Sachverhalt:
Mit diesem Sachstandsbericht wird
die Beantwortung der Anfrage der SPD- Stadtratsfraktion AF- 0433/ 2013 vom
08.03.2013 vorgenommen. Der Sachstand zum
Bebauungsplanverfahren Nr. 44 “Solarpark Palmental” wird unter besonderer
Berücksichtigung der fachrechtlichen Thematik Hochwasserschutz/
Überschwemmungsgebiet sowie den sich hieraus ergebenden Problemfeldern
dargestellt.
Das Bebauungsplanverfahren wurde auf Veranlassung des Vorhabenträgers Kirchner Solar Group GmbH begonnen. Resultierend aus dem durch die Stadt Eisenach seit 2007 getätigten Grundstücksverkehr (Flur 21, Flurstücks- Nr. 1237/ 14), zuletzt durch Abschluss des Kaufvertrages mit der Kirchner Solar Group GmbH, erfolgten bisher:
·
der Abschluss eines städtebaulichen Vertrages [SR- Beschluss- Nr. StR/0464/2011 vom 25.11.2011] zwischen
der Stadt Eisenach und Kirchner Solar (Kostenübernahme der Planungskosten durch
Kirchner Solar für die Erstellung eines Bebauungsplanes);
· der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan [SR- Beschluss- Nr. StR/0498/2012 vom 27.01.2012] mit dem Ziel der Errichtung eines Kompetenzzentrums für erneuerbare Energien und der Errichtung eines Solarparkes. (Der Geltungsbereich bezieht auch angrenzende Flurstücke ein.)
· das Umweltscoping.
Bereits vor dem Verkauf des Grundstückes im Bereich des Zusammenflusses von Hörsel und Nesse war der Kirchner Solar Group bekannt, dass die Fläche als Hochwasser gefährdet einzustufen ist und durch das Land ein Hochwasserschutzkonzept erarbeitet wird, welches sowohl der Vorbereitung der förmlichen Festsetzung der Überschwemmungsgebiete entlang der Hörsel als auch der Vorbereitung geeigneter Hochwasserschutzmaßnahmen dient.
Nach gemeinsamer Abstimmung mit der Kirchner Solar erfolgte ab Ende 2011 die Durchführung eines vorgezogenen Umweltscopings. Die mit umweltrechtlichen Aspekten beschäftigten Behörden, Stellen und Fachämter wurden im Hinblick auf die für die Bauleitplanung relevanten Umweltbelange, insbesondere die Hochwasser- und Naturschutzproblematik, vor der Erstellung eines Bebauungsplan- Vorentwurfes beteiligt. Das vorzeitige Scoping diente der Kostenersparnis für Kirchner Solar. Die Beauftragung der Erarbeitung des Bebauungsplan- Vorentwurfes/ Entwurfes wäre der erste und kostenintensivste Schritt im B- Plan- Verfahren zu Lasten der Kirchner GmbH gewesen. Eine kostensparende Abarbeitung der Planung ist im Inhalt des städtebaulichen Vertrages geregelt .
Die folgenden Ergebnisse des Scopings wurden - nach gemeinsamer Erörterung vom 19.04.12 mit Vorhabenträger, der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) sowie denzuständigen Wasserbehörden - der Kirchner Solar Group Ende April 2012 zusammengefasst übermittelt:
1.
Das
Planungsziel des Bebauungsplanverfahrens (Errichtung eines Kompetenzzentrums
für erneuerbare Energien und eines Solarparkes) steht infrage. Grund für
die Infragestellung ist die Lage des Geltungsbereiches im faktischen
Überschwemmungsgebiet der Hörsel (z. Zt. Rückhaltefläche mit geplanter
förmlicher Ausweisung als vorläufig gesichertes Überschwemmungsgebiet) bzw. im
bereits festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Nesse und den dafür geltenden
rechtlichen Bestimmungen (Wasserhaushaltsgesetz - WHG).
2. Die Überschwemmung des Geländes tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von statistisch einmal im Laufe von 10 Jahren auf.
3.
Die
baurechtliche Zulässigkeit eines Kompetenzzentrums (Büro-, Lager-
Gewerbegebäude und damit jeglicher baulicher Anlagen) kann auf Grundlage
eines Bebauungsplans nicht begründet werden.
4.
Die
Möglichkeit der Errichtung eines Solarparks soll weiter geprüft werden, und
zwar anhand von Genehmigungsunterlagen, die Kirchner Solar exemplarisch für
einen ein Solarpark im Überschwemmungsgebiet der “Mulde” vorlegen wird.
(Unterlagen wurden erst im September 2012 durch Kirchner
Solar an Untere Wasserbehörde (UWB), Obere Wasserbehörde (OWB), Thüringische
Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) zur Kenntnisnahme/ Stellungnahme
übergeben.)
5.
Für
die Erstellung des Grünordnungsplanes zum Bebauungsplan ist die Beauftragung
von 2 Gutachten erforderlich (Avifauna/ Fledermäuse).
6.
Im
Umweltbericht sind die Auswirkungen der beabsichtigten Nutzung auf das Ortsbild
und die umgebenden Nutzungen darzustellen.
7.
Es
ist kein Abwasseranschluss in der Straße vorhanden (Anbindung erst 2015
geplant).
8.
Im
Geltungsbereich befinden sich Gas- und Elektroleitungen von örtlicher
Bedeutung.
9.
Beim
Rückbau des Schornsteins ist der Leitungsbestand vor Erschütterungen zu
schützen.
10. Bei Baugrunduntersuchungen ist eine
Bodenanalytik durchzuführen (Altlastenvermutung)
Wie oben unter Nr. 4 dargestellt, wurde in der Beratung am 19.04.2012 durch die OWB dem Vorschlag der Kirchner Solar gefolgt, die sogenannten “Mulde- Unterlagen” zu prüfen. Die Prüfung durch UWB, OWB und TLUG sollte sich auf das gewählte Genehmigungs-/ Antragsverfahren und somit die Erlangung der Genehmigung für die Errichtung des Solarparkes im Überschwemmungsgebiet der Mulde beziehen. Eine wasserrechtliche Genehmigung der dortigen Behörden legte die Kirchner Solar aber nicht vor. Aus den Unterlagen war ersichtlich, dass der Solarpark an der Mulde bereits errichtet worden war, bevor ein Genehmigungsverfahren geführt wurde. Das Prüfergebnis stellt sich folgendermaßen dar, alle Stellungnahmen liegen Kirchner Solar vollumfänglich vor:
1. Die Untere Wasserbehörde (UWB, Stellungnahme vom 12.11.2012) und die TLUG (Stellungnahme vom 05.12.2012) stimmen der Errichtung eines Solarparkes am Standort Palmental mit Verweis auf das geltende Wasserrecht (und entsprechend der bereits abgegebenen Stellungnahmen im Scoping) nicht zu.
2. Die Obere Wasserbehörde (OWB, Stellungnahme vom 24.10.2012) erklärt, dass sie keine Entscheidung zum Standort Palmental anhand der Unterlagen vornehme. Die Entscheidung solle durch UWB/ TLUG getroffen werden. Lediglich die gewählte Prüfmethodik/ Berechnungsgrundlage werde als geeignet angesehen und sei im Land Thüringen akzeptabel. Aber: Voraussetzung für die Erstellung eines prüffähigen Gutachtens für den Standort Palmental Eisenach ist das Vorliegen von positiven Stellungnahmen der UWB und TLUG. Diese sind jedoch nicht erteilt worden.
Eine Prüfung gemäß § 78 Absatz 3 WHG (Besondere Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete/ Abs. 3 à Ausnahmen für einzelne bauliche Anlagen außerhalb von B- Plangebieten) kann erst nach durch Rechtsverordnung erfolgter Ausweisung eines Überschwemmungsgebietes für die Hörsel Anwendung finden.
Die Ausweisung eines vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebietes sollte bereits 2012 erfolgen. Dies erfolgte so nicht. Der Zeitpunkt der Ausweisung durch das Land (Thüringer Landesverwaltungsamt/ OWB) ist (nach Stand: 11.04.2013) nunmehr für Ende April 2013 vorgesehen.
Der
Geltungsbereich des Bebauungsplanes ist nach den vorliegenden Stellungnahmen
der Wasserbehörden (OWB und UWB) sowie der TLUG zum Zeitpunkt der
Planaufstellung und bis zum Zeitpunkt der förmlichen Festsetzung des
Überschwemmungsgebietes als Retentionsfläche (Rückhaltefläche gem. § 77 WHG)
der Hörsel anzusehen. Für Retentionsflächen gemäß § 77 WHG gilt:
1. der Erhalt ihrer Funktion als Rückhalteflächen,
2. keine Inanspruchnahme, nur mit folgender Ausnahme:
3. Soweit überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem Erhalt der Rückhalteflächen entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen.
Übereinstimmend (Stadtverwaltung, Kirchner Solar Group GmbH,
UWB, OWB, TLUG) wurde festgestellt, dass keine Gründe des Wohls der
Allgemeinheit vorliegen. Damit ist eine bauliche Inanspruchnahme nach § 77 WHG
ausgeschlossen und der Erhalt der Retentionsfläche verpflichtend.
Eine durch Rechtsverordnung erfolgte Ausweisung eines Überschwemmungsgebietes für die Hörsel im Stadtgebiet Eisenachs würde nach geplanter Bekanntmachung (vorläufige Sicherung Ende April 2013) mit weitreichenden Folgen für die Bauleitplanung verbunden sein: Generell ist eine bauliche Inanspruchnahme von Überschwemmungsgebietsflächen bis auf wenige Ausnahmetatbestände ausgeschlossen. Maßgeblich ist § 78 WHG:
In festgesetzten Überschwemmungsgebiete dürfen keine Bebauungspläne
aufgestellt werden (keine Ausweisung neuer Baugebiete mit Ausnahme von Häfen,
Werften u. ä.). Die Ausweisung neuer Baugebiete
wäre ausnahmsweise dann möglich, wenn keine anderen Möglichkeiten der
Siedlungsentwicklung bestehen würden. Durch die Aufstellung von Solaranlagen
wird aber keine Siedlungsentwicklung bewirkt. Das Aufstellen einer technischen
Anlage durch Inanspruchnahme von unverbautem Außenbereich stellt insoweit
keinen Ausnahmetatbestand dar.
Anlagenverzeichnis
keine Anlagen