II. Fragestellung
1.
Wurde ein Sonderkündigungsrecht bzw. die Zahlung
einer Vertragsstrafe (ggf. Preisnachlass) im Vertrag mit dem Fachplanungsbüro
vereinbart und wenn ja, wurde die Vertragsstrafe/Preisnachlass bereits geltend
gemacht (wenn nein, warum nicht)?
2.
Sofern ein Sonderkündigungsrecht vereinbart wurde,
warum wurde es bisher nicht geltend gemacht und ein anderes Fachplanungsbüro
beauftragt?
3.
Liegen die vollständigen Unterlagen für das
Verkehrslärmgutachten und die Verkehrsleitplanung mittlerweile vor, so dass die
zeitnahe Prüfung durch die Untere Immissionsschutzbehörde erfolgen kann?
4. Besteht die rechtliche/vertragliche Möglichkeit, potentielle Regressforderungen vonseiten des Investors aufgrund der Nichterfüllung der Auflagen aus dem Kaufvertrag mit der Stadt Eisenach (ehemaliges KVG-Grundstück) und des Erlöschens der erteilten Baugenehmigungen (Dezember 2019/Januar 2020), auf das säumige Planungsbüro „abzutreten“ bzw. das Planungsbüro für mögliche finanzielle Folgeschäden der Stadt in Haftung zu nehmen?
ich beantworte
Ihre Anfrage wie folgt:
Zum Sachverhalt
Im Januar 2019
wurde dem Stadtrat der Stadt Eisenach ein Sachstandsbericht (siehe Anlage)
vorgelegt. In diesem sind der Bearbeitungsstand, die Arbeitsschritte und die
Umstände aufgezeigt, welche eine Vorlage eines konfliktfreien und
auslegungsfähigen Entwurfs zur Stadtratssitzung im April 2019 (rechtlich sowie
real) nicht möglich machten.
Die Aussage:
„Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung hingegen die Vorlage bereits für
die Aprilsitzung dieses Jahres mehrheitlich beauftragt.“, ist nicht korrekt.
Der Beschluss des Stadtrates lautet wie folgt:
„Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt, dem
Stadtrat bis zum Beginn des 3. Quartals 2019 den Bebauungsplan Nr.6
„Bahnhofsvorstadt“ entsprechend ihrer Berichtsvorlagen vom 13.03.2018 und
04.09.2018 zur Beschlussfassung vorzulegen und diesen durch die weiteren
Schritte (Öffentlichkeitsbeteiligung, Abwägungsbeschluss, Genehmigung LvWA) zur
Rechtskraft zu bringen.“
Ein
Stadtratsbeschluss, der die zeitliche Vorgabe bzw. einen termingebunden Auftrag
für eine konfliktfreie Entwurfsvorlage eines Bebauungsplans festlegt, wäre
rechtswidrig. Dies ergibt sich schon aus dem § 1 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz
BauGB, worin ein Anspruch auf die Aufstellung eines Bebauungsplanes auch nicht
durch Vertrag begründet werden kann. Solche Terminvorgaben müssen schon an dem
Umstand scheitern, dass ein Planentwurf ohne vollständige Konfliktbewältigung
keinerlei Aussicht auf Erlangung der Satzungsreife hat und somit sachverständig
nicht vorgelegt werden kann.
Bei der
Erarbeitung eines Bebauungsplanes gibt es nicht vorhersehbare Planungsschritte
und Risiken, die einen flexiblen Bearbeitungszeitraum erfordern. Bei der
Erarbeitung des B 6 wurde z. B. durch die Landesstraßenbauverwaltung die
Durchführung einer übergeordneten Planung, ein Planfeststellungsverfahren für
die Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 19
im Bereich der Bahnhofstraße, als höherrangiges Recht beschlossen und
zwischengeschoben. Auf ein solches Verfahren hat die Stadt Eisenach keinen
Einfluss. Auch somit können zeitlich gebundene Aufträge durch einen Stadtrat
nicht rechtskonform sein. In diesem Zusammenhang stimmt auch die Aussage nicht,
dass der Entwurf des Bebauungsplanes „eine mehr als zweijährige“ Verzögerung
habe. Der Planfeststellungsbeschluss ist erst seit Mai 2018 rechtswirksam.
Somit konnten nachfolgende Arbeiten im Bebauungsplanverfahren auch erst danach
weitergeführt werden. Die Zeitangaben in den von der Verwaltung vorgelegten
Sachstandsberichten stellen im Übrigen lediglich ein unter Einhaltung aller
angenommenen Bedingungen geschätztes Zeitfenster dar.
Ein
Bauleitplanverfahren ist durch das Baugesetzbuch i. V. mit dem
Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt und kann durch den Stadtrat nicht
beschleunigt werden.
Bebauungsplan
zum B 6 – kurze Verfahrensübersicht (nicht vollständig)
Aufstellungsbeschluss
1990
Städtebaulicher
Wettbewerb 1993
Vorentwurf B 6 1994
Beschluss über (1.) Entwurf B 6 1997
Beschluss über Stornierung des Verfahrens 1998
Änderungsbeschluss Geltungsbereich 2002
Beschluss
über Teilbebauungsplan B 6.1 „Tor zur Stadt“ 2006
(Bearbeitung
B 6 hat „geruht“)
Beschluss
über Entwurf B 6.1 „Tor zur Stadt“ 2007
Abwägungsvorschlag
B 6.1 „Tor zur Stadt“ wurde abgelehnt 2008
Beschluss
über 2. Entwurf B 6.1 „Tor zur Stadt“ 2009
Abwägungsergebnis
Zusammenlegung B 6 und B 6.1 2010
Beschluss über
2. Entwurf B 6 2011
Abwägung zum 2.
Entwurf mit Ergebnis weiterer Entwurf 2013
Beschluss über
3. Entwurf 02/2016
Abwägung zum 3.
Entwurf mit Ergebnis eines 4. Entwurfes 05/2016
Stadtinterne
Beteiligung zur Erarbeitung des 4. Entwurfes 12/2016
Entscheidung
über Planfeststellungsverfahren 02/2017
Abschluss
Planfeststellungbeschluss mit Einspruchsfrist 05/2018
Aus der
Verfahrensübersicht ist zu erkennen, dass seit der Absicht, für den Bereich
einen Bebauungsplan aufzustellen, bis heute mehrere Jahre vergangen und mehrere
Entwürfe aufgrund der Beschlussfassung des Stadtrates gefertigt wurden. Ebenso
ist zu erkennen, dass andere Planverfahren (grau hinterlegt) dazwischen geschoben
wurden, die die Bearbeitung des B 6 „gezwungenermaßen“ ruhen ließen.
Mit der
Bearbeitung des Bebauungsplanes wurden auch verschiedene Ingenieurbüros
gebunden. Für städtebauliche Leistungen waren das bisher drei. Das seit Ende
2014 mit der Erstellung des 3. Entwurfs letzte vertraglich gebundene
Architekturbüro hat seither bereits
einen Folgevertrag abgeschlossen, da ein Vertrag nach der Honorarordnung
für Architekten und Ingenieure (HOAI) nur die Leistungen bis zur Genehmigung eines
Entwurfes vorsieht.
Die
Entscheidung, dass ein weiterer Entwurf notwendig wird, hat zur Folge, dass ein
solcher HOAI-Vertrag ebenfalls über die dafür zusätzlich anfallenden Leistungen
geschlossen werden muss (Nachtrag/ Folgevertrag). Wirtschaftlicher ist es
dabei, dass Büro beizubehalten, das den letzten Entwurf gefertigt hat, da bei
diesem alle Grundlagen und Vorplanungen bekannt sind. Ein neues Büro hätte
Anspruch auf eine solche Grundlagenermittlung und weitere Analysetätigkeiten
und somit auf Vergütung.
Ähnlich verhält
es sich mit den Ingenieurbüros, die für einen solchen Bebauungsplanentwurf
gutachterlich tätig werden. Die Gutachter sind vertraglich jeweils für den im
Vertrag beschrieben Leistungsumfang gebunden. Ergeben sich Änderungen oder
Anpassungen an einer Untersuchung, wie etwa bei einem neuen Entwurf, hat das
Ingenieurbüro Anspruch auf Erweiterung seiner Leistung und es werden
Folgeverträge fällig. Aus denselben Gründen, wie o. g., macht ein Bürowechsel
in einem späten Planungsstadium finanziell und zeitlich keinen Sinn.
Die für den 3.
Entwurf zuletzt eingeschalteten 5 Ingenieurbüros waren vertraglich auch bereits
seit 2016 gebunden. Das heißt, die Verträge mussten für den 4. Entwurf
ebenfalls um den zusätzlichen Leistungsumfang erweitert und finanziell gesichert
werden.
Zum 4. Entwurf:
Die
„Unterbrechung“ der Bearbeitung des B 6 durch die Planfeststellung von Februar
2017 bis Mai 2018 führte zum einen zu Anpassungen im Leistungsumfang der
Ingenieurbüros. Aber zum anderen konnten geplante Bearbeitungen durch die Büros
nicht in diesem Zeitraum durchgeführt werden. Gerade bei kleineren
Ingenieurbüros ist die Leistungsfähigkeit zeitabhängig und kann schwanken, wenn
unvorhergesehene Schritte zu einer Unterbrechung führen. Das Risiko, dass das
betreffende Ingenieurbüro zu der Zeit nach dem Planfeststellungsbeschluss noch
weitere Aufträge angenommen haben könnte, und dadurch die Dauer der
Leistungslieferung verzögert werden würde, war daher eher in Kauf zu nehmen als
ein gänzlich neues Ingenieurbüro zu binden und von vorne anzufangen. Letztlich
war es nicht den Büros anzurechnen, dass eine derartige Verzögerung durch die
Planfeststellung eintrat. Die anschließende Verzögerung der Erstellung bzw.
Anpassung verschiedenen Gutachten ist bedauerlich, aber im Verhältnis zur
Gesamtdauer der Aufstellung des Bebauungsplanes vergleichsweise gering. Der
Umstand, dass zwei der fünf Büros sowohl in der Planfeststellung als auch im
Bebauungsplanverfahren gebunden waren, muss letztlich sogar noch als
außerordentlich zeit- und aufwandreduzierend eingeschätzt werden.
Zu 1.:
Ein
Ingenieurvertrag zu einem Bebauungsplan setzt lediglich Termine und Fristen
fest, sofern diese rechtlich und realistisch möglich sind. Vertragsstrafen,
Preisnachlässe etc. sind nicht geregelt. Ein Sonderkündigungsrecht besteht
nicht.
Die Begründung
ergibt sich aus den o. g. Ausführungen.
Zu 2.:
Ergibt sich aus
den Ausführungen zu 1. Ein Bürowechsel wäre insoweit weder zeit- noch
sachdienlich gewesen, wenngleich das betreffende Büro eine Verzögerung
hervorgerufen hat, die jedoch vergleichsweise gering ist.
Zu 3.:
Die notwendigen
Zuarbeiten der Gutachter und Fachplaner liegen nunmehr seit dem 07.02.2019
vollständig vor und werden intern geprüft. Bei der aktuellen Personalsituation
der Unteren Immissionsschutzbehörde dauern diese immer noch an bzw. haben noch
nicht begonnen. Hierauf wurde bereits im Sachstandsbericht vom Januar 2019
hingewiesen. Die dort genannte Annahme, dass man mit dem Abschluss der Prüfung
bis Ende Februar 2019 rechne, ist daher bereits nicht mehr haltbar.
Zu 4.
Die
Fragestellung ist unklar. Potentielle Regressanforderungen bestehen nicht. Ein
Schaden durch die bisherige „Verzögerung“ ist weder beim Investor noch bei
einem anderen Beteiligten zu verzeichnen. Für das Bauvorhaben des Investors
besteht auch ohne den 4. Entwurf des Bebauungsplanes B 6 Baurecht nach § 33
Abs. 1 und 2 BauGB und der gesicherten Erschließung nach dem
Planfeststellungsbeschluss.
Eine
Baugenehmigung gilt 3 Jahre und kann durch Antragstellung verlängert werden.
Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichtvorliegen eines Bebauungsplanes
kann es nicht geben, da es keinen Anspruch auf die Aufstellung eines
Bebauungsplanes gibt (§ 1 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB, siehe oben).
Hinweise auf ein womögliches Scheitern des Bebauungsplanverfahrens lagen und
liegen nicht vor. Gerade durch die Planfeststellung konnten zentrale
Fragestellungen zur Verkehrsqualität und Verkehrslärmkonstellation bereits
verbindlich geklärt bzw. vorgeklärt werden. Soweit die Planfeststellung für
Teilbereiche (Bahnhofstraße) rechtsverbindliche Ergebnisse liefert, werden
diese in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden.