II. Fragestellung
1. Ist es zutreffend,
dass die Stadt Eisenach (bzw. die Eisenacher Rettungsleitstelle) den Warndienst
KATWARN bisher nicht nutzt und wenn ja, aus welchen Gründen wurde bisher darauf
verzichtet?
2. Ist eine
zukünftige Nutzung des Warndienstes KATWARN durch die Stadt Eisenach (bzw. die
Eisenacher Rettungsleitstelle) angedacht bzw. bereits vorgesehen und wenn ja,
wann ist mit der Einführung des Systems zu rechnen?
3. Wäre der Warndienst sofort nutzbar und einsatzfähig oder welche technischen Voraussetzungen müssen hierfür ggf. noch geschaffen werden?
ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:
Das vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS
entwickelte System KATWARN zeigt einen Weg auf, wie öffentliche Informations-
und Kommunikationssysteme (hier SMS und E-Mail) für Zwecke der Warnung und
Information genutzt werden können. Insofern bildet KATWARN Teilsegmente der
Konzeption eines Modularen Warnsystems (MoWaS) ab, wie es derzeit vom Bundesamt
für Bevölkerungsschutz und Katstrophenhilfe (BBK) als Weiterentwicklung des
Satelliten gestützten Warnsystem SatWaS vorgesehen wird. Das System KATWARN
allein versetzt weder die Kommunen, noch die Katastrophenschutzbehörden der
Länder in die Lage, eine dem Stand der Technik sowie den Verpflichtungen und
Erfordernissen entsprechende Warnung und Information der Bevölkerung zu
gewährleisten.
Mit KATWARN kann nur der Teil der zu warnenden Bevölkerung erreicht
werden, der sich zuvor selbst aktiv hat registrieren lassen. In diesem
Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass SMS und E-Mail gerade bei der
älteren Bevölkerung derzeit noch wenig Akzeptanz haben. Damit wird tendenziell
genau der Teil der Bevölkerung nicht erreicht, der der größten Hilfe bedarf. Des
Weiteren ist zu bedenken, dass KATWARN im Grundausbau nur im
Postleitzahlenbereich, für den sich der Teilnehmer registriert hat, alarmiert.
Berufsendler und Reisende die täglich zwischen Postleitzahlbereichen wechseln,
müssten sich immer neu registrieren.
Erfahrungsgemäß verursachen Katastrophenlagen einen extremen Anstieg der
Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen (insbesondere auch Mobiltelefone)
durch (betroffene) Personen. Die Leistungsfähigkeit von KATWARN ist trotz
Vorrangschaltung somit genau in den Zeiträumen eingeschränkt, in denen das
System zur Gefahrenabwehr benötigt wird. Auf die eingeschränkte Verfügbarkeit
öffentlicher Telekommunikationsnetze bei außergewöhnlichen Lagen weisen die
Systemanbieter ausdrücklich hin. Hier kommt, wie auch in München geschehen, der
sogenannte Silvestereffekt durch Systemabstürze aufgrund Überlastungen zum
Tragen.
KATWARN ist ein System, das nach Auskunft der öffentlichen Versicherer
Deutschlands auf Basis ihres satzungsbedingten, gemeinsamen Ziels, der Schadensminderung
im privaten und öffentlichen Interesse zu dienen, ohne Gewinnerzielungsabsicht
betrieben wird. Dennoch entstehen Kosten, die durch die Kommunen bzw.
Katastrophenschutzbehörden als Betreiber nicht beeinflusst werden können. Neben
den einmaligen Einführungs- und Schulungskosten in Höhe von z. Zt. 15.000 € und
jährlichen Supportgebühren von ca. 3.000 € entstehen je SMS Kosten von z.Zt. 6
Cent. Dieser auf den ersten Blick unerhebliche Wert kann sich im Dauerbetrieb
zu größeren Beträgen summieren. Es ist zu bedenken, dass regelmäßige
Probealarmierungen (etwa vier p.a.) erforderlich werden und jede Warnung auch
eine Entwarnung sowie ggf. zwischenzeitliche Informationen zu Lageänderungen
erforderlich macht. Bezogen auf eine Bevölkerungsgruppe von 50.000 Einwohner
ergeben sich bei 5000 registrierten Empfängern bei einem Warnvorgang (Warnung,
Zwischeninformation, Entwarnung) sowie vier Probealarmen (nur eine Nachricht)
jährliche Kosten von 2100 €. Hinzu kommen unnötige Kosten durch „Karteileichen“
und Personen, die sich aus reiner Neugier benachrichtigen lassen wollen, auch
wenn sie nicht im gefährdeten Gebiet wohnen. Auf die Berechtigung bzw.
Sinnhaftigkeit einer Registrierung hat der Systembetreiber keinen Einfluss.
Bei KATWARN handelt es sich um ein System, das privatwirtschaftlich
betrieben wird. Daraus erwachsen Risiken bezüglich der Verfügbarkeit.
In Thüringen wird für die Gebietskörperschaften ein kostenneutraler Weg
gemeinsam mit Bund und Ländern verfolgt. Schwerpunkt ist der Ausbau des
Satellitengestützten Warnsystems (SatWaS) hin zum Modularen Warnsystem (MoWaS).
Hier ist neben dem geregelten Zugriff auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene
die Einbindung einer größtmöglichen Anzahl von Endgeräten wie Radio/TV, PC,
Pager, Funkrauchwarnmelder, Sirenen und der jetzt schon vorhandenen WarnApp
NINA (Notfall- Informations- und Nachrichten-App) für Mobiltelefone gegeben.
Dieses System wird von vielen anderen Bundesländern verfolgt. Der Zeitstrahl
zur Einführung des Systems wird in Bundes- und Landesarbeitsgruppen erstellt.
Für die Stadt Eisenach ist bei Gefahrenlagen der Direktzugriff der Zentralen
Leitstelle bzw. der Landeseinsatzzentrale auf öffentliche Rundfunk- und
Fernsehanstalten gegeben. Des Weiteren verfügen Feuerwehr, inklusive der
Katastrophenschutzeinheiten, Rettungsdienste sowie die Polizei über integrierte
Lautsprechereinheiten in den Einsatzfahrzeugen um punktuell informieren zu
können.
Eine Insellösung für die Stadt Eisenach hinsichtlich KATWARN ist
momentan nicht zielführend, da eine Redundanz bei Ausfall der Zentralen
Leitstelle Wartburgkreis, durch Nachbarleitstellen nicht gegeben wäre, wenn sie
nicht auch über dieses System verfügen.