Betreff
Einwohneranfrage - Neugestaltung Lutherplatz
Vorlage
EAF-0088/2016
Art
Einwohneranfrage

II. Fragestellung

 

Zu Antwort Nr. 1

1.             Woran ist das einheitliche Erscheinungsbild der drei Plätze konkret ablesbar im Vergleich zur Planung des Marktes und den Gestaltungsvorschlägen für Lutherplatz und Esplanade von 1995?

 

Zu Antwort Nr. 2

1.             Inwiefern handelt es sich bei der Lutherplatz-Neugestaltung um eine Präzisierung der (Eisenacher) Gestaltungsgrundsätze und um eine Fortführung welcher Planungen?

2.             Wie soll nach den Prinzipien des städtebaulichen Denkmalschutzes (als Eisenacher Programmgemeinde) „dennoch die Ablesbarkeit des historischen Stadtgrundrisses gewährleistet werden"?

Der Sinn der Antwort erschließt sich nicht!

 

Zu Antwort Nr. 3

1.             Ist es richtig, dass die denkmalrechtliche Erlaubnis für die Gestaltung des Lutherplatzes vom Bauamtsleiter (Bauordnungsamtsleiter) Herrn Minas erteilt wurde?

2.             Welche städtebaulichen Gründe sprechen gegen ein Pflasterband oder eine niedrige Mauer und den Verzicht auf Betonsäulen, um den einstigen Marstall anzudeuten?

3.             Wie unterscheiden die Eisenacher Fachämter zwischen Städtebau und städtebaulichem Denkmalschutz bei Maßnahmen im Denkmalensemble? Auf welcher gesetzlichen Grundlage wurden diesbezügliche Prioritäten gesetzt?

4.             Wie begründen Sie also die Entscheidung zwischen öffentlichen Belangen des Denkmalschutzes und öffentlichen Belangen des Städtebaus zugunsten des letztgenannten?

 

Zu Antwort Nr. 3, 2. Abschnitt

1.             Wo und wann hat Dr. Baumann eine Änderung des Geländeprofils und Eingriffe in Privatgrundstücke gefordert?

2.             Wieso hätte man eine komplette Neuplanung veranlassen müssen, da doch entsprechend Thüringer Denkmalgesetz die denkmalfachlichen Vorschläge und Einwände in eine Planung innerhalb des Denkmalensembles Altstadt vor Erstellung der Planung dem beauftragten Büro bekannt sein müssen, um entsprechend berücksichtigt zu werden?

3.             Wieso wäre eine solche Änderung der Planung bzw. eine „komplette Neuplanung auf Kosten der Stadt gegangen, da die Entwurfsplanung bereits über Städtebaufördermittel finanziert war"?

4.             Wann wurden für die Entwurfsplanung Städtebaufördermittel beantragt, wann genehmigt und ausgereicht für das Projekt Lutherplatz?

5.             Kann man davon ausgehen, dass die Entwurfsplanung von 2006 für den Lutherplatz bereits vorlag und diese über die Städtebauförderung finanziert wurde?

6.             Ist die Entwurfsplanung 2016 Teil des zu 100 % finanzierten Projekts Neugestaltung des Lutherplatzes aus dem Topf „Lutherdekade"?

 

Zu Antwort Nr. 4

1.             Bezieht man sich in der Antwort auf Gestaltungsgrundsätze und Gestaltungsvorschläge des Wettbewerbs von 1995?

2.             Wieso haben diese sich nach Ihrer Aussage seitdem nicht verändert, obwohl nachweislich von den Gestaltungsvorschlägen von 1995 für Lutherplatz und Esplanade Abstand genommen wurde?

3.             Welche Zielstellung (denkmalpflegerisch/städtebaulich) wurde in welchen städtischen Satzungen verankert, die sich auf die inzwischen realisierte Neugestaltung des Lutherplatzes bezieht?

4.             Reicht zukünftig der pauschale Hinweis auf nicht einmal konkret benannte städtische Satzungen aus, um Beschlussfassungen zu Bauvorhaben (planungsrechtliches Einvernehmen) durch den Stadtentwicklungsausschuss auszuschließen?

5.             Wieso nimmt man im konkreten Fall der Neugestaltung des Lutherplatzes Bezug auf städtische Satzungen (von denen ohnehin ständig Ausnahmen genehmigt werden), aber das Thüringische Denkmalschutzgesetz (Landesrecht!) wird nicht einmal erwähnt?

6.             Wäre es für eine "Programmgemeinde des städtebaulichen Denkmalschutzes" nicht auch erforderlich, einen Denkmalbeirat (gab es ab 1991 bis zur Beendigung der Amtszeit von OB Doht) als begleitendes öffentliches Fachgremium in Entscheidungsfindungen einzubeziehen?


Ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

Zu Antwort Nr. 1

1.            Zur einheitlichen Materialität und Oberflächenstruktur sowie zur gestalterischen Handschrift bei Stadtgrün und Möblierung der drei Plätze siehe unter 4.2.

 

Zu Antwort Nr. 2

1.         Zu den Gestaltungsgrundsätzen siehe Punkt 4.3. An die 1995 erarbeitete Gestaltungsidee, den historischen Platz mit Bäumen, Sitzmöglichkeiten und einer Wasserstelle zu versehen, wurde angeknüpft und die gesamte Fläche einschließlich des neu hinzugekommenen Hofbereiches (ehem. Baulücke) 2005 überplant (Vor- und Entwurfsplanung).

2.         Die Ablesbarkeit des historischen Stadtgrundrisses soll gewährleistet werden, auch wenn gemäß des Beschlusses des Stadtrates von 1996 keine Bebauung des Platzes (Baulücke) erfolgen wird. So war es nunmehr die Zielstellung der Stadt Eisenach, diese historische stadträumliche Platzsituation dennoch mit alternativen Gestaltungsmitteln wieder erlebbar zu machen.

 

Zu Antwort Nr. 3:

1. Grundsätzlich betrifft diese Nachfrage den übertragenen Wirkungskreis und ist nicht zu beantworten. Die Frage erstaunt aber insoweit, als dass der Fragestellerin der Bescheid als Ganzes offensichtlich bekannt ist.

 

2. Eine identitätsstiftende stadträumliche Situation ist durch die Andeutung von Konturen im Stadtraum nicht zu bewirken. Die Betonstelen stellen ein probates Mittel zur dreidimensionalen Fassung des Platzes und seiner Abgrenzung vom Hof der Residenz dar.

 

3. Eine Abwägung zwischen den Belangen des Städtebaus (einschließlich des städtebaulichen Denkmalschutzes) und der Denkmalpflege ist bereits im Thüringer Denkmalschutzgesetz verankert (vgl. § 1 Abs. 1 ThürDSchG „Einbeziehung von Kulturdenkmalen in die städtebauliche Entwicklung“; § 6 ThürDSchG „angemessene Berücksichtigung bei öffentlichen Planungen“). Hiermit hat der Gesetzgeber eine angemessene Integration beider Belange vorgegeben, aber kein Primat. Neben dem nach Landesrecht verankerten und durch die Denkmalbehörden vertretenen („städtebaulichen“) Ensembleschutz (ThürDSchG) hat die Stadt selbst ihre städtebaulichen und städtebaugeschichtlichen Erhaltungsziele durch Bundesrecht in einer Erhaltungssatzung nach § 172 Baugesetzbuch – städtebaulicher Denkmalschutz - artikuliert und übt ihr Abwägungsrecht hinsichtlich der Denkmalbelange daher umso sorgfältiger aus.

 

4. Die Abwägungsentscheidung insgesamt ist Teil des übertragenen Wirkungskreises. Auf die Beantwortung nach Nr. 3 wird verwiesen.

 

Zu Antwort Nr. 3, 2. Abschnitt

1.         Die Frage betrifft den übertragenen Wirkungskreis.

2.         Alle denkmalfachlichen Vorschläge sind - soweit sie im Planungsprozess vorgetragen waren - in der Planung berücksichtigt worden. Einwände des Landesamtes wurden erst nach Fertigstellung der Planung und Beantragung der denkmalrechtlichen Erlaubnis bekannt. Darum hätte deren Berücksichtigung tatsächlich eine vollständige Umplanung (Neuplanung) erforderlich gemacht.

3.         Es ist nicht Aufgabe der Städtebauförderung die Wiederholung von Planungsleistungen zu finanzieren. Die Planung erfolgt in Abstimmung mit dem Fördermittelgeber und ist daher nicht mehrfach förderfähig.

4./ 5.    Der Fördermittelantrag wurde 2004 gestellt, der Zuwendungsbescheid am 15.12.2004 erteilt, der Planungsvertrag (bis Leistungsphase 3) mit dem Büro Planteam A1 am 07.02.2005 geschlossen. Die Entwurfsplanung lag 2006 vor und wurde entsprechend des Planungsstandes honoriert. Die Einreichung des Verwendungsnachweises der Fördermittel erfolgte 2009 beim Thüringer Landesverwaltungsamt. Der Verwendungsnachweis wurde seitens des Fördermittelgebers 2012 bestätigt.

6.         Die abgerechnete Entwurfsplanung von 2006 war die Grundlage für die nachfolgende Beauftragung zur Umsetzung.

 

Zu Antwort Nr. 4:

1. Gestaltungsgrundsätze, wie sie beispielsweise aus dem städtebaulichen Sanierungsrahmenplan von 1992 und dem Verkehrsentwicklungsplan von 1994 abzuleiten waren, sind in den Wettbewerbsvorschlägen von 1995 deutlich erkennbar. Hier sind weder Widersprüchlichkeiten noch Klärungsbedarf erkennbar.

 

2. Es bedarf in Anbetracht eines 20-jährigen Planungsprozesses keiner näheren Erläuterung, dass sich durch geänderte Rahmenbedingungen – so den Beschluss über die Nichtbebauung des Lutherplatzes – auch eine gewisse Modifizierung bei den Gestaltungsvorschlägen ergeben haben muss. Darum wurde von Gestaltungsgrundsätzen von 1995 für Lutherplatz und Esplanade aber noch nicht etwa Abstand genommen. Dies dokumentiert sich insbesondere anschaulich in der einheitlichen Materialität, nämlich in der Verwendung und in der Verlegeart von für Eisenach typischem Naturstein Granit grau im Wechsel mit wassergebundenen Decken (Kanzlei Markt, Residenz Esplanade und Lutherplatz) sowie im sparsamen und stadträumlich wirksamen Umgang mit Stadtgrün und Möblierung (z. B. Verwendung von Sitzsteinen, einheitliche Beleuchtung).

 

3. Der Sanierungssatzung „Innenstadt“ liegen vorbereitende Untersuchungen zu Grunde, deren Ergebnisse in einem städtebaulichen Rahmenplan zusammengefasst sind. Dieser Sanierungsrahmenplan bestimmt für die betreffende städtebauliche Situation die Schaffung einer stadträumlichen Kante (geschlossener Blockrand), um die Konfiguration des historischen Lutherplatzes wieder erlebbar zu machen. Mit dem Beschluss des Stadtrates, den Lutherplatz nicht zu bebauen, war es nunmehr die Zielstellung der Stadt Eisenach, diese stadträumliche Situation mit alternativen Gestaltungsmitteln zu bewirken. In der Präambel der Erhaltungssatzung „Innenstadt“, die dem gemeindlichen städtebaulichen Denkmalschutz verpflichtet ist, ist daher formuliert: „…Die Bebauung der Innenstadt, auf mittelalterlichem Stadtgrundriss und im Wesentlichen vom Verlauf der ehemaligen Stadtbefestigung umgrenzt, lässt in weiten Teilen noch das historische Parzellenbild und die Vielfältigkeit der Baukultur der vergangenen Jahrhunderte erkennen….Die Bewahrung der vorhandenen städtebaulichen Qualität ist vorrangiges Ziel dieser Satzung….“ Dem Verständnis der Stadt Eisenach zur Bewahrung ihrer städtebaulichen und städtebaugeschichtlichen Identitiät entsprach es im betreffenden Fall in Abwägung der Argumente des landesrechtlichen Denkmalschutzes eher, den eigentlichen historischen Lutherplatz wieder im Stadtraum ablesbar zu machen als die Bombenlücken des zweiten Weltkrieges in der Stadttextur zu verstetigen.

 

4. Die Platzgestaltung stellt als öffentliche Verkehrsanlage mangels Genehmigungspflicht nach der Thüringer Bauordnung auch kein bauliches Vorhaben nach § 29 des Baugesetzbuches dar und ist damit nicht dem bauplanungsrechtlichen Einvernehmen des Fachausschusses zugänglich. Der Ausschuss hat sich – wie bereits erörtert - dennoch auf Initiative der Fachverwaltung beratend und überwiegend wohlwollend mit dem Projekt befasst.

 

5. Städtische Satzungen werden im eigenen Wirkungskreis erlassen und sind damit Gegenstand der Befassung durch die Gemeinde, hier der Stadt Eisenach und ihres Stadtrates sowie der Fachausschüsse, währenddessen der landesrechtliche Denkmalschutz dem übertragenen Wirkungskreis zuzurechnen ist und in der Verantwortung des Freistaates und der Behörden liegt, denen die entsprechenden Aufgaben und Zuständigkeiten des Landes übertragen wurden (TMIL, ThürLVwA, TLDA, UDB).

 

6. Auch die Berufung eines Denkmalbeirats gem. § 22 Abs. 4 ThürDSchG betrifft ausschließlich den übertragenen Wirkungskreis.