Betreff
Bebauungsplan der Stadt Eisenach Nr. 50 „Sondergebiet Windenergie am Reitenberg“ Neukirchen, hier: Aufstellungsbeschluss
Vorlage
1345-StR/2019
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

1.      die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 50 „Sondergebiet Windenergie am Reitenberg“ Neukirchen gemäß § 2 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) für den in den Anlagen 1 und 2 dargestellten Geltungsbereich. Das Planungsziel besteht in der Entwicklung eines Sondergebietes mit der Zweckbestimmung „Gebiet für Windenergieanlagen“.

2.      Der Geltungsbereich des Bebauungsplans ist in zwei Teilflächen untergliedert.

Der Geltungsbereich für die Teilfläche 1 in der Gemarkung Neukirchen, Flur 5 wird begrenzt (siehe Anlage 1):

  • im Norden durch die Gemarkungsgrenze zwischen den Gemarkungen Neukirchen und Lauterbach
  • im Osten durch die Gemarkungsgrenze zwischen den Gemarkungen Neukirchen und Bischofroda
  • im Westen durch die Trasse der Landstraße L 1016 (Flurstück-Nr. 494/1)
  • im Süden durch die südliche Flurstückgrenze des Flurstücks Nr. 505/1 sowie Teile der Flurstücke, 512, 513, 514, 515, 516, 517, jeweils bis zu einer Grundstückstiefe von 60 m, parallel zur südlichen Flurstückgrenze des Flurstückes Nr. 503; Teile der Flurstücke Nr. 524/1, 525/1, 526/1, 527/1, 528/1, 529/1, 530/1, jeweils von der südwestlichen Ecke des Flurstücks Nr. 518 bis zum südöstlichen Ecke des Flurstücks Nr. 530/1 am Schnittpunkt mit der Gemarkungsgrenze.

Der Geltungsbereich für die Teilfläche 2 in der Gemarkung Neukirchen, Flure 3, 4, 6 und 7, wird begrenzt (siehe Anlage 2):

  • im Norden durch die nördliche Flurstückgrenze der Flurstücke Nr. 407, 408, 409, 410, 411, 412 und 413, durch die nördliche Flurstückgrenze des Flurstücks Nr. 406/1 (Weg, innenliegend) von Flurstück Nr. 414 bis Flurstück Nr. 422/1 (außenliegend) und durch die nördliche Flurstückgrenze des Flurstücks Nr. 549/5, die westliche Flurstückgrenze des Flurstücks Nr. 550 von der südöstlichen Ecke des Flurstücks Nr. 548/1 bis zur Gemarkungsgrenze im Norden sowie durch die Gemarkungsgrenze zwischen den Gemarkungen Neukirchen und Bischofroda
  • im Osten durch die Gemarkungsgrenze zwischen den Gemarkungen Neukirchen und Bischofroda
  • im Süden durch das Flurstück 316/1 (Kreisstraße K4, außenliegend), das Flurstück-Nr. 571/1 (Landstraße L 1016, außenliegend), durch die südliche Flurstückgrenze des Flurstücks Nr. 697/1 bis zum Flurstück Nr. 736, durch die westliche Flurstückgrenze des Flurstücks Nr. 736, durch die südliche Flurstückgrenze der Flurstücke 723 bis 736, durch die westliche Flurstückgrenze der Flurstücke Nr. 757 und 792  sowie durch die südliche Flurstückgrenze der Flurstücke Nr. 776 bis 792
  • im Westen durch die Gemarkungsgrenze zwischen den Gemarkungen Neukirchen und Ütteroda.

3.      Die Aufstellung ist gemäß § 2 Absatz 1 BauGB ortsüblich bekannt zu machen.


II. Begründung:

 

Zu 1.) Erforderlichkeit des Aufstellungsbeschlusses (Planungserfordernis)

Der Regionalplan Südwestthüringen (in der Fassung vom 09.05.2011 sowie vom 30.07.2012 - 1. Änderung, Teil 3.2.2 Vorranggebiete Windenergie) sieht im nördlichen Gebiet der Stadt Eisenach die beiden Vorranggebiete Windenergie W-2 „Reitenberg Nord II /Eisenach“ und W-3 „Reitenberg bei Neukirchen / Eisenach, Krauthausen“ als Ziele der Raumordnung Z 3-6 verbindlich vor.

 

Der Flächennutzungsplan der Stadt Eisenach (i.d.F.d. Bekanntmachung vom 01.06.2017) weist in den Bereichen zwei Sondergebiete Windenergie nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB aus, die den Flächen der Vorranggebiete Windenergie W-2 und W-3 aus dem Regionalplan Südwestthüringen (nachrichtliche Übernahme, Anpassung an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB) entsprechen. 

 

Mit der Aufstellung des o.g. Bebauungsplans werden die Ziele des Regionalplans Südwestthüringen und des Flächennutzungsplans der Stadt Eisenach verfolgt und konkretisiert. Die Stadt Eisenach möchte die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Feinsteuerung der verschiedenen Nutzungsinteressen im Sondergebiet Windkraft schaffen und Einfluss darauf nehmen, wie eine Entwicklung der Windenergienutzung auf ihrem Gemeindegebiet erfolgen soll.  Insofern ist die Einleitung des Bauleitplanverfahrens städtebaulich erforderlich.

 

Für das Gesamtgebiet sind folgende grundlegende Planungsziele formulierbar:

a)      Art der baulichen Nutzung: sonstiges Sondergebiet gemäß § 11 Baunutzungsverordnung (BauNVO) mit der Zweckbestimmung „Gebiet für Windenergieanlagen“

b)      Allgemein zulässig innerhalb des Sondergebiets nach § 11 BauNVO sind: Windenergieanlagen, Wege und Verkehrsflächen zur Erschließung der Anlagen sowie ggf. naturschutzrechtliche Kompensationsflächen

c)      Maß der baulichen Nutzung: es soll eine maximale Gesamthöhe der Windenergieanlagen (§ 18 BauNVO) und eine maximal überbaubare Grundfläche für die befestigten Fundamente der Anlagen (§ 19 BauNVO) festgesetzt werden

d)     Flächen für die Landwirtschaft und Wald nach § 9 Abs.1 Nr. 18 BauGB

 

Städtebauliche Zielstellung

Die Stadt Eisenach beabsichtigt durch die Aufstellung des o.g. Bebauungsplanes die Gestaltung der im aktuellen Regionalplan Südwestthüringen ausgewiesenen Vorranggebiete Windenergie W-2 „Reitenberg Nord II /Eisenach“ und W-3 „Reitenberg bei Neukirchen / Eisenach, Krauthausen“ im Hinblick auf die Errichtung weiterer Windenergieanlagen und ein Repowering/Ersatz bestehender Anlagen bauplanungsrechtlich zu steuern.

 

Durch konkrete Festsetzungen zum Standort und zur Dimension der Windkraftanlagen sollen deren Auswirkungen auf die nahe gelegenen Siedlungsbereiche sowie auf das Natur- und Landschaftsbild, insbesondere im Zusammenhang mit den Weltkultur- und Weltnaturerbestätten Wartburg und Hainich, besser beurteilbar und mit den städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen in Einklang gebracht werden. Es soll eine maximale Gesamthöhe der Anlagen festgesetzt werden, die so zu wählen ist, dass eine wirtschaftliche und effektive Nutzung des Plangebiets durch die Windenergie nicht ausgeschlossen ist, aber gleichzeitig ein ausreichender Schutz für die nahe gelegenen Ortslagen und das Landschaftsbild sowie die Weltkulturerbestätte vor Beeinträchtigungen gewährleistet werden kann. Ziel des Bebauungsplanes ist es zudem, die landwirtschaftlichen Nutzflächen im Plangebiet, die auch zukünftig flächenmäßig den Großteil der Flächen ausmachen werden, zu sichern und deren Inanspruchnahme bauzeitlich als auch anlagebedingt auf das unbedingt Notwendige zu begrenzen.

 

Die Aufstellung des o.g. Bebauungsplanes ist auch insbesondere zur Abwendung einer Gefährdung des Weltkulturerbestatus der Wartburg erforderlich. Durch die Errichtung von Windkraftanlagen im Umfeld der Wartburg werden deren „visuelle Integrität“ und ihre landschaftliche Einbettung beeinträchtigt. Konstituierend für das Kulturdenkmal Wartburg und die Eintragung in die UNESCO Weltkulturerbeliste ist die exponierte Lage der Burg als Inbegriff einer mittelalterlichen Höhenburg oberhalb der Stadt Eisenach. Dabei spielen Sichtbeziehungen und Fernblicke eine wesentliche prägende Rolle. Die Wahrnehmung der Landschaft von der Burg aus wird durch die Windanlagen in den o.g. Vorranggebieten bereits gegenwärtig massiv gestört. Durch das Repowering, i.d. R. in Form eines Ersatzes der bestehenden durch höhere Anlagen, verschärft sich diese Beeinträchtigung zunehmend. In das über Jahrhunderte weitestgehend ruhige Landschaftsbild wird eine bisher unbekannte Dynamik eingetragen. Die Windkraftanlagen treten in Konkurrenz zur bisher einzigen baulichen Dominante im Landschaftsraum, der Wartburg (siehe Anlage 3 – Stellungnahme der ICOMOS – International Council on Monuments and Sites vom 19.12.2018).

 

Zu 2.) Abgrenzung des Geltungsbereiches

Das Plangebiet des o.g. Bebauungsplanes befindet sich am nördlichen Rand des Gebiets der Stadt Eisenach. Der Geltungsbereich umfasst die Flächen der Vorranggebiete Windenergie W-2 „Reitenberg Nord II /Eisenach“ und W-3 „Reitenberg bei Neukirchen / Eisenach, Krauthausen“ aus dem Regionalplan Südwestthüringen bzw. der Sondergebiete Windkraft nach dem Flächennutzungsplan der Stadt Eisenach (siehe Anlage 3 – Auszug aus dem Regionalplan Südwestthüringen).

 

Die Teilfläche 1 des Geltungsbereiches entspricht dem Vorranggebiet W-2 „Reitenberg Nord II /Eisenach“, die Teilfläche 2 dem Vorranggebiet W-3 „Reitenberg bei Neukirchen / Eisenach, Krauthausen“. Der Geltungsbereich ist insgesamt ca. 250 ha groß und wird derzeit neben der Windenergienutzung größtenteils intensiv landwirtschaftlich genutzt. Im Plangebiet sind aktuell bereits 29 Windenergieanlagen vorhanden bzw. genehmigt (Stand zum 09.04.2019). Zwischen den beiden Teilflächen liegt außerdem das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 46 “Auf dem Reitenberg“ (Rechtskraft seit 09.02.2013).

 

Aufgrund der Größe des Plangebietes zum o.g. Bebauungsplan umfasst der Geltungsbereich eine große Anzahl an Flurstücken. Die genaue Abgrenzung des Geltungsbereiches und die Nummern der betroffenen Flurstücke sind der grafischen Darstellung des Geltungsbereiches gemäß den Anlagen 1. und 2 der Vorlage zu entnehmen.

 

Die sich aus der maßstäblichen Unschärfe des Regionalplanes ergebende Erforderlichkeit zur Definition eines 100 Meter breiten Konkretisierungsraumes, in welchem durch die Genehmigungsbehörde im Einzelfall über die Lage einer Windkraftanlage innerhalb oder außerhalb des Windvorranggebietes zu entscheiden ist, wird durch die präzise, parzellenscharfe Abgrenzung des Geltungsbereiches entbehrlich. Durch den Bebauungsplan werden zukünftig alle am Verfahren Beteiligten Sicherheit über die Zugehörigkeit einer Grundstücksfläche zum Windvorranggebiet erlangen.

 

Zu 3.) Erfordernis der ortsüblichen Bekanntmachung

Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 1 BauGB ist der Beschluss über die Aufstellung eines Bauleitplanes ortsüblich bekannt zu machen.

 

Finanzierung:

Bauleitpläne gehören zu den pflichtigen Aufgaben der Gemeinde. Sie sind aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB). Für die Gemeinde ergibt sich aus dem ermittelten Planungserfordernis daraus unmittelbar die Verpflichtung zur Planung. Im konkreten Fall ist die Planung erforderlich, um die eine städtebaulich verträgliche und gesteuerte Entwicklung der Windenergienutzung am Reitenberg zu ermöglichen, insbesondere um den Weltkulturerbestatus der Wartburg nicht durch eine ungeordnete Erweiterung des Windparks und ein Repowering der bestehenden Anlagen am Reitenberg zu gefährden.

 

Durch das Bauleitplanverfahren entstehen der Stadt Eisenach Planungskosten in Höhe von ca. 200.000 Euro (Grobkostenschätzung). Die Finanzierung soll 2019 beginnend über die HH-Stellen 61000.655000 (Flächennutzungs- und Bebauungspläne) und 02400.653000 (Öffentliche Bekanntmachungen) erfolgen.


Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1 – Geltungsbereich Teilfläche 1 – grafische Darstellung

Anlage 2 – Geltungsbereich Teilfläche 2 – grafische Darstellung

Anlage 3 – Auszug aus dem Regionalplan Südwestthüringen

Anlage 4 – Stellungnahme der ICOMOS vom 19.12.2018