Sachverhalt:
Berichtsvorlage
zum SWG-Projekt „Standortvarianten für ein barrierefreies Wohngebäude im
Quartier Thälmannstraße“
1.
Standortbewertung für barrierefreies Wohnprojekt im Thälmannviertel
Die SWG als
kommunales Wohnungsunternehmen beabsichtigt, für die Bewohner des
Thälmannviertels, einem Quartier mit einem hohen Anteil an älteren Bewohnern
(65+), ein Angebot an barrierefreien, jedoch bezahlbaren Wohnungen mittels
ISSP-Förderung* in den Programmjahren 2016-2018 zu schaffen. Angesichts des
Mangels an barrierearmen und barrierefreien Wohnungen im Quartier – wie auch in
der Gesamtstadt – unterstützt die Stadt grundsätzlich das Ziel, altersgerechten
Wohnraum zu schaffen. Dieses Ziel entspricht auch den Handlungsempfehlungen der
Wohnungsmarktprognose Eisenach, die im Januar 2018 fertiggestellt wurde (siehe
unten).
In der
Standortbewertung im Quartier Thälmannstraße (siehe Anlage 1
<Gegenüberstellung Standorte_Langfassung> und Anlage 2
<Gegenüberstellung Standorte_Kurzfassung>) werden fünf qualitativ sehr
unterschiedliche Standorte für das mögliche Wohnprojekt einander
gegenübergestellt und nach stadtplanerischen Kriterien (städtebaulich,
bauplanungsrechtlich etc.), nach Grundstücksverfügbarkeit sowie nach
Realisierungschancen innerhalb des Förderzeitraums bewertet. Nicht näher
betrachtet wurden insbesondere Aspekte der Wirtschaftlichkeit oder der
Baugrundqualität.
* barrierefreie
Wohnungen nach DIN 18040-2 „Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 2:
Wohnungen“ laut „Richtlinie für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in
besonderen Gebietskulissen zur Innenstadtstabilisierung im Freistaat Thüringen
für die Programmjahre 2016 bis 2018 (Innenstadtstabilisierungsprogramm – ISSP)“
2. Ergebnisse
Vermessung Baumbestand
Für die beiden
Standorte A – Fritz-Heckert-Straße (SWG-Grundstück) und B –
Wilhelm-Pieck-Straße (städtisches Grundstück) wurde im Hinblick auf eine mögliche
barrierefreie Wohnbebauung entsprechend der Planungen der SWG eine Erfassung
des Baumbestands beauftragt. Auf dieser Grundlage fand seitens der Stadt eine
Beurteilung des Baumbestandes und des ökologischen Verlustes bei Durchführung
der Baumaßnahme am jeweiligen Standort statt.
Standort A –
Fritz-Heckert-Straße
Es sind mindestens
17 Großbäume zu entnehmen, die direkt im Bereich des geplanten Baukörpers
stehen. Zusätzlich ist die Entnahme von ca. 12 Großbäumen und ca. 10 kleineren
Bäumen, deren Kronen und Wurzelbereiche in den Baukörper ragen, erforderlich.
Unter den Großbäumen sind ca. 15 Erlen, 3 Buchen, 1 Kastanie und 10 Ahorne
betroffen. Erlen sind die minderwertigste Baumart an diesem Standort und haben
den geringsten Erhaltungswert und die geringste Lebenserwartung. Am
wertvollsten sind die 3 Buchen und die Kastanie. Der Baumbestand ist insgesamt
ca. 60 Jahre alt, eine Ausnahme bilden die wesentlich jüngeren Erlen. Bedingt
durch den dichten Baumbestand sind in den nächsten Jahren Auslichtungsarbeiten
an den vorhandenen Bäumen erforderlich.
Bei Umsetzung der
geplanten Bebauung wäre der ökologische Verlust der Bestandsminderung höher als
bei Standort B.
Standort B –
Wilhelm-Pieck-Straße
Es sind 4
Großbäume im direkten Bereich des Baukörpers zu entnehmen. Zusätzlich ist die
Entnahme von 4 Großbäumen notwendig, deren Krone und Wurzeln in den Baukörper
ragen.
Es sind 6 Ahorn
und 2 Buchen betroffen.
Diese Bäume sind
von Ihrem Zustand und der Erhaltenswürdigkeit insgesamt höher einzustufen als
der Bestand des Standortes A, gleichwohl der ökologische Verlust bei Umsetzung
der geplanten Bebauung geringer wäre als am Standort A.
Hinweise: Nicht betrachtet
wurden an beiden Standorten ökologische Verluste durch notwendige
Erschließungen bzw. Leitungsverlegungen im Rahmen der Bebauung. Die Beurteilung
jahreszeitbedingt zu einem ungünstigen Zeitpunkt statt.
Die Beurteilung
erfolgte auf Basis der Vorab-Kartierungen des Vermessers, die finale Kartierung
(siehe Anlage 3 <17-499-K_Vermessung F.-Heckert-Straße> und Anlage 4
<17-498-K_Vermessung Wilhelm-Pieck-Straße>) enthält minimale Anpassungen.
Eine Übersicht
über die bei Baumaßnahme am jeweiligen Standort notwendigen Ersatzpflanzungen
nach Baumschutzsatzung der Stadt Eisenach vom 23.12.1997 liegt vor, siehe
Anlage 5 <2018 Variantenvergleich nach Baumschutz>.
3.
Handlungsempfehlungen der Wohnungsmarkprognose Eisenach 2018 für das Quartier
Thälmannstraße
Laut
Wohnungsmarktprognose Eisenach 2018 ist die Bevölkerung im Planungsbezirk
Thälmannstraße von 2011 bis 2016 deutlich zurückgegangen (‑219 Personen
bzw. ‑4,8%), der Planungsbezirk Thälmannstraße derjenige
Kernstadt-Planungsbezirk (abgesehen von Hofferbertaue) mit dem deutlichsten
prozentualen Einwohnerrückgang. Gleichzeitig ist der Anteil der 75- bis
85-Jährigen im Planungsbezirk Thälmannstraße deutlich am höchsten (18%), dort
muss zukünftig von einem spürbaren Generationswechsel ausgegangen werden. Im
Folgenden werden die zentralen Handlungsansätze dargestellt, welche die
Wohnungsmarktprognose für das Quartier Thälmannstraße benennt:
Handlungsfeld Wohnen im Alter – Handlungsansätze – Neubau (Auszug aus Kap. 10.3)
Insbesondere im Planungsbezirk Thälmannstraße
dürfte ein altersgerechter Neubau als ergänzendes Angebot auf eine ausreichende
Nachfrage treffen. Allerdings können diese Neubauten in Eisenach aufgrund der
heutigen Baukosten – ohne Berücksichtigung von
Fördermitteln – nur zu Mieten angeboten werden, die im oberen
Marktsegment liegen. Insgesamt kann in Eisenach altersgerechter Neubau nur ein
Nischenprodukt mit kleiner Nachfragegruppe sein.
Handlungsansätze für die Weiterentwicklung der
Großwohnsiedlungen – hier: Thälmannstraße (Auszug aus Kap. 12.1)
Der Bereich
Thälmannstraße ist durch einen hohen Anteil an Senioren - darunter vor allem
ältere Senioren - gekennzeichnet. Daraus ergeben sich zwei
Handlungsschwerpunkte: Zum einen geht es um eine altersgerechte Anpassung, um
den Bewohnern so lange wie möglich ein Verbleiben in ihrer angestammten Wohnung
bzw. in ihrem Wohnquartier zu ermöglichen. Zum anderen gilt es den
Generationswechsel zu gestalten, d. h. wegen des in den nächsten Jahren
zunehmenden Prozesses des Auszugs und Versterbens von Senioren müssen neue
Mietergruppen für das Quartier gewonnen werden, sollen die Leerstände nicht
steigen.
Trotz der hohen
Anzahl an Senioren ist das Quartier Thälmannstraße nicht ausreichend
altersgerecht gestaltet, eine Anpassung an jeweilige Bedürfnisse und Wünsche
der Senioren ist erforderlich. Dazu gehören altersgerechte, barrierearme
Anpassungen im Wohnungsbestand sowohl individuell in bewohnten Wohnungen als
auch angebotsorientiert durch den Umbau leerer Wohnungen (inklusive
Grundrissänderungen) (siehe Kapitel 10.3). Ergänzend können barrierefreie
Neubauten im Quartier sinnvoll sein, um durch Umbau nicht realisierbare
Qualitäten anbieten zu können. Zugleich kann damit auch eine gewisse
Umzugsmobilität erzeugt werden, die es wiederum ermöglicht, Leerwohnungen altersgerecht
umzubauen.
Ebenso wichtig
sind auch barrierearme Anpassungen im Wohnumfeld, Kommunikationsmöglichkeiten
im (halb-)öffentlichen Raum (Treffpunkte, Sitzplätze etc.) sowie die Schaffung
von sozialen und kulturellen Einrichtungen zur Versorgung und verstärkten
Teilhabe am sozialen Leben. Das Quartier Thälmannstraße ist dabei so groß, dass
sich solche Einrichtungen auch langfristig tragen können. Damit wird das
Quartier auch attraktiv für den Zuzug von Senioren aus anderen Quartieren wie
Stadtrandsiedlung West oder Oststadt, die für ein seniorenspezifisches
Dienstleistungsangebot zu klein sind. Wesentlich ist jedoch eine aufeinander
abgestimmte Entwicklung und Strategie zwischen den großen Wohnungsunternehmen,
der Stadt, sozialen Trägern, dem Handel und weiteren Akteuren. Ein geeignetes
Instrument kann dafür ein Quartierskonzept oder eine Stadtteilmoderation sein,
z. B. im Rahmen des Stadtumbaugebietes Eisenach-Nordwest.
Aufgrund der sehr
großen Anzahl an Senioren ist eine altersgerechte Anpassung des Quartiers
allein nicht zielführend, sondern es bedarf auch der Gestaltung des
Generationswechsels. Aufgrund des oben geschilderten Problems des
Massensegmentes gleichgearteter Wohnungen ist – um neue Zielgruppen gewinnen zu
können – ein Aufbrechen der homogenen Bestandsstruktur durch neue
Wohnungsangebote und -qualitäten erforderlich. Dazu gehören
Wohnraumzusammenlegungen und Grundrissänderungen verbunden mit einer
Ausstattungsverbesserung insbesondere in Bezug auf Bad und Küche. Auch wenn der
Schwerpunkt der zukünftigen Nachfrage bei Ein- und Zweipersonenhaushalten
liegen wird, ist eine kleinteilige Beimischung familiengerechter Wohnungen
durch Wohnungszusammenlegungen sinnvoll. Mit einer Ausdifferenzierung würde
darüber hinaus der Preisdruck sinken und eine Platzierung im mittleren
Marktsegment wäre möglich. Insgesamt ist es wichtig, keine einheitliche
Strategie der Aufwertung, sondern verschiedene Ansätze zu verfolgen, umso eine
größtmögliche Vielfalt zu erzeugen. Zugleich sollte die Strategie des Generationswechsels
mit der Strategie der altersgerechten Anpassung inhaltlich und räumlich
aufeinander abgestimmt sein.
Wohnen im Alter –
Strategien (Auszug aus Kap. 14.3)
Neben der
altersgerechten Wohnung ist auch das altersgerechte Quartier für viele Senioren
wichtig. Dies meint nicht nur eine barrierefreie Wohnumfeldgestaltung, sondern
auch infrastrukturelle Aspekte wie quartiersnahe Versorgungsmöglichkeiten,
seniorenspezifische Dienstleistungen oder auch Treffpunkte und Programme gegen
Vereinsamung. Räumlicher Schwerpunkt wäre in Eisenach insbesondere das Quartier
Thälmannstraße, das mit zwischen den verschiedenen Akteuren abgestimmten
Strategien oder einem Quartierskonzept entsprechend weiter entwickelt werden
sollte.
4.
Voraussichtlicher Ablauf der 2. Fortschreibung des ISEK – hier: im Hinblick auf
die Quartiersentwicklung Thälmannstraße
Weiterführende
Standortbetrachtungen finden im Rahmen der laufenden Fortschreibung des
Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) statt. Das ISEK setzt explizit
Fokus auf Stadtquartiere mit herausragendem Handlungsbedarf und legt diese als
Stadtumbaugebiete fest. Das Quartier Thälmannstraße ist eines dieser Quartiere,
in denen sich der Handlungsbedarf bündelt. Neben der stadträumlichen Ebene
steht auf der fachlichen Ebene weiterhin
das Thema des altersgerechten Wohnens im Fokus des ISEK.
Im Folgenden wird
der voraussichtliche Ablauf der 2. Fortschreibung des ISEK im Hinblick auf
die Quartiersentwicklung Thälmannstraße dargestellt:
Januar 2018
Einwohnerversammlung
29.01.2018 (Veranstaltung außerhalb ISEK)
Fertigstellung der
Wohnungsmarktprognose
März 2018
Stadtratsbeschluss
(voraussichtlich): Wohnungsmarktprognose als Grundlage für die weitere
Bearbeitung des ISEK
Mai/Juni 2018
Festlegung von
Stadtumbaugebieten (auf der Basis von Bestands- und SWOT-Analyse, Zielstellung
und Leitbild für die Stadt Eisenach),
bisheriges
Stadtumbaugebiet Nord-West (inklusive Planungsbezirk Thälmannstraße)
überprüfen, Option der Gebietsteilung prüfen, je nach Planungserfordernis:
Geltungsbereich verändern oder bestätigen
Sommer/Herbst 18
Entwicklung
Leitlinien Wohnraumentwicklung – unter Berücksichtigung des Handlungsfelds
barrierearmes/-freies Wohnen,
Konzept
Wohnraumentwicklung
Herbst 2018
optional: Workshop
mit Quartiersbewohnern des Stadtumbaugebiets Nord-West/Thälmannstraße
(zusätzliche Beauftragung notwendig),
Berücksichtigung u.a. der Themen/Hinweise aus der Einwohnerversammlung vom
Januar (zum Thema Standortvarianten für ein barrierefreies Wohngebäude im
Thälmannviertel)
Herbst/Winter 2018
Konzepte für die
Stadtumbaugebiete
Hinweis: Die Bearbeitung
des ISEKs beinhaltet umfassende weitere Bausteine (z.B. Ortsteilentwicklung,
Leerstand/Brachen, Klimaschutz, Einzelhandel), die in der obigen Darstellung
nicht berücksichtigt sind.
Anlagenverzeichnis
Anlage 1:
Gegenüberstellung Standorte_Langfassung
Anlage 2:
Gegenüberstellung Standorte_Kurzfassung
Anlage 3: 17-499-K_Vermessung
F.-Heckert-Straße
Anlage 4: 17-498-K_Vermessung
Wilhelm-Pieck-Straße
Anlage 5: 2018 Variantenvergleich nach
Baumschutz