II. Fragestellung
1. Wie hoch lag/liegt der Anteil der leistungsberechtigten Familien in der Stadt Eisenach, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket beantragt bzw. erhalten haben und welche jährlichen Gesamtsummen wurden diesbezüglich in Eisenach in den vergangenen Jahren ausgezahlt (Gesamtsummen und Familienanteile bitte ab 2014 in Jahresscheiben angeben; Familienanteile bitte nach Antrag stellenden Familien und bezuschussten Familien differenzieren)?
2. Sofern die Eisenacher Anteile unter dem Bundes- bzw. Landesschnitt liegen sollten: Womit begründet die Stadtverwaltung diesen Umstand und welche Möglichkeiten sieht die Stadtverwaltung, eine stärkere Inanspruchnahme durch bedürftige Familien und deren Kinder zu erreichen (insbesondere im Bereich der Kultur-, Sport- und Freizeitangebote)?
3. Wie verteilten sich die ausgezahlten Leistungen im Einzelnen (prozentuale Anteile und absolute Beträge; bitte in Jahresscheiben ab 2014 angeben; differenziert nach Schul- und Klassenfahrten, Schulbedarf, Schülerbeförderung, Mittagessen, Nachhilfe, Teilhabe an Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten)?
ich beantworte Ihre
Anfrage wie folgt:
Vorbemerkung
In der Vorbemerkung zur Anfrage „Bildungs- und Teilhabe-Paket in
Eisenach“ wird ausgeführt:
„Laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nutzten nur 8
Prozent der berechtigten Familien die Leistungen des Bildungs- und
Teilhabe-Pakets.“
Hierzu ist festzuhalten:
Die Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bezieht sich auf die
Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch
(SGB II).
Diese Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 7 SGB
II beinhaltet:
„Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen
Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich
berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang
mit der Teilnahme an
- Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel,
Kultur und Geselligkeit,
- Unterricht in künstlerischen Fächern (zum
Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der
kulturellen Bildung und
- Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung
von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen
berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an
Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den
Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den
Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.“
Die Leistungen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets umfassen aber gemäß
§ 28 SGB II:
-
Zuschuss zum persönlichen Schulbedarf
-
Finanzierung der gemeinsamen Mittagsverpflegung in Schulen und
Tageseinrichtungen
-
Schülerbeförderungskosten
-
Finanzierung von Lernförderung
-
Finanzierung von mehrtägigen Klassenfahrten und eintägigen Ausflügen in
Schulen und Kindertagesstätten
-
Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben
Wie in der Studie weiter ausgeführt, werden die soziokulturellen
Teilhabeleistungen bis zum 18. Lebensjahr gewährt.
Allerdings beschränkt sich die vorliegende Expertise auf
die in der Statistik abgebildete Altersgruppe der 6 bis unter 15-jährigen
als primäre Zielgruppe der Leistung.
Die Lesart der Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes durch die
Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion „Laut einer Studie des Paritätischen
Wohlfahrtsverbandes nutzten nur 8 Prozent der berechtigten Familien die Leistungen
des Bildungs- und Teilhabe-Pakets.“ ist daher nicht korrekt, da sich die 8
Prozent lediglich auf die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben beziehen
und nicht auf die Gesamtleistungen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets.
Zu 1.
Fallzahlen
Bis Ende 2017 wurde im Sozialamt das Bearbeitungsprogramm ProSoz S
verwendet. Aus dieser Anwendung konnten keine statistischen Daten über die
Antragsteller entnommen werden. Die statistischen Angaben für BuT aus dem im
Jahr 2018 eingeführte OPEN ProSoz waren im Einführungsjahr teilweise noch
fehlerhaft.
Lt. einer Statistik vom Jobcenter Eisenach, welche von der Bundesagentur
für Arbeit erstellt wurde, ergeben sich nachstehende Fallzahlen zu den
leistungsberechtigten Personen nach dem SGB II
6
bis unter 15 Jahren 3 bis
unter 18 Jahren
Dezember 2014 626 1.013
Dezember 2015 628 1.005
Dezember 2016 658 1.028
Dezember 2017 736 1.112
Dezember 2018 668 1.068
(Offizielle Statistik Bundesagentur für Arbeit)[1]
Juni 2019 (Abfrage im Jobcenter Eisenach) 997
Laut der aktuellen statistischen Meldung für die SGB II-Leistungsbezieher
an die Agentur für Arbeit ergeben sich folgende Zahlen zu Kindern und
Jugendlichen, die tatsächlich BuT-Leistungen in Anspruch nehmen:
LB
mit Bedarf mit
Leistungsanspruch soz./kult. Teilhabe
Juni 2019 748 654
Juli 2019 749 652
August 2019 820 635
insgesamt gemeldet, ohne Trennung nach Alterskohorten.
(LB = Leistungsberechtigte)
(Technische Information und Qualitätsrückmeldung – nicht zur
Veröffentlichung zu verwenden, keine amtliche Statistik)
Damit haben im Juni 2019 von den 997 SGB II-leistungsberechtigten Kindern
und Jugendlichen tatsächlich 748 Personen BuT-Leistungen und davon 654
Leistungen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in Anspruch genommen.
Das entspricht einer Inanspruchnahme von insgesamt 75 % bzw. 65 % für
soziale und kulturelle Teilhabeleistungen.
Die Zahlen für leistungsberechtigte Personen für Bildung und Teilhabe
nach dem Wohngeldgesetz werden nicht erfasst.
Die Zahl der Leistungsberechtigten mit Kinderzuschlag ist immer
schwankend. Hierzu liegen keine statistischen Angaben vor, da die Zahlung des
Kinderzuschlags durch die unterschiedlichsten einzelnen Kindergeldkassen
erfolgt.
Wie bereits in der Studie ausgeführt gibt es „keine bundeseinheitliche
Statistik, aus der die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung ersichtlich
ist.“ Die vorliegenden Daten beziehen sich lediglich auf den Bereich des SGB
II.
Ausgaben
In der Expertise sind lediglich Angaben über die Gesamtausgaben der
einzelnen Bundesländer aufgeführt.
Für die Stadt Eisenach ergaben sich nachstehende Gesamtausgaben für
Bildung und Teilhabe aller Rechtskreise (SGB II, SGB XII, BKGG, WoG, AsybLG)
Jahr |
Gesamtausgaben BuT |
davon für soz./kult. Teilhabe |
2014 |
329.554,98 € |
31.985,63 € |
2015 |
343.154,32 € |
27.752,41 € |
2016 |
394.382,46 € |
28.155,74 € |
2017 |
400.978,65 € |
21.578,25 € |
2018 |
376.920,24 € |
21.712,90 € |
Stand 16.10.2019 |
313.518,17 € |
13.524,75 € |
Eine Aussage zu den Familienanteilen kann nicht getroffen werden.
Zu 2.
In der Expertise werden im Juli 2018 für die Stadt Eisenach als Bestand
641 Leistungsberechtigte nach dem SGB II angeführt, wovon 66 Personen
Leistungen für soziale und kulturelle Teilhabe bezogen haben.
Wie bereits oben angeführt, kann diese Angabe nicht korrekt sein.
Seitens des Sozialamtes wird davon ausgegangen, dass es sich um
fehlerbehaftete statistische Angaben handelt. Das
Sozialhilfe-Bearbeitungsprogramm OPEN ProSoz wurde mit Beginn des Jahres 2018
neu eingeführt – erste Erfassungsfehler wurden erst im Laufe bzw. zum Ende des
Jahres behoben.
Derzeit sind 50 Vereine und Verbände, Musikschulen, etc. registriert, die
entsprechend der Antragsstellung der leistungsberechtigten Kinder und
Jugendlichen den Mitgliedsbeitrag oder die Teilnahmegebühren über das BuT
erhalten.
Die vorliegenden Zahlen der Expertise von 2018 für Thüringen belegen,
dass Eisenach sich an sechster Stelle in der Tabelle befindet und, dass sich
von zweiter bis sechster Stelle kein sehr großer Unterschied bemerkbar macht.
(Die lückenhafte Erfassung von statistischen Zahlen innerhalb der
Expertise – auch für Thüringen – zeigt aber auch deutlich auf, dass eine
statistische Erfassung sich als sehr schwierig darstellt, da es keine Vorgaben
zur Erfassung gibt.)
Während aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung des Schulbesuches, die
Inanspruchnahme der BuT-Leistungen (Klassenfahrten, Schulausflüge) geradezu
obligatorisch ist, um die Teilnahme an der schulischen Veranstaltung
sicherzustellen, ist die Inanspruchnahme von sozialer und kultureller Teilhabe
eine freiwillige, individuell interessensabhängige Inanspruchnahme und sollte
daher nicht als Bemessungsgrundlage für die generelle Inanspruchnahme der
BuT-Leistungen herangezogen werden.
Bürgerinnen und Bürger, welche für ihre Kinder Leistungen des Bildungs-
und Teilhabepakets beantragen, erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen –
Leistungsgewährung SGB II, BKGG, SGB XII, AsylbLG – grundsätzlich die
Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets bewilligt und bezahlt.
In Eisenach erfolgt die Beantragung und Bewilligung der BuT-Leistungen
für alle Rechtskreise beim Sozialamt.
Damit ist gewährleistet, dass unabhängig eines Wechsels zum Beispiel vom
SGB II in die Wohngeldgewährung (oder umgekehrt) oder des Rechtskreiswechsels
vom AsylbLG in das SGB II immer der gleiche Ansprechpartner / die gleiche
Ansprechpartnerin für die BuT-Leistungen zur Verfügung steht.
Somit haben auch die Kindertagesstätten, die Schulen in der Stadt
Eisenach, die Vereine und Verbände immer mit den gleichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zu tun.
Es gibt nur eine Anlaufstelle in Eisenach für das Bildungs- und
Teilhabepaket.
Eine sehr enge Zusammenarbeit erfolgt durch das Sozialamt mit den
Kindertagesstätten, den Schulen, den Vereinen und Verbänden, den
Nachhilfeeinrichtungen für die Lernförderung, den Leistungsanbietern der
gemeinschaftlichen Mittagsversorgung.
Durch die eintägigen Schul-und Kitaausflüge sowie die Klassenfahrten
sollte die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Seitens der
Schulen und der Lehrer erfolgt immer der Hinweis auf die Inanspruchnahme der BuT-Leistungen,
damit alle Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen können. Teilweise erfolgt
die Antragsstellung hierfür in Abstimmung mit den Eltern direkt über die
Schule.
Es kann allerdings keine Aussage dazu getroffen werden, inwieweit Eltern
mit einem SGB II-Leistungsbezug, mit einem Wohngeldbezug oder dem Bezug von
Kinderzuschlag die Leistungen für Bildung und Teilhabe nicht in Anspruch nehmen
wollen und anfallende Kosten für Klassenfahrten etc. aus den ihnen zur
Verfügung stehenden Mitteln selber bezahlen.
Seitens der Schulen und Lehrer erfolgt ebenfalls der Hinweis auf die
Inanspruchnahme von Lernförderung sobald erkennbar ist, dass Schülerinnen und
Schüler diese benötigen. Dass, die Möglichkeit der Lernförderung sehr stark in
Anspruch genommen wird, zeigen die Ausgaben hierzu in der als Anlage
beigefügten Tabelle.
Weiterhin wurde durch das Jobcenter Eisenach ein spezieller Flyer für das
Bildungs- und Teilhabepaket in der Stadt Eisenach herausgegeben und dieser
regelmäßig überarbeitet und angepasst.
Zu 3.
Siehe Anlage
[1] Diese Angaben sind jeweils die Fallzahlen aus dem Monat Dezember und können über das Jahr verteilt schwanken.