Betreff
Rechenschaftsbericht der Beauftragten für Menschen mit Behinderung
Vorlage
0580-BR/2016
Art
Berichtsvorlage

Sachverhalt:

 

Das Jahr 2015 war von einigen Turbulenzen bestimmt. Auf Grund von Neuwahlen kam es zu einem längeren Ausfall der Sprechstunden, ebenso kam es zu Verzögerungen durch den Umzug in das Nachbarschaftszentrum in der Goethestraße.

 

Im Berichtszeitraum suchten ca. 200 Bürger Beratung und Information, 20 Bürger wünschten sich einen Hausbesuch, vielen Bürgern reicht auch eine Telefonauskunft.

 

Beratung und Information stehen in meiner Tätigkeit an erster Stelle, Ratsuchende werden an zuständige Stellen verwiesen, um dort zu helfen. Hier ist die gute Zusammenarbeit mit den Ämtern der Stadt zu erwähnen.

Insbesondere geht es um Informationen und Hilfen rund um das Schwerbehindertenrecht.

Ein wesentlicher Beratungsschwerpunkt betraf Menschen mit psychischen Erkrankungen und die daraus resultierende Angst vor dem Arbeitsplatzverlust nach langer Krankheit.

Das Thema Ausbildungschancen für Menschen mit Beeinträchtigungen und die zu erfüllenden Voraussetzungen war ein interessantes Feld der Bearbeitung.

Vielen Betrieben ist es noch gar nicht klar, welche Fördermöglichkeiten es bei der Einstellung Schwerbehinderter gibt.

Das Integrationsamt hat hierzu zahlreiche Informationen und ist zur Gestaltung behindertengerechter Arbeitsplätze sehr aufgeschlossen, auch was die Finanzierung und Ausstattung betrifft, ebenso bei der Übernahme von Personalkosten.

 

Viel Hilfe wurde bei der Widerspruchsbearbeitung bezüglich der Ablehnung von Reha- oder Rentenanträgen in Anspruch genommen.

Oftmals handelt es sich um schwerkranke Menschen, die einen langen bürokratischen Weg gehen müssen, um an ihr Ziel zu kommen.

 

Viele Bürger sind noch zu wenig informiert, wenn es um Antragsverfahren rund um die Schwerbehinderung oder das Betreuungsrecht geht, hier fehlt es auch oft an dem nötigen Selbstbewusstsein, sich gute umfassende Beratung einzufordern.

 

Die ins Leben gerufenen Servicestellen, in Eisenach die Barmer, die laut § 23 SGB IX, eine ortsnahe Beratung und Unterstützung behinderter Menschen zusichern, sind zu wenig bekannt, dabei aber von großer Bedeutung als erst angefragte Stelle.

 

Es geht hier insbesondere um breite Fachkenntnis, um Fragen zur Rehabilitation qualifiziert zu beantworten.

 

Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit ist das Anhörungsrecht zu Neubaumaßnahmen bzw. baulichen Veränderungen im öffentlichen Bereich. Genannt sei hier der zentrale Omnibusbahnhof, die Stellungnahme zum touristischen Mobilitätskonzept, die Vorstellung eines barrierefreien Rundwanderweges vor den Selbsthilfegruppen.

 

Weitere Baumaßnahmen sind der Umbau bzw. Ausbau eines weiteren Gründer- und Innovationszentrums in der Thälmannstraße, die Neugestaltung der kleinen Hörselbrücke in der Karolinenstraße und die Einbeziehung in die Pläne zum Hochwasserschutzprojekt im Stadtgebiet Eisenach. Hierzu wurden die Vereine im Februar 2016 umfassend informiert. Der letzte noch nicht ausgebaute Bereich der Wartburgallee (Grimmelsgasse/Waisenstraße) bedarf ebenfalls der Stellungnahme.

 

Viermal jährlich treffen sich die kommunalen Behindertenbeauftragten in Erfurt mit dem Landesbehindertenbeauftragten um über regionale Themen zu besprechen.

Insbesondere ging es um folgende Themen:

-       Thüringer Verordnung über die Voraussetzungen der Anerkennung als Kur- und Erholungsort

-       Leitfaden zur Gestaltung barrierefreier Toiletten im öffentlichen Raum

-       Umsetzung der apothekenrechtlichen Vorschriften zur Barrierefreiheit in Apotheken in Thüringen

-       Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 3SGB IX

-       Informationen der Thüringer Tourismus GmbH

-       Barrierefreiheit in Arztpraxen

-       Zugänglicher Tourismus in Deutschland usw.

-       Gestaltung von Bankautomaten für Blinde und Sehbehinderte, sowie Rollstuhlfahrer

 

Auch arbeite ich als gewähltes Mitglied in meiner Eigenschaft als Behindertenbeauftragte im Psychatriebeirat mit, dort ist ein gesamtpsychatrischer Verbund in Planung.

 

Als Ehrenamtsbeiratsvorsitzende entscheidet unser Beirat jährlich, welche ehrenamtlichen Bürger, Vereine und Institutionen oder Projekte ausgezeichnet werden. Ebenso der engagierteste Unternehmer, den Vereine uns benennen .

 

Die Initiative „Gib niemals auf“ fand 2015 krankheitsbedingt durch mehrere Organisatoren nicht statt, ist aber eine fest installierte Größe in der Stadt geworden und eine äußerst sinnvolle Sache, wenn es um das Zurückkämpfen ins Leben geht. Viele Betriebe und Persönlichkeiten beteiligen sich an der Initiative, so dass die Bevölkerung Behinderung inzwischen sensibler wahrnimmt. Derzeit ist ein Tag der Selbsthilfegruppen am 17.09.2016 im Nachbarschaftszentrum in der Goethestraße in Planung.

 

Im vergangenen Jahr fand wider ein Adventstreffen mit der Oberbürgermeisterin und dem Dezernenten für Soziales und Kultur statt, wo alle Selbsthilfegruppen das Jahr noch einmal Revue passieren lassen und Vorausschau auf das Kommende halten, so dass bei Stollen und Kaffee ein besinnlicher Jahresausklang stattfand.

 

Diese Treffen sind für die Vereine sehr wichtig, können sie von ihrer Arbeit und Problemen berichten. Als Behindertenbeauftragte treffe ich mich mit den Selbsthilfegruppen häufiger, um sie auch über die Neuigkeiten auf Landesebene

Zu informieren bzw. um den Austausch zwischen den Vereinen zu fördern und Veranstaltungen zu vernetzen.

 

Mein Dank gilt den städtischen Behörden und Ämtern, die immer ein offenes Ohr für mich haben und bemüht sind, Fragen und Probleme der Bürger unbürokratisch zu klären, obwohl die räumliche Trennung sehr hinderlich ist. Verbesserungswürdig ist die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Bereichen des Bauamtes, noch ist nicht bei allen klar, dass alle öffentlichen Baumaßnahmen der Mitwirkung der Behindertenbeauftragten bedürfen. Oft muss ich mich noch selber in Erinnerung bringen, wenn ich durch die Presse von Baumaßnahmen erfahre. Positiv zu erwähnen sind die gemeinsamen Absprachen zum ZOB, hier insbesondere mit dem Blindenverband, um dem sehbehinderten Menschen barrierefreie Informationen zukommen zu lassen.

Die Ausstattung des Ankerortes Lutherweg im Eisenacher Tourismusbüro war ein weiteres wichtiges Thema unter Einbeziehung der Behindertenbeauftragten, denn nicht alles war vom barrierefreien Gedanken geplant.

 

Ein großes Ziel ist weiterhin die Umsetzung des Inklusionsgedankens im Gemeinwesen. Es geht um ein barrierefreies Lebensumfeld, das allen Menschen mit und ohne Behinderungen selbstbestimmt nutzen und mitgestalten kann. Zur Schaffung inklusiver Sozialräume braucht es gemeinsame Strategien aller Akteure vor Ort. Das Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen (befindet sich nach 11 Jahren in der Überarbeitung) verfolgt das Ziel, den öffentlichen Raum barrierefrei zu gestalten und schließt dabei insbesondere Unternehmen und Dienstleistungen aller Art ein.

Als Stadt müssen wir daran arbeiten, die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der öffentlichen Infrastruktur zu verbessern, ebenso die Ausrichtung der Hilfesysteme und nicht zuletzt die Einstellung der Mitmenschen zu diesem Thema.

 

Die Erfassung des Ist–Zustandes sowie Strukturmängel und die Strukturdatenerfassung sind ein erster Schritt, um festzustellen wo wir als Stadt stehen, um daraus weitere Ziele zu erarbeiten. Dies geht nur mit allen in diesem Prozess Verantwortlichen der entsprechenden Ämter und den Betroffenen selbst.

 

Auf politischer Ebene ist die Diskussion um den Entwurf des Bundesteilhabegesetztes (Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen) zu nennen. Ziel ist es, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern und in eine inklusive Gesellschaft umzusetzen, ebenso wird das Schwerbehindertenrecht weiterentwickelt. Fachverbände und Selbsthilfegruppen rufen zur Nachbesserung auf. Es besteht die große Gefahr der Leistungseinschränkungen und deren Verschiebungen in die Pflege. Besonders Assistenzleistungen für behinderte Menschen, die darauf angewiesen sind, um am Arbeitsleben und im Alltagsgeschehen teilzunehmen werden in Frage gestellt.

 

Am 28.06.2016 hat das Bundeskabinett den Nationalen Aktionsplan 2.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention verabschiedet. Mehr dazu unter www.institut-fuer-menschenrechte.de..

 

Rückblickend ist zu vermerken, dass der Umzug von der Stadtverwaltung in das Nachbarschaftszentrum nicht gut angenommen wurde, da der Gang in die Stadtverwaltung anonymer und amtlicher für den Bürger war. Auch der für das Zentrum tolle Publikumsverkehr, ist für manchen Bürger ein Hemmnis in den Beratungsraum zu gelangen. Die Anbindung an die Ämter fehlt, insbesondere an das Bauamt, viele Thüringer kommunale Behindertenbeauftragte sind bewusst räumlich an das Bauamt angegliedert, hier wurde die Behindertenbeauftragte sozusagen ausgegliedert. Um uns abzusprechen sind auch für die Mitarbeiter der Ämter immer Wege zu bewältigen, um uns gegenseitig aufzusuchen.

 

Dies als Bitte umzudenken, um aktiver einwirken zu können.

 

 

 

Petra Braun

Beauftragte für Menschen

mit Behinderung