Betreff
Eisenacher Versorgungs-Betriebe GmbH (EVB), hier: Übernahme einer Beteiligung an der Windkraft Thüringen GmbH (WKT)
Vorlage
1194-StR/2013
Aktenzeichen
20.1/810701
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Der Vertreter der Stadt Eisenach in der Gesellschafterversammlung der Eisenacher Versorgungs-Betriebe GmbH (EVB) wird angewiesen, der Beteiligung der EVB an der Windkraft Thüringen GmbH (WKT) zuzustimmen.

 


Begründung:

 

Ausgangslage Bundesrepublik Deutschland und Freistaat Thüringen

Deutschland steht in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Um wirksamen Klimaschutz zu ermöglichen, müssen die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 - 95 % reduziert werden. Bis 2020 soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch 18 % sowie der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch 35 % betragen. Im Energiekonzept der Bundesregierung (Energiekonzept vom 28.09.2010) werden die bundesweiten Ziele formuliert. Das Land Thüringen hat sich noch ambitioniertere Ziele gesetzt. Bis 2025 soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Nettostromverbrauch 45 % und am Endenergieverbrauch 30 % betragen.

 

Auch mit Blick auf Ressourcenschonung und Versorgungssicherheit sind die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger sowie der Energieverbrauch stark zu reduzieren. Die Energieversorgung ist überwiegend auf Basis erneuerbarer Energien abzusichern.

 

Der Weg in das regenerative Zeitalter ist mit einer Transformation des gesamten Energiesystems, der Energiewende, verbunden. Städten und Gemeinden kommt aufgrund der kommunalen Handlungsmöglichkeiten eine Schlüsselfunktion in der Energiepolitik und im Klimaschutz zu, die somit nicht nur Themen der Europäischen Union und des Bundes sind.

 

Ausgangslage Stadt Eisenach und Eisenacher Versorgungs-Betriebe GmbH (EVB)

Durch die geplante Maßnahme, die Beteiligung der EVB an einer Gesellschaft zur Gewinnung erneuerbarer Energien aus Windkraft außerhalb des Stadtgebietes, leistet die Stadt Eisenach einen Beitrag zur Erfüllung der Klimaschutzziele der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Thüringen, insbesondere zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien und Minimierung der CO2-Emissionen. Darüber hinaus stellt das Vorhaben eine wichtige Maßnahme im Rahmen des Klimaschutzes zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf der Basis der Stadt-Umland- Beziehung dar und trägt darüber hinaus zur Sicherung der Energieversorgung und maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung im Rahmen der Energieerzeugung bei.

 

Der Betrieb von Windenergieanlagen ist ein lukratives Geschäftsfeld mit auskömmlichen Renditen. Die Nachfrage nach Projekten ist entsprechend hoch und somit besteht für interessierte Erwerber ein gewisser Handlungs- und Zeitdruck. Dieser betrifft im Wesentlichen die Bereiche: Angebotsprüfung, Finanzierung und Einholung von Genehmigungen.

 

Der Betrieb von Windkraftanlagen erfolgt mittlerweile mit ausgereifter Technologie, Risiken in den Ertragskalkulationen ergeben sich vornehmlich aus den getroffenen Windprognosen, welche zwischenzeitlich über entsprechende Abschläge in den Kalkulationen berücksichtigt werden.

 

Entsprechend der beschlossenen Raumordnungspläne dürfen in Thüringen nur in ausgewiesenen Windvorranggebieten Winderzeugungsanlagen errichtet werden. Um die Ziele der Thüringer Landesregierung zur Erreichung eines 45%igen Anteils an Erneuerbaren Energien am Nettostromverbrauch im Jahr 2025 zu erreichen, ist die Errichtung weiterer Windparks und der Ausweis von neuen Windvorranggebieten notwendig.

 

Beschreibung der Windkraft Thüringen GmbH (WKT)

Die WKT ist ein Zusammenschluss von Thüringer Stadtwerken und der E.ON Thüringer Energie AG mit dem Ziel, Windkraftanlagen in Thüringen zu errichten und zu betreiben. Aktuell sind die Energieversorgung Nordhausen GmbH, die Energieversorgung Rudolstadt GmbH, die Licht- und Kraftwerke Sonneberg GmbH, die Stadtwerke Ilmenau GmbH, die Stadtwerke Saalfeld GmbH und die Stadtwerke Sondershausen GmbH neben der E.ON Thüringer Energie AG beteiligt. Die Gesellschaft wurde im September 2012 gegründet. Alle Gesellschafter sind mit der gleichen Anteilshöhe beigetreten und haben gleiche Rechte und Pflichten.

 

Die Gesellschaft beschränkt ihre Betätigung auf die Erzeugung von Windkraft in Thüringen und auf die Beteiligung Thüringer Unternehmen. Die Gesellschaft grenzt sich somit von anderen Kooperationen ab. Sie verfolgt das Ziel, die Energiewende vor Ort und unter Nutzung lokaler Wertschöpfung umzusetzen. Die Gesellschaft bündelt durch ihr Engagement die für eine Umsetzung und Finanzierung notwendigen finanziellen Mittel. Die WKT hat sich das Ziel gesetzt, einen signifikanten Beitrag Thüringer Stadtwerke und Energieversorgungsunternehmen bei der Umsetzung der Energiewende im Freistaat Thüringen zu leisten.

 

Weitere Ziele sind:

-          Knowhow Transfer von Projektentwicklern in den Gesellschafterkreis

-          Hebung von Synergien im Bereich von Windenergieanlagen-Projekten

-          Risikostreuung

-          Entwicklung neuer Windvorranggebiete gemeinsam mit den kommunalen Anteilseignern und ggf. weiteren Dritten

-          Erwerb eines ersten Windenergieanlagenprojektes in 2013

 

Der Beschlussvorlage wurden nachfolgende Verträge beigefügt. Die wesentlichen Inhalte der Verträge sind:

 

a) Gesellschaftsvertrag

 

- Gesellschafter wie oben genannt

- Rechtsform: GmbH, Haftungskapital 49 T€

- Sitz: Ilmenau (bei Stadtwerken Ilmenau GmbH)

- Firma: Windkraft Thüringen GmbH (WKT)

 

- Inhalte:

-          7 T€/Gesellschafter (Startgeld)

-          offen für weitere Thüringer Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke

-          Organe

-          Geschäftsführung

-          Gesellschafterversammlung

-          Beschlussfassung in der Regel mit 2/3 der abgegebenen Stimmen

-          Wirtschaftsjahr: Kalenderjahr

-          Vorerwerbsrecht

-          Einziehung von Geschäftsanteilen und Abtretungsverpflichtung

-          Vergütungsregelungen bei Ausübung des Vorerwerbsrechtes, Einziehung und Abtretungsverpflichtung (Bewertung u.a.)

-          Austrittsrechte

 

b) Konsortialvertrag

 

- Kooperation auf Augenhöhe

 

§ 1 Gegenstand des Konsortialvertrages

 

In diesem Konsortialvertrag sind insbesondere geregelt:

1. die wesentlichen, gemeinsamen unternehmerischen Grundprinzipien und Ziele der Partner in Bezug auf die Gesellschaft und die Realisierung von Windenergieprojekten,

 

2. die Grundzüge der Finanzierung der Windenergieprojekte,

 

3. weitere Festlegungen, die den zwischen den Partnern geschlossenen Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft ergänzen und konkretisieren.

 

§ 2 Funktion der Gesellschaft

 

Im Rahmen der Realisierung der Windenergieprojekte erfüllt die Gesellschaft insbesondere folgende Aufgaben:

 

1. Bündelung der finanziellen Kräfte der Partner und Nutzung als Finanzierungsplattform für die einzelnen Windenergieprojekte,

 

2. Aufteilung von Chancen und Risiken aus den Windenergieprojekten,

 

3. Bündelung von Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen,

 

4. Beteiligungsverwaltung der Beteiligungen an den einzelnen Windenergieprojekten

(Holdingfunktion),

 

5. Vertragsmanagement der Verträge, die zum Erwerb bzw. zur Errichtung und dem

Betrieb von Windenergieprojekten abgeschlossen werden,

 

6. Festlegung der Leitlinien für die weitere gemeinsame Entwicklung von Windenergieprojekten, beispielsweise mögliche Standorte, bevorzugte Anlagen, bevorzugte Anlagenlieferanten, Markteinschätzung usw.

Wirtschaftlichkeit von Projekten/ gemeinsamer Bewertungsstandard

Finanzierung

 

§ 7 (Abs. 2) Finanzierung

Als Anschubfinanzierung für das erste Windenergieprojekt der Gesellschaft verpflichten sich die Partner, 500.000,00 € je Partner innerhalb der nächsten 12 Monate ab Abschluss dieses Konsortialvertrages in das Eigenkapital der Gesellschaft zu leisten.

 

§ 7 (Abs. 3) Finanzierung

Die Partner verpflichten sich, sich unmittelbar nach der Unterzeichnung dieses Konsortialvertrages rechtzeitig um eine entsprechende Freigabe der vorbezeichneten Finanzmittel in den hierfür zuständigen Gremien, insbesondere in den zuständigen Gremien der an den Partnern beteiligten Gebietskörperschaften, zu bemühen, soweit dies erforderlich ist.

 

Chancen für die EVB

- Für Stadtwerke bietet der Betrieb oder die Beteiligung an einem Windpark gute Renditechancen. Die Erwartungshaltungen in der Rendite liegen bei 8,5 % nach Gewerbesteuern. Für ein einzelnes Stadtwerk/ Energieversorgungsunternehmen ist auf Grund der Investitionshöhe eine Beteiligung mit Mitspracherecht kaum realisierbar.

-          Imagegewinn durch direkte Investition in erneuerbare Energien in Thüringen.

-          Risikostreuung durch kompetente Mitgesellschafter.

 

Weiterer Ablauf

Die EVB hat die für den Beitritt notwendigen Kosten in Höhe von insgesamt 510 T€ in den neu zu genehmigenden Plan 2013 aufgenommen. Die Kosten beinhalten:

-          7 T€ für den Anteilserwerb,

-          3 T€ als Agio für Kosten die den Gründungsgesellschaftern in Bezug auf die Gründungkosten entstanden sind,

-          50 T€ als Zahlung in die Kapitalrücklage, zur Abdeckung von Kosten für die Vorprüfung von Windkraftprojekten durch externe Gutachten,

-          500 T€ als Zahlung in die Kapitalrücklage zur Finanzierung eines ersten Windparks, wobei die zuvor genannten 50 T€ hierauf angerechnet werden. Der Abruf erfolgt erst, wenn durch die Gesellschafterversammlung der WKT ein konkreter Beschluss zum Erwerb eines ersten Projektes gefasst wurde.

 

Die Beteiligung an einem konkreten Projekt würde im Aufsichtsrat der EVB vor Ausreichung der 450 T€ nochmals vorgestellt und zur Genehmigung gestellt werden. Die WKT plant bei Projekten nicht als direkter Investor aufzutreten, sondern sich z. B. als Komplementärin aufzustellen und den Errichter/Betreiber mit an der Gesellschaft zu beteiligen. Hierdurch soll ein gewisser Erfolgsdruck an den Betreiber und Errichter weitergereicht werden.

 

Der Beitritt zur WKT sollte möglichst in diesem Jahr erfolgen. Bei einem späteren Beitritt ist eine Unternehmensbewertung notwendig und die Beitrittskosten werden hierdurch höher.

 

Die Beteiligung an der WKT bedarf nach § 73 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 2 ThürKO der rechtsaufsichtlichen Genehmigung.

 

Die WKT möchte die Beitritte weiterer Thüringer Stadtwerke und Energieversorger bündeln und stellt deshalb als Termin für einen Beitritt zum 01.10.2013 die Bedingung, dass die kommunalrechtliche Genehmigung bis zum 15.09.2013 vorliegen sollte.

 


Anlagenverzeichnis:

 

-          Gesellschaftsvertrag i.d.F. vom 5.7.2012

-          Konsortialvertrag