Betreff
Anfrage des Stadtratsmitgliedes Frau Rexrodt - B-Plan Bahnhofsvorstadt
Vorlage
AF-0464/2019
Art
Anfrage

II. Fragestellung

 

1.      Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn der bereits begonnene Bau des FMZ zur Vollendung geführt wird und die in der Berichtsvorlage genannten Konflikte nicht gelöst werden können/konnten und somit der Stadtrat/das Landesverwaltungsamt bis zur Fertigstellung des Vorhabens keinen B-Plan zur Rechtskraft führen konnte?

 

2.      Welche Regelungen enthält das Baurecht, dass ein Vorhaben fertiggestellt werden kann, ohne Kenntnis/Rechtskraft der zukünftigen Festsetzungen aufgrund der noch ungelösten Konflikte, da diese, wie zu erwarten ist, erst nach Fertigstellung des Vorhabens möglicherweise gelöst bzw. nicht gelöst werden können?

 

3.      Ist die Oberbürgermeisterin entgegen ihrer damaligen Auffassung der Ansicht, dass das Projekt FMZ/Hotel/Veranstaltungshalle auch ohne abschließende Klärung der oben genannten Konfliktpunkte, insbesondere Verkehrsgutachten, realisiert werden kann? (Wenn ja, warum?)

 

4.      Wird die Oberbürgermeisterin diesen Beschluss des Stadtrates umsetzten? (Wenn nein, warum nicht?)

 

5.      Ist der Vertreter der LEG (Herr Salberg) nach wie vor mit der Bearbeitung des Bebauungsplanes vertraglich beauftragt?


ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Bei der schriftlichen Beantwortung der SPD Anfrage (AF-0449/2019 - Anlage) wurden zunächst die allgemeinen Aufstellungsregeln (Rechtsgrundsätze) zu einem Bebauungsplan erklärt und danach auf den konkreten Fall beim Bebauungsplan Nr. 6 „Bahnhofsvorstadt“ eingegangen.

 

Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz ist, dass eine zeitliche Vorgabe bzw. ein termingebundener Auftrag für Vorlage eines konfliktfreien Bebauungsplanentwurfs nicht zulässig ist. Die Begründung für diese allgemeine Gesetzmäßigkeit ergibt sich insbesondere aus dem § 1 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz BauGB, worin ein Anspruch auf die Aufstellung eines Bebauungsplanes auch nicht durch Vertrag begründet werden kann.

 

Im konkreten Fall zum Bebauungsplan Nr. 6 „Bahnhofsvorstadt“ wurde in der Beantwortung auf die noch nicht vollständig vorliegenden bzw. noch nicht vollständig geprüften Unterlagen hingewiesen. Diese sind nicht mit erheblichen Konflikten behaftet, wie von der Fragestellerin behauptet. Die Unterlagen sollten aber (formal) dennoch vollständig gegengeprüft vorliegen, um den Bebauungsplanentwurf konfliktfrei öffentlich auslegen zu können. An dieser Prüfung der Gutachten scheitert es seit Längerem stadtintern, da nicht genügend städtische Ressourcen dafür zur Verfügung stehen. Auch hierin zeigt sich, dass es nicht geboten ist, terminliche Forderungen aus dem Stadtrat zur Vorlage eines Entwurfes zu beschließen.

 

Für das vorzeitig genehmigte Bauvorhaben hat der Zeitpunkt der Genehmigung des Bebauungsplans keine Relevanz. Materielle Konflikte im Bebauungsplanverfahren sind im aktuellen Status nicht bekannt.

 

Zu Frage 2:

Das Vorhaben des Fachmarktzentrums wurde gemäß dem anzuwendenden Bauplanungsrecht gem. § 33 Abs. 1 und 2 BauGB (vorzeitig) genehmigt. Der Gesetzgeber ermöglicht dem Antragsteller mit dieser Regelung einen vorzeitigen Baubeginn vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplanes, wenn die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Diese planungsrechtlichen Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vollständig vor.

 

Zutreffender Gesetzestext § 33 Abs. 2 BauGB:

In Fällen des § 4a Abs. 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

Voraussetzungen Abs. 1 Nr. 1 bis 4:

1.                  die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 und § 4a Abs. 2 bis 5 durchgeführt worden ist,

2.                  anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,

3.                  der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und

4.                  die Erschließung gesichert ist.

 

Begründung:

Es sind keine Ergänzungen und Änderungserfordernisse des Bebauungsplanentwurfes erkennbar, die sich auf das Vorhaben auswirken. Es liegen die Voraussetzungen nach Nr. 1 bis 4 vor:

Zu 1.:  Die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wurde mit der letzten Offenlage durchgeführt.

Zu 2.:  Es wird angenommen, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht entgegensteht.

Zu 3:   Der Antragsteller hat diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkannt. Ein mögliches Risiko, sollte überhaupt eines bestehen, und die Konsequenzen daraus, trägt in jedem Fall der Antragsteller.

zu 4.:   Zur Erschließung des Areals in der Bahnhofstraße wurde ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, welches u.a. auch die Erschließung des Sondergebietes (Fachmarktzentrum, Hotel und Stadthalle) beinhaltet. Die rechtsverbindlich planfestgestellten Maßnahmen wurden bzw. werden vor der Benutzung umgesetzt. Das Areal ist somit – unabhängig vom Bebauungsplan - als abschließend verkehrsgutachterlich gewürdigt und gesichert erschlossen anzusehen.

 

Der Bürgermeister verwies in seiner mündlichen Antwort auf dieses vom Gesetzgeber vorgesehene Baurecht.

 

Im Übrigen wurde mit der Abwägung zum 3. Entwurf beschlossen, dass der Bebauungsplanentwurf nur in Teilen - und zwar nicht wesentlich geändert - bzw. um Aussagen ergänzt wird und nur eine dementsprechend beschränkte erneute Beteiligung zu diesen Änderungen erfolgt.

 

Zu Frage 3:

Die Rechtslage dazu ist in der Antwort zu 1 erläutert. Ungelöste Konflikte sind aktuell nicht bekannt.

 

Der Fakt, dass die zukünftigen Festsetzungen des Bebauungsplanes durch den Antragsteller anzuerkennen sind, ist eine Voraussetzung zu vorzeitigen Genehmigung (nach § 33 BauGB – siehe oben) und bleibt das Risiko des Antragstellers. Dies es Recht gilt bundesweit.

 

Die Erschließung für das Vorhaben wurde im Zuge des Planfeststellungsverfahrens gesichert, die auch alle Verkehrsauswirkungen und –ströme zum Inhalt hat. Der Planfeststellungsbeschluss ist seit Mai 2018 rechtskräftig. Der Geltungsbereich des Planfeststellungsgebietes sowie die planfestgestellten Maßnahmen werden nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen und können durch diesen nicht „überplant“ werden. Die Erschließung  für das Vorhaben ist somit nicht mehr Regelinhalt des Bebauungsplanes, sondern wird in diesen nachrichtlich übernommen. Die Verkehrsuntersuchung des neuen Bebauungsplanentwurfes betrachtet lediglich noch die „restlichen“ im Geltungsbereich vorhandenen Verkehrswege auf ihre Leistungsfähigkeit.

 

Zu Frage 4.:

Die Antwort dazu ist ausführlich unter Antwort Nr. 1 beschrieben.

 

Die Zeitangaben in den von der Verwaltung vorgelegten Sachstandsberichten stellen im Übrigen lediglich ein unter Einhaltung aller angenommenen Bedingungen geschätztes Zeitfenster dar, diese können durch den Stadtrat weder beschleunigt noch beschlossen werden.

 

Das im letzten Sachstandsbericht genannte Zeitfenster kann aus heutiger Sicht aufgrund der unter Nr. 1 geäußerten personellen Situation in der Fachverwaltung bereits nicht mehr eingehalten werden. Es wäre wie dargestellt seitens des Stadtrates nicht rechtskonform, solche Forderungen zu stellen oder gar erzwingen zu wollen. Es wird in diesem Zusammenhang nachdrücklich um Verzicht auf eine zeitliche Vorgabe des Stadtrates zur Vorlage des Planentwurfes gebeten. Die Verwaltung versichert auch im eigenen Interesse nach Kräften bemüht zu sein, das Verfahren zeitnah erfolgreich weiter zu führen.

 

Zu Frage 5:

Nein.