Betreff
Trink- und AbwasserVerband Eisenach-Erbstromtal (TAVEE),
hier: Abschluss einer Vereinbarung über die einmalige Ablösung der Straßenentwässerungsinvestitionskostenschuldendienstumlage (SEIKSDU)
Vorlage
0145-StR/2014
Aktenzeichen
20.1 / 81 22 10
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

1.      Die Oberbürgermeisterin wird ermächtigt, mit dem Trink- und AbwasserVerband Eisenach-Erbstromtal (TAVEE) die als Anlage 1 beigefügte Vereinbarung zur einmaligen Ablösung der Straßenentwässerungsinvestitionskostenschuldendienstumlage (SEIKSDU) abzuschließen.

2.      Die Oberbürgermeisterin wird ermächtigt, zur Zwischenfinanzierung eine Umschuldung in Höhe von bis zu 6.360.700 EUR vorzunehmen.


II. Begründung:

 

Der Trink- und AbwasserVerband Eisenach-Erbstromtal (TAVEE) wurde am 01.01.2003 gegründet und übernahm ab diesem Zeitpunkt die Aufgaben der überörtlichen Wasserver- und Abwasserentsorgung für die Stadt Eisenach. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Trinkwasserversorgung durch den Trinkwasserzweckverband Eisenach-Erbstromtal (TZE) und die Abwasserentsorgung durch den Abwasserzweckverband Eisenach-Erbstromtal (AVE) wahrgenommen. Mit dem 01.01.2005 ging auch die Aufgabe der innerörtlichen Ver- und Entsorgung auf den TAVEE über. Mit Umwandlung in den Vollverband übertrugen die Mitgliedsgemeinden in Übertragungsverträgen ihre abwasserwirtschaftlichen Vermögensgegenstände (Immobilien, Gebäude, Nutzungsrechte, Leitzungsnetze, bewegliches Vermögen, etc.).

 

Mit Inkrafttreten des Thüringer Straßengesetzes am 14.05.1993 besteht gemäß § 23 Abs. 5 Satz 1 für den Träger der Straßenbaulast die Verpflichtung, sich an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung der Straßenentwässerungsanlagen in dem Umfang zu beteiligen, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde, wenn die Straßenentwässerung über eine nicht straßeneigene, von einem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage erfolgt. Die Stadt Eisenach ist Träger dieser Baulast.

 

Zur Zeit der Aufgabenwahrnehmung durch den AVE wurde mit den Mitgliedsgemeinden eine “besondere” Ausgestaltung der Kostenbeteiligung vereinbart. Der AVE hat die Kostenanteile der jeweiligen Mitgliedsgemeinden vorfinanziert. Diese Gemeinden – darunter auch die Stadt Eisenach – zahlen eine Umlage für den Kostenanteil, den die Straßenbaulastträger (die Gemeinden) für den Anteil der für ihn mit errichteten Investitionen der Straßenoberflächenentwässerung an den Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung (TAVEE) zu leisten hat – die sogenannte Straßenentwässerungsinvestitionskostenschuldendienstumlage (SEIKSDU). Dieser Anteil wurde seinerzeit durch die dem Verband angehörenden Mitgliedskommunen als Straßenbaulastträger nicht an den Aufgabenträger erstattet. Zur Refinanzierung des Investitionsaufwandes für die Straßenoberflächenentwässerung wurde vereinbart, dass die Mitgliedskommunen ihren zu finanzierenden Anteil durch Leistung einer jährlichen annuitätischen Zahlung über einen Zeitraum von 30 Jahren an den Verband leisten.

 

Der Verband wies daher eine Refinanzierungslücke auf, die er durch die Aufnahme von Darlehen schließen musste. Auf diesen Darlehensbestand zahlt der TAVEE seit der Ausführung der abwassertechnischen Investitionen (2003) Zinsen und Tilgung. Beides zusammen stellt den Schuldendienst dar, welcher den betroffenen Mitgliedsgemeinden (Eisenach, Seebach, Wutha-Farnroda und Ruhla) in Rechnung gestellt wird. Dabei wurde der ursprüngliche Durchschnittszinssatz des TAVEE in Höhe von 4,77 % zugrunde gelegt.

 

Bereits im Genehmigungsschreiben zur Haushaltssatzung 2012 des TAVEE vom 04.06.2012 hat das Thüringer Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde des Verbandes die Art und Weise der Erhebung durch den Verband in Frage gestellt und unter anderem darauf hingewiesen, “dass es nicht nachvollziehbar ist, dass von den bisherigen tatsächlich angefallenen Investitionskosten zur Ermittlung der Umlage die prozentualen Kostenanteile, welche im Rahmen der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes als Abzugskapital Anwendung finden, herangezogen werden, obwohl sich nach den Bestimmungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG die Straßenbaulastträger in dem Umfang an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung dieser Anlage beteiligen, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde.” Im Rahmen der rechtsaufsichtlichen Würdigung zum Haushaltsplan 2014 des TAVEE wurde der Verband darüber hinaus – aufgrund seiner ungünstigen Liquiditätslage – dazu aufgefordert, bestehende Forderungen einzuholen. Dazu zählt insbesondere auch die SEIKSDU.

 

Auch von Seiten der betroffenen Mitgliedskommunen, insbesondere Wutha-Farnroda wurden in der Vergangenheit Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser Abrechnungsmethode geäußert, was sich unter anderem auch in mehreren Widersprüchen gegen die Umlage widerspiegelte. Durch die einmalige Ablösung der SEIKSDU soll nunmehr die Angelegenheit abschließend geklärt werden. Sowohl für die Stadt Eisenach als auch für den TAVEE ergeben sich durch den Abschluss der Vereinbarung maßgebliche Synergieeffekte.

 

Der Verband hat neben Eisenach auch mit den weiteren betroffenen Verbandsmitgliedern Verhandlungen zur Ablösung der SEIKSDU aufgenommen. Es wurden diesbezüglich bereits Gespräche geführt, eine endgültige Entscheidung der betroffenen Kommunen (Wutha-Farnroda, Seebach, Ruhla) steht allerdings noch aus.

 

Für die Stadt Eisenach ist die Ablösung der SEIKSDU von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung. Bisher wurde durch den TAVEE ein Zinssatz von 4,77 % (s. o.) zugrunde gelegt. Aufgrund des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus ergibt sich bei der Aufnahme eines Kredites in der Höhe des Ablösungsbetrages eine deutliche Reduzierung des Zinssatzes auf 1,5 bis 2,0 %. Eine indikative Zinsabfrage vom 14.11.2014 ergab einen Zinssatz von 1,548 % bei einer Kreditaufnahme zum 01.01.2015 (20jährige Laufzeit und Zinsbindung), der in nachstehender Betrachtung zugrunde gelegt wurde. Damit können über den Konsolidierungszeitraum bis 2022 folgende Einsparungen für den Haushalt generiert werden (Angaben in TEUR):

 

 

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

Tilgung alt

322,2

337,9

354,4

371,6

389,8

408,8

428,7

449,6

Tilgung neu

318,0

318,0

318,0

318,0

318,0

318,0

318,0

318,0

Differenz

- 4,2

- 19,9

- 36,4

- 53,6

- 71,8

- 90,8

- 110,7

- 131,6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zinsen alt

427,6

411,9

395,4

378,1

360,0

341,0

321,1

300,2

Zinsen neu

96,2

91,3

86,4

81,4

76,5

71,6

66,7

61,7

Differenz

- 324,2

- 313,8

- 302,6

- 290,6

- 277,8

- 264,1

- 249,5

- 233,9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

SEIKSDU alt

749,8

749,8

749,8

749,8

749,8

749,8

749,8

749,8

SEIKSDU neu

414,2

409,3

404,4

399,4

394,5

389,6

384,7

379,7

Entlastung

- 335,6

- 340,5

- 345,4

- 350,4

- 355,3

- 360,2

- 365,1

- 370,1

 

Über die gesamte Laufzeit des Darlehens (01.01.2015 – 31.12.2034) ergäben sich nach derzeitigem Stand Zinseinsparungen in Höhe von insgesamt rd. 4,4 Mio. EUR. Daher wurde die Maßnahme bereits im Rahmen des ursprünglichen Haushaltssicherungskonzeptes aus 2012 mit aufgenommen. Wenn diese nicht umgesetzt wird, können die Konsolidierungsziele nicht in voller Höhe erreicht werden.

 

Dass die Maßnahme bislang noch nicht realisiert werden konnte, lag zum Einen daran, dass die Höhe des zu zahlenden Ablösebetrages noch einmal durch die Beteiligten geprüft werden musste. Diesbezüglich konnte inzwischen eine Einigung auf eine Höhe von rd. 6,36 Mio. EUR erzielt werden, wobei der Tilgungsanteil für 2014 bereits abgezogen wurde (vgl. auch Anlage 2).

 

Zum Anderen ergibt sich eine grundlegende haushaltsrechtliche Problematik. Zur Umsetzung der Maßnahme ist es notwendig, dass die Stadt Eisenach ein Darlehen i. H. v. 6,36 Mio. EUR bei einem Kreditinstitut aufnimmt. Eine anderweitige Finanzierung ist aufgrund der bestehenden Haushaltslage ausgeschlossen. Aufgrund der oben genannten Einspareffekte ist die Maßnahme jedoch wirtschaftlich zweckmäßig, weshalb die Voraussetzungen des § 54 Abs. 3 ThürKO erfüllt sein dürften. Die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit wird auch durch die Rechtsaufsichtsbehörde bestätigt. Allerdings kann die rechtsaufsichtliche Genehmigung einer weiteren Kreditaufnahme durch die Stadt Eisenach aufgrund der fehlenden dauernden Leistungsfähigkeit nicht in Aussicht gestellt werden.

 

Aus diesem Grund wurde der Ablösebetrag nunmehr einnahme- und ausgabeseitig als Umschuldung in den Haushaltsplan 2014 eingestellt. Diese Verfahrensweise wurde mehrfach mit der Rechtsaufsichtsbehörde abgestimmt und wird nach (mündlicher) Aussage im Rahmen der Würdigung der Haushaltssatzung “geduldet”, sofern ein entsprechender gesonderter Stadtratsbeschluss über die Ablösevereinbarung gefasst wird. Die Umsetzung der Maßnahme bietet erhebliches Einsparungspotential (s. o.). Darüber hinaus ergibt sich durch die Kreditaufnahme und den daraus resultierenden Schuldendienst keine neue Zahlungsverpflichtung für die Stadt – vielmehr ergibt sich im Finanzplanungszeitraum bis 2022 sogar eine Reduzierung der jährlichen Ausgaben um durchschnittlich rd. 352 TEUR. Auswirkungen würden sich lediglich auf den Gesamtschuldenstand und den Schuldenstand pro Einwohner ergeben – diese würden sich entsprechend erhöhen. Hierbei handelt es sich jedoch um statistische Größen – auch die Restschuld aus der SEIKSDU muss prinzipiell als Verschuldung der Stadt angesehen werden, wenngleich diese haushaltsrechtlich bisher nicht als Kredit i. S. v. § 63 ThürKO geführt wird.

 

Aufgrund der genannten Merkmale kann für die Ablösung der SEIKSDU grundsätzlich der Charakter einer Umschuldung i. S. d. § 87 Nr. 32 ThürGemHV gelten. Diese wird dort als “Ablösung von Krediten durch andere Kredite” definiert. Legt man den Kommentar von Boorberg zum § 63 ThürKO zugrunde (vgl. Kommentar Boorberg zur ThürKO / 2.2003, S. 9), ist eine Umschuldung insbesondere dann mit den kommunalen Haushaltsgrundsätzen vereinbar, wenn günstigere Konditionen erreicht werden und die Gesamtkosten der Kreditaufnahme sich voraussichtlich verringern. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zweifelsohne erfüllt, da sich der durch die Stadt zu leistende jährliche “Schuldendienst” deutlich verringern würde. Umschuldungen werden nicht von der Kreditermächtigung der Haushaltssatzung erfasst und bedürfen daher nicht der rechtsaufsichtlichen Genehmigung.

 

Auch für den Zweckverband ergeben sich durch die Ablösung der SEIKSDU maßgebliche Synergieffekte. Die zusätzliche Liquidität, die durch den Ablösebetrag generiert wird, kann durch den Verband nachhaltig eingesetzt werden – sei es zur Finanzierung dringend notwendiger Investitionen oder zur (Sonder-)Tilgung von Darlehen, die sich wiederum positiv auf den zu leistenden Schuldendienst der Folgejahre auswirken würde.

 

Daher wird der Abschluss der nachstehenden Vereinbarung für die Stadt Eisenach grundsätzlich empfohlen. Es ergeben sich dadurch nachweislich erhebliche Einspar- und Synergieeffekte für beide Vertragsparteien. Die zugrunde liegende Berechnung wurde durch die entsprechenden Fachbereiche der Verwaltung geprüft und inzwischen mit dem TAVEE endgültig abgestimmt.


Anlagenverzeichnis:

 

-          Anlage 1 – Entwurf der Ablösevereinbarung zwischen der Stadt Eisenach und dem TAVEE

-          Anlage 2 – Übersicht über die Ermittlung der Projektkosten und des Ablösebetrages

-          Anlage 3 – Aktueller Zahlplan zur SEIKSDU