damit einhergehend aufgrund vertraglicher Bestimmungen des Ausfalls der Zuwendungsanteile des Freistaats Thüringen sowie des Landkreises Wartburgkreis zur Zahlungsunfähigkeit der Stiftung als juristische Person im Ganzen. Zur Vermeidung dieser Situation ist eine Strukturentscheidung unumgänglich.

 

Mit der Regelung in Artikel 2 Abs. 1 des Abkommens über die Zustiftung des Theaters Eisenach zur Kulturstiftung Meiningen-Eisenach, nach der den Parteien bewusst ist, dass die Zustiftung des Theaters Eisenach nicht zu Lasten des Meininger Bestandes geschehen darf und Artikel 4 Abs. 3 des Abkommens über die Finanzierung der Zustiftung des Theaters Eisenach zur Kulturstiftung Meiningen-Eisenach, nach der bei einer Reduzierung der finanziellen Ausstattung des Eisenacher Theaters durch die Stadt Eisenach, den Wartburgkreis und den Freistaat Thüringen das Angebot im Landestheater Eisenach entsprechend reduziert wird, haben die Zustifter unmissverständlich klargestellt, dass die Zustiftung keinesfalls zu Lasten des Meininger Bestandes (Kernstiftung) erfolgen darf. Daher bleibt die unternehmerische Entscheidung auf den selbständigen Betriebsteil des Landestheaters Eisenach beschränkt. Wegen der zu beachtenden Kündigungs- und Nichtverlängerungsfristen müssen entsprechende Beschlüsse unverzüglich getroffen werden.

 

Bei Ausfall des Finanzierungsanteils für das Theater Eisenach kommt zur Abwendung einer Insolvenz der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach nur die Komplettschließung des Betriebsteils Landestheaters Eisenach zum 31.7.2013 und die Beendigung aller bestehenden Arbeitsverhältnisse in Betracht. Diese Entscheidung wurde in der Beratung des Stiftungsrates der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach am 9.5.2012 als einzige verbleibende Möglichkeit erkannt. Dabei wurde von den Vertretern des Freistaates Thüringen im Stiftungsrat mehrfach und eindringlich darauf hingewiesen, dass im Falle einer nicht rechtzeitigen Entscheidung die Organhaftung des Stiftungsrates greift und damit die Mitglieder des Stiftungsrates persönlich in Haftung genommen werden können. Dieser Sachverhalt ist ausschlaggebend für die Beschlussformulierung. Im Fall der Komplettschließung sind die Vorgaben und Fristen des Kündigungsschutzgesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes und der einschlägigen Tarifverträge einzuhalten. Die nach NV-Bühne beschäftigten Mitarbeiter, die länger als 15 Jahre am Theater beschäftigt sind, haben im Falle einer Komplettschließung einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Für diese Beschäftigten ist eine Änderungsnichtverlängerungsmitteilung auszusprechen, so dass sie in einem anderen Geschäftsbereich der Stiftung oder bei einem der wirtschaftlichen Träger der Stiftung zu beschäftigen sind. Sofern hierfür keine nichtverlängerungsfähige Beschäftigungsverhältnisse im Meininger Theater aufgelöst werden, wird dies zusätzliche Kosten verursachen. Die Betriebsräte in Eisenach fallen nicht in diese Gruppe, so dass diese nach den üblichen Regeln gekündigt werden können. Darüber hinaus fallen Transformationskosten (Abfindungen) und Kosten für die Erhaltung der Theaterimmobilie an.

 

Umsetzung

Die gemeinsame Vereinbarung zur Finanzierung des Theaters Eisenach vom 15.6.2007 läuft zum 31.12.2012 aus. Ab dem 1.1.2013 stehen mangels einer neuen Vereinbarung keine kommunalen Eigenanteile der Stadt Eisenach mehr zur Verfügung. Der Betrieb müsste daher zum 31.12.2012 eingestellt und den Mitarbeitern zu diesem Zeitpunkt gekündigt werden. Dem stehen jedoch die Kündigungsfristen des TVK und die Nichtverlängerungsfristen des Tarifvertrags NV Bühne entgegen. Eine Einstellung des Betriebs zum 31.12.2012 ist jedoch auch wirtschaftlich nicht sinnvoll, da zum einen die Gehälter der Mehrzahl der Mitarbeiter weiter zu finanzieren sind und die Programmgestaltung (Spielpläne) der beiden selbständigen Betriebsteile Eisenach und Meiningen aufeinander abgestimmt sind. Das Theater Eisenach kann daher erst zum 31.7.2013 geschlossen werden. Dies setzt aber voraus, dass der Betrieb des Theaters bis zum 31.7.2013 weiter finanziert werden muss.

 

Kostenfolgen

Die Folgekosten der Strukturentscheidung sind in ihrem genauen Umfang kurzfristig zu ermitteln und werden nach Art. 4 Abs. 2 des Abkommens über die Finanzierung der Zustiftung “Theater Eisenach” zur “Kulturstiftung Meiningen” durch die Stadt Eisenach, den Wartburgkreis und den Freistaat Thüringen aufgeteilt.