Sachverhalt:
Das Jahr 2015 war von einigen Turbulenzen
bestimmt. Auf Grund von Neuwahlen kam es zu einem längeren Ausfall der
Sprechstunden, ebenso kam es zu Verzögerungen durch den Umzug in das
Nachbarschaftszentrum in der Goethestraße.
Im Berichtszeitraum suchten ca. 200 Bürger
Beratung und Information, 20 Bürger wünschten sich einen Hausbesuch, vielen
Bürgern reicht auch eine Telefonauskunft.
Beratung und Information stehen in meiner
Tätigkeit an erster Stelle, Ratsuchende werden an zuständige Stellen verwiesen,
um dort zu helfen. Hier ist die gute Zusammenarbeit mit den Ämtern der Stadt zu
erwähnen.
Insbesondere geht es um Informationen und
Hilfen rund um das Schwerbehindertenrecht.
Ein wesentlicher Beratungsschwerpunkt betraf
Menschen mit psychischen Erkrankungen und die daraus resultierende Angst vor
dem Arbeitsplatzverlust nach langer Krankheit.
Das Thema Ausbildungschancen für Menschen
mit Beeinträchtigungen und die zu erfüllenden Voraussetzungen war ein
interessantes Feld der Bearbeitung.
Vielen Betrieben ist es noch gar nicht klar,
welche Fördermöglichkeiten es bei der Einstellung Schwerbehinderter gibt.
Das Integrationsamt hat hierzu zahlreiche
Informationen und ist zur Gestaltung behindertengerechter Arbeitsplätze sehr
aufgeschlossen, auch was die Finanzierung und Ausstattung betrifft, ebenso bei
der Übernahme von Personalkosten.
Viel Hilfe wurde bei der
Widerspruchsbearbeitung bezüglich der Ablehnung von Reha- oder Rentenanträgen
in Anspruch genommen.
Oftmals handelt es sich um schwerkranke
Menschen, die einen langen bürokratischen Weg gehen müssen, um an ihr Ziel zu
kommen.
Viele Bürger sind noch zu wenig informiert,
wenn es um Antragsverfahren rund um die Schwerbehinderung oder das
Betreuungsrecht geht, hier fehlt es auch oft an dem nötigen Selbstbewusstsein,
sich gute umfassende Beratung einzufordern.
Die ins Leben gerufenen Servicestellen, in
Eisenach die Barmer, die laut § 23 SGB IX, eine ortsnahe Beratung und
Unterstützung behinderter Menschen zusichern, sind zu wenig bekannt, dabei aber
von großer Bedeutung als erst angefragte Stelle.
Es geht hier insbesondere um breite
Fachkenntnis, um Fragen zur Rehabilitation qualifiziert zu beantworten.
Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit
ist das Anhörungsrecht zu Neubaumaßnahmen bzw. baulichen Veränderungen im
öffentlichen Bereich. Genannt sei hier der zentrale Omnibusbahnhof, die
Stellungnahme zum touristischen Mobilitätskonzept, die Vorstellung eines barrierefreien
Rundwanderweges vor den Selbsthilfegruppen.
Weitere Baumaßnahmen sind der Umbau bzw.
Ausbau eines weiteren Gründer- und Innovationszentrums in der Thälmannstraße,
die Neugestaltung der kleinen Hörselbrücke in der Karolinenstraße und die Einbeziehung
in die Pläne zum Hochwasserschutzprojekt im Stadtgebiet Eisenach. Hierzu wurden
die Vereine im Februar 2016 umfassend informiert. Der letzte noch nicht
ausgebaute Bereich der Wartburgallee (Grimmelsgasse/Waisenstraße) bedarf
ebenfalls der Stellungnahme.
Viermal jährlich treffen sich die kommunalen
Behindertenbeauftragten in Erfurt mit dem Landesbehindertenbeauftragten um über
regionale Themen zu besprechen.
Insbesondere ging es um folgende Themen:
-
Thüringer
Verordnung über die Voraussetzungen der Anerkennung als Kur- und Erholungsort
-
Leitfaden
zur Gestaltung barrierefreier Toiletten im öffentlichen Raum
-
Umsetzung
der apothekenrechtlichen Vorschriften zur Barrierefreiheit in Apotheken in
Thüringen
-
Gleichstellung
von Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 3SGB IX
-
Informationen
der Thüringer Tourismus GmbH
-
Barrierefreiheit
in Arztpraxen
-
Zugänglicher
Tourismus in Deutschland usw.
-
Gestaltung
von Bankautomaten für Blinde und Sehbehinderte, sowie Rollstuhlfahrer
Auch arbeite ich als gewähltes Mitglied in
meiner Eigenschaft als Behindertenbeauftragte im Psychatriebeirat mit, dort ist
ein gesamtpsychatrischer Verbund in Planung.
Als Ehrenamtsbeiratsvorsitzende entscheidet
unser Beirat jährlich, welche ehrenamtlichen Bürger, Vereine und Institutionen
oder Projekte ausgezeichnet werden. Ebenso der engagierteste Unternehmer, den
Vereine uns benennen .
Die Initiative „Gib niemals auf“ fand 2015
krankheitsbedingt durch mehrere Organisatoren nicht statt, ist aber eine fest
installierte Größe in der Stadt geworden und eine äußerst sinnvolle Sache, wenn
es um das Zurückkämpfen ins Leben geht. Viele Betriebe und Persönlichkeiten
beteiligen sich an der Initiative, so dass die Bevölkerung Behinderung inzwischen
sensibler wahrnimmt. Derzeit ist ein Tag der Selbsthilfegruppen am 17.09.2016
im Nachbarschaftszentrum in der Goethestraße in Planung.
Im vergangenen Jahr fand wider ein
Adventstreffen mit der Oberbürgermeisterin und dem Dezernenten für Soziales und
Kultur statt, wo alle Selbsthilfegruppen das Jahr noch einmal Revue passieren
lassen und Vorausschau auf das Kommende halten, so dass bei Stollen und Kaffee
ein besinnlicher Jahresausklang stattfand.
Diese Treffen sind für die Vereine sehr
wichtig, können sie von ihrer Arbeit und Problemen berichten. Als
Behindertenbeauftragte treffe ich mich mit den Selbsthilfegruppen häufiger, um
sie auch über die Neuigkeiten auf Landesebene
Zu informieren bzw. um den Austausch
zwischen den Vereinen zu fördern und Veranstaltungen zu vernetzen.
Mein Dank gilt den städtischen Behörden und
Ämtern, die immer ein offenes Ohr für mich haben und bemüht sind, Fragen und
Probleme der Bürger unbürokratisch zu klären, obwohl die räumliche Trennung
sehr hinderlich ist. Verbesserungswürdig ist die Zusammenarbeit mit den
verschiedenen Bereichen des Bauamtes, noch ist nicht bei allen klar, dass alle
öffentlichen Baumaßnahmen der Mitwirkung der Behindertenbeauftragten bedürfen.
Oft muss ich mich noch selber in Erinnerung bringen, wenn ich durch die Presse
von Baumaßnahmen erfahre. Positiv zu erwähnen sind die gemeinsamen Absprachen
zum ZOB, hier insbesondere mit dem Blindenverband, um dem sehbehinderten
Menschen barrierefreie Informationen zukommen zu lassen.
Die Ausstattung des Ankerortes Lutherweg im
Eisenacher Tourismusbüro war ein weiteres wichtiges Thema unter Einbeziehung
der Behindertenbeauftragten, denn nicht alles war vom barrierefreien Gedanken
geplant.
Ein großes Ziel ist weiterhin die Umsetzung
des Inklusionsgedankens im Gemeinwesen. Es geht um ein barrierefreies
Lebensumfeld, das allen Menschen mit und ohne Behinderungen selbstbestimmt
nutzen und mitgestalten kann. Zur Schaffung inklusiver Sozialräume braucht es
gemeinsame Strategien aller Akteure vor Ort. Das Thüringer Gesetz zur
Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen
(befindet sich nach 11 Jahren in der Überarbeitung) verfolgt das Ziel, den
öffentlichen Raum barrierefrei zu gestalten und schließt dabei insbesondere
Unternehmen und Dienstleistungen aller Art ein.
Als Stadt müssen wir daran arbeiten, die
Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der öffentlichen Infrastruktur zu verbessern,
ebenso die Ausrichtung der Hilfesysteme und nicht zuletzt die Einstellung der
Mitmenschen zu diesem Thema.
Die Erfassung des Ist–Zustandes sowie
Strukturmängel und die Strukturdatenerfassung sind ein erster Schritt, um
festzustellen wo wir als Stadt stehen, um daraus weitere Ziele zu erarbeiten.
Dies geht nur mit allen in diesem Prozess Verantwortlichen der entsprechenden
Ämter und den Betroffenen selbst.
Auf politischer Ebene ist die Diskussion um
den Entwurf des Bundesteilhabegesetztes (Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und
Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen) zu nennen. Ziel ist es, die
Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern und in eine
inklusive Gesellschaft umzusetzen, ebenso wird das Schwerbehindertenrecht
weiterentwickelt. Fachverbände und Selbsthilfegruppen rufen zur Nachbesserung
auf. Es besteht die große Gefahr der Leistungseinschränkungen und deren
Verschiebungen in die Pflege. Besonders Assistenzleistungen für behinderte
Menschen, die darauf angewiesen sind, um am Arbeitsleben und im
Alltagsgeschehen teilzunehmen werden in Frage gestellt.
Am 28.06.2016 hat das Bundeskabinett den
Nationalen Aktionsplan 2.0 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
verabschiedet. Mehr dazu unter www.institut-fuer-menschenrechte.de..
Rückblickend ist zu vermerken, dass der
Umzug von der Stadtverwaltung in das Nachbarschaftszentrum nicht gut angenommen
wurde, da der Gang in die Stadtverwaltung anonymer und amtlicher für den Bürger
war. Auch der für das Zentrum tolle Publikumsverkehr, ist für manchen Bürger
ein Hemmnis in den Beratungsraum zu gelangen. Die Anbindung an die Ämter fehlt,
insbesondere an das Bauamt, viele Thüringer kommunale Behindertenbeauftragte
sind bewusst räumlich an das Bauamt angegliedert, hier wurde die Behindertenbeauftragte
sozusagen ausgegliedert. Um uns abzusprechen sind auch für die Mitarbeiter der
Ämter immer Wege zu bewältigen, um uns gegenseitig aufzusuchen.
Dies als Bitte umzudenken, um aktiver
einwirken zu können.
Petra Braun
Beauftragte für Menschen
mit Behinderung