II. Fragestellung
Welche Bedeutung misst die Oberbürgermeisterin dem Urteil für Eisenach
bei?
1.
Gibt es trotz der vorläufigen Haushaltsführung
Mittel und Wege eine ebensolche Klage mit derselben Intension anzustrengen?
2.
Wie bewertet die Oberbürgermeisterin die
juristische Bewertung der zuständigen Richter im Hinblick auf Eisenach?
3. Inwiefern fanden in den vergangenen Jahren bei den Zuweisungen an die Stadt Eisenach die stark gestiegenen Sozialkosten Würdigung und welche Ungleichgewichte, wie sie Matthias Doht in der 26. Sitzung des Stadtrates (siehe Protokoll) darstellte, gibt es tatsächlich gegenüber dem Wartburgkreis mit welchen konkreten finanziellen Folgen?
ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:
Zu 1.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes von Rheinland- Pfalz geht davon aus, dass die verfassungsrechtliche Selbstverwaltungs– und Finanzausstattungsgarantie vom Land gegenüber den Kommunen nicht erfüllt wird und begründet die hohen Defizite mit gestiegenen Sozialausgaben. Für den Freistaat ist hierfür der Artikel 93 Abs. 1 und 2 der Verfassung des Freistaates Thüringen rechtlich relevant. Dieser regelt und garantiert die Selbstverwaltung der Kommunen, wozu auch eine angemessene Finanzausstattung gehört. Zu dieser Problematik haben die Städte Gera, Bad Langensalza und die Gemeinde Straufhain beim Thüringer Verfassungsgerichtshof Beschwerde gegen das Thüringer Finanzausgleichsgesetz (Schlüsselzuweisungen) eingelegt, die am 18.03.2010 mit Urteil abgewiesen wurde (VerfGH 52/08), obwohl sich die Kommunen durch eine externe Anwaltskanzlei vertreten lassen haben, die auf diesem Rechtsgebiet spezialisiert ist. Dem Tenor der Entscheidung ist zu entnehmen, dass substantiiert durch die Kommune der fehlende Spielraum für die Wahrnehmung von freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben infolge unzureichender Finanzausstattung nachzuweisen ist. Es ist dabei nicht allein von den Sozialausgaben auszugehen, sondern es muss immer die Gesamtheit der Schlüsselzuweisungen betrachtet werden. Zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben gehören insbesondere die regionale Wirtschaftsförderung, die Verbesserung der Infrastruktur, die Vorhaltung von Sportstätten (ohne Schulsport), Museen, Volks- und Musikschule sowie die Finanzierung eines Theaters. Die Ausführungen zeigen auf, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder Klage noch Verfassungsbeschwerde eine Aussicht auf Erfolg haben, da die Stadt eine Reihe der Selbstverwaltungsaufgaben noch absichert. In dem Zusammenhang wird auch auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 02.11.2011 (VerfGH 13/10) zu dieser Problematik verwiesen. In dem Leitsatz Nr. 1. zum Urteil wird ausgeführt, dass Art. 93 Abs. 1 Satz 1 ThürVerf eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen gewährleistet, die nach deren Kostenbelastung und deren Finanzkraft sowie der Leistungskraft des Landes zu bemessen ist. Ein weiterer Leitsatz führt aus, dass bei der Berechnung der Kostenbelastung der Kommunen zur Ermittlung ihres Bedarfes für pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben nur diejenigen Ausgaben einfließen dürfen, die einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechen.
Zu 2.
Die Frage ist mit der Beantwortung der Frage Nr. 1. erfolgt.
Zu 3.
Die Träger der Sozialhilfe tragen die Kosten für die Aufgaben, die Ihnen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch obliegen.
Zu den Aufgaben nach dem SGB XII zählen:
Hilfe zum Lebensunterhalt
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Hilfe zur Pflege
Hilfe zur Gesundheit
Eingliederungshilfe
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten
Hilfe in anderen Lebenslagen
Hierfür erhält der örtliche Träger der Sozialhilfe – sprich: die Stadt Eisenach – einen jährlichen Ausgleich für die durch die Nettosozialhilfeaufwendungen entstehenden Belastungen als besondere Ergänzungszuweisung im Sinne des 4. Abschnittes des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes.
Die Höhe der Zuweisung wird für jeden örtlichen Träger der Sozialhilfe gesondert berechnet.
Landeszuweisung
Jahr 2010 8.732.547,83 €
Jahr 2011 8.953.008,59 €
Jahr 2012 9.188.442,05 €
Bei den Ausgaben für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beteiligte sich der Bund zweckgebunden an diesen Leistungen wegen der Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprüchen. Im Jahr 2010 mit 14 v. H. und im Jahr 2011 mit 15. v. H.
Berechnungsgrundlage bildete der ungedeckte Finanzbedarf aller örtlichen Träger im Freistaat entsprechend der Meldung des Thüringer Landesamtes für Statistik im Verhältnis zu den Gesamtkosten für Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII aller Bundesländer.
Die dem Land vom Bund zufließende jährliche Ausgleichsleistung wurde entsprechend eines Verteilungsmaßstabes an die örtl. Träger der Sozialhilfe weitergeleitet.
Zuweisung
Jahr 2010 145.069,30 €
Jahr 2011 169.960,96 €
Ab dem Jahr 2012 trägt der Bund 45 v. H. der angefallenen reinen Ausgaben der Träger der Sozialhilfe. Zugrunde gelegt werden die Ausgaben des Vorvorjahres.
Zuweisung
Jahr 2012 526.488,70 €
Weiterhin erhält die Stadt Eisenach eine Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch.
Die Bundesbeteiligung betrug in
2010 23,0 % 2.216.383,72 €
2011 30,4 % 3.385.994,69 €
2012 30,4 % 1.607.676,65 € (Stand: 17.07.2012)
Hinzu kommt zum Ausgleich der Zusatzbelastungen bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe eine Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisung (Soz.-Bez.).
Zusätzlich noch eine Ergänzung aus dem Landeshaushalt für alle Landkreis und kreisfreien Städte.
Soz.-Bez. Landeszuweisung
2010 3.817.615,40 € 1.263.940,21 €
2011 3.738.716,20 € 1.237.818,23 €
Ab dem Jahr 2012 werden die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisung und die Zuweisung aus dem Landeshalt in einer Summe gezahlt.
2012 4.870.148,00 €
Zu den Einnahmen des Wartburgkreises kann für das Jahr 2012 nichts ausgesagt werden.
Betrachtet man die reinen Ausgaben für die Leistungen nach dem SGB XII für den Wartburgkreis und die Stadt Eisenach ergibt sich folgendes Bild aufgrund der Ermittlung je Einwohner:
Angaben statistischen
Landesamt für das Jahr 2010
Reine Ausgaben Einwohner reine Ausgab. je Einwohner
insgesamt
Stadt Eisenach 11.335.000 € 43.051 265,00 €
Wartburgkreis 19.668.000 € 133.451 150,00 €
Bei der Betrachtung der reinen Ausgaben der Sozialhilfe ist festzustellen, dass die Stadt Eisenach pro Einwohner höhere Sozialhilfeausgaben hat, gegenüber dem Wartburgkreis.
Dies liegt aber an der geringen Einwohnerzahl der Stadt Eisenach. Deutlich wird die auch bei der Betrachtung der Einnahmen im Bereich der Sozialhilfe.
Stadt Eisenach Einnahmen Einwohner Einnahmen je Einwohner
2.380.000 € 43.051 55,00 €
Wartburgkreis 2.480.000 € 133.451 19,00 €
Bei fast gleicher Einnahme (Unterschied beträgt 100.000 €) erzielt die Stadt Eisenach pro Einwohner 55,00 € und der Wartburgkreis nur 19,00 €.
Mit der Berechnungsgrundlage des durchschnittlichen ungedeckten Finanzbedarfs für Sozialleistungen aller Sozialhilfeträger, orientieren sich die Zuweisungen an den steigenden Kosten.