Betreff
Einwohneranfrage - Prinzipien des Städtebaus bei Neubauvorhaben
Vorlage
EAF-0201/2019
Art
Einwohneranfrage

II. Fragestellung

 

1.      Warum werden häufig die Baufluchten nicht eingehalten und der umgebenden Bebauung (Grundflächenzahl, Höhen, Dachformen usw.) bei Entscheidungsfindungen, so wenig Beachtung geschenkt?

 

2.      Aus welchen Gründen gibt es kaum Vororttermine für den Bauausschuss, damit Eigenart und Besonderheiten der Stadträume/Stadtquartiere mit ihren vielfältigen Bezügen für Neubauvorhaben besser eingeschätzt werden können?

 

3.      Welche städtebaulichen Rahmenpläne (z.B. Dichtepläne, Grünordnungspläne, Denkmalensembleschutz) existieren und sind sie Teil des Stadtentwicklungskonzepts?

 

4.      Wie kann der Städtebau künftig in Eisenach einen höheren Stellenwert im Interesse des Stadtbildes und schließlich einer vorausschauenden Stadtentwicklung erhalten, da städtebauliche Fehler und Missstände nur schwer korrigierbar sind?

 

5.      Welche Möglichkeiten sieht das Baudezernat, vor diesbezüglichen Entscheidungsfindungen auch externen Sachverstand einzubeziehen?


ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

Zu 1.:

Baufluchten, ob faktisch aus der Umgebungsbebauung abgeleitet oder durch Baulinien in Bebauungsplänen festgesetzt, sind einzuhalten, sofern nicht im Einzelfall über städtebaulich vertretbare Abweichungen entschieden wurde. Die pauschal gestellte Frage lässt sich nicht allgemeingültig beantworten, ohne umfänglich das bundesdeutsche Bauplanungsrecht zu kommentieren. In der Regel fehlt es z. B. an konkreten Festsetzungen von Grundflächenzahlen oder Dachformen. Soweit vorhanden, wird in den zuständigen Gremien über Abweichungen von Satzungen oder Bebauungsplänen mehrheitlich entschieden. Hinsichtlich zulässiger Bauhöhen werden in der Regel keine umgebungsuntypischen Bauwerke zugelassen, wobei die Rechtsprechung den Begriff der Umgebung im Sinne des § 34 BauGB relativ großzügig auslegt. Die Fachverwaltung ist hier gehalten, bauplanungsrechtlich einwandfrei und gleichberechtigt zu entscheiden. Hieraus mag sich vereinzelt der Eindruck ergeben, dass es am behutsamen städtebaulichen Vorgehen mangele, was ausdrücklich nicht der Fall ist. Die Abteilung Stadtplanung steht für einen Austausch zum Thema anhand konkreter Fallbeispiele gerne zur Verfügung.

 

Zu 2.:

Über die Erforderlichkeit von Vorortterminen des zuständigen Fachausschusses entscheidet der Ausschuss selbst.

 

Zu 3.:

Städtebauliche Rahmenpläne sind entsprechend der Hierarchie der informellen Planungen aus dem Stadtentwicklungskonzept abzuleiten und existieren in unterschiedlichen Ausprägungen, so z. B. als städtebauliches Konzept, Blockkonzept oder vorbereitende Untersuchung. Dichtepläne sind als Begrifflichkeit unbekannt und existieren nicht. Verschiedene Planungen enthalten Aussagen zur Baumassenverteilung, so z. B. Bebauungspläne. Grünordnungspläne sind Bestandteil jedes qualifizierten Bebauungsplanes, überwiegend in den Satzungsplan integriert. Denkmalensembles sind Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises und nicht hoheitliche Aufgabe der jeweiligen Gemeinde.

 

Zu 4.:

Der Städtebau hat in Eisenach seinen gebührenden Stellenwert. Städtebau befasst sich mit der Gestaltung von Gebäudegruppen, Siedlungen, Stadtteilen und insbesondere mit öffentlichen Räumen. Städtebau kann als Bezeichnung für die sichtbaren und gestalterischen Aspekte der Stadtplanung verstanden werden. Die städtebaulichen Fehler und Missstände sozialistischen Städtebaus waren in Eisenach tatsächlich schwer korrigierbar. Dennoch ist es gelungen, eine vitale Innenstadt zu entwickeln, perforierte Straßenzüge überwiegend maßstäblich wieder zu bebauen und durch Wohnumfeldverbesserung und Stadtumbau die „Errungenschaften“ des sozialistischen Wohnungsbauprogramms weitgehend vergessen zu machen. Das alles sicher nicht fehler- und vor allem nicht konfliktfrei, aber überwiegend außerordentlich erfolgreich.

 

Gerade bei den Bemühungen um die Stadtbildpflege als Programmgemeinde des städtebaulichen Denkmalschutzes galt und gilt es, den Erhalt des historischen Stadtgrundrisses mit vielgestaltigen baukulturellen Anstrengungen zu verknüpfen, ob durch Erhalt historischer Bausubstanz und ihrer überlieferten baugestalterischen Merkmale oder durch Implementierung modernen Architekturqualität, zu der es natürlich besonders breit gefächerte subjektive Auffassungen und Wahrnehmungen gibt.

 

Welches die „wichtigsten bewährten Prinzipien des Städtebaus“ bei Neubauvorhaben sind, welche durch die Planungsverwaltung „ganz offensichtlich“ sowohl im historischen Kontext als auch bei neu angelegten Straßenzügen oder neuen Siedlungen im Umfeld eingemeindeter Dörfer außer Acht gelassen werden, bedarf einer weitergehenden Erörterung mit dem Fragesteller. Die dazu genannten Beispiele „Fischweide/Karolinenstraße, Palmental, Kapellenstraße und Stregda“ sind für einen zielgerichteten Dialog zu der Thematik weder konkret genug verortet noch ausreichend begründet.

 

Zu 5.:

Das Baudezernat zieht regelmäßig externen Sachverstand bei unterschiedlichen Problemstellungen hinzu. Dies ist im Einzelfall zu entscheiden.