Betreff
Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion - Bildungs- und Teilhabepaket in Eisenach
Vorlage
AF-0037/2019
Art
Anfrage

II. Fragestellung

 

1.      Wie hoch lag/liegt der Anteil der leistungsberechtigten Familien in der Stadt Eisenach, die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket beantragt bzw. erhalten haben und welche jährlichen Gesamtsummen wurden diesbezüglich in Eisenach in den vergangenen Jahren ausgezahlt (Gesamtsummen und Familienanteile bitte ab 2014 in Jahresscheiben angeben; Familienanteile bitte nach Antrag stellenden Familien und bezuschussten Familien differenzieren)?

 

2.      Sofern die Eisenacher Anteile unter dem Bundes- bzw. Landesschnitt liegen sollten: Womit begründet die Stadtverwaltung diesen Umstand und welche Möglichkeiten sieht die Stadtverwaltung, eine stärkere Inanspruchnahme durch bedürftige Familien und deren Kinder zu erreichen (insbesondere im Bereich der Kultur-, Sport- und Freizeitangebote)?

 

3.      Wie verteilten sich die ausgezahlten Leistungen im Einzelnen (prozentuale Anteile und absolute Beträge; bitte in Jahresscheiben ab 2014 angeben; differenziert nach Schul- und Klassenfahrten, Schulbedarf, Schülerbeförderung, Mittagessen, Nachhilfe, Teilhabe an Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten)?


ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

Vorbemerkung

 

In der Vorbemerkung zur Anfrage „Bildungs- und Teilhabe-Paket in Eisenach“ wird ausgeführt:

„Laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nutzten nur 8 Prozent der berechtigten Familien die Leistungen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets.“

 

Hierzu ist festzuhalten:

 

Die Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bezieht sich auf die Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

 

Diese Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II beinhaltet:

 

„Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

  1. Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
  2. Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
  3. Freizeiten.

Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.“

Die Leistungen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets umfassen aber gemäß

§ 28 SGB II:

-       Zuschuss zum persönlichen Schulbedarf

-       Finanzierung der gemeinsamen Mittagsverpflegung in Schulen und Tageseinrichtungen

-       Schülerbeförderungskosten

-       Finanzierung von Lernförderung

-       Finanzierung von mehrtägigen Klassenfahrten und eintägigen Ausflügen in Schulen und Kindertagesstätten

-       Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben

 

Wie in der Studie weiter ausgeführt, werden die soziokulturellen Teilhabeleistungen bis zum 18. Lebensjahr gewährt.

Allerdings beschränkt sich die vorliegende Expertise auf die in der Statistik abgebildete Altersgruppe der 6 bis unter 15-jährigen als primäre Zielgruppe der Leistung.

 

Die Lesart der Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes durch die Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion „Laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes nutzten nur 8 Prozent der berechtigten Familien die Leistungen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets.“ ist daher nicht korrekt, da sich die 8 Prozent lediglich auf die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben beziehen und nicht auf die Gesamtleistungen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets.

 

Zu 1.

 

Fallzahlen

Bis Ende 2017 wurde im Sozialamt das Bearbeitungsprogramm ProSoz S verwendet. Aus dieser Anwendung konnten keine statistischen Daten über die Antragsteller entnommen werden. Die statistischen Angaben für BuT aus dem im Jahr 2018 eingeführte OPEN ProSoz waren im Einführungsjahr teilweise noch fehlerhaft.

 

Lt. einer Statistik vom Jobcenter Eisenach, welche von der Bundesagentur für Arbeit erstellt wurde, ergeben sich nachstehende Fallzahlen zu den leistungsberechtigten Personen nach dem SGB II

 

                                   6 bis unter 15 Jahren              3 bis unter 18 Jahren

Dezember 2014          626                                                     1.013

Dezember 2015          628                                                     1.005

Dezember 2016          658                                                     1.028

Dezember 2017          736                                                     1.112

Dezember 2018          668                                                     1.068

(Offizielle Statistik Bundesagentur für Arbeit)[1]

Juni 2019 (Abfrage im Jobcenter Eisenach)                 997

 

Laut der aktuellen statistischen Meldung für die SGB II-Leistungsbezieher an die Agentur für Arbeit ergeben sich folgende Zahlen zu Kindern und Jugendlichen, die tatsächlich BuT-Leistungen in Anspruch nehmen:

 

                                   LB mit Bedarf            mit Leistungsanspruch soz./kult. Teilhabe

Juni 2019                    748                             654

Juli 2019                     749                             652

August 2019               820                             635

 

insgesamt gemeldet, ohne Trennung nach Alterskohorten.

(LB = Leistungsberechtigte)

(Technische Information und Qualitätsrückmeldung – nicht zur Veröffentlichung zu verwenden, keine amtliche Statistik)

 

Damit haben im Juni 2019 von den 997 SGB II-leistungsberechtigten Kindern und Jugendlichen tatsächlich 748 Personen BuT-Leistungen und davon 654 Leistungen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in Anspruch genommen.

Das entspricht einer Inanspruchnahme von insgesamt 75 % bzw. 65 % für soziale und kulturelle Teilhabeleistungen.

 

Die Zahlen für leistungsberechtigte Personen für Bildung und Teilhabe nach dem Wohngeldgesetz werden nicht erfasst.

Die Zahl der Leistungsberechtigten mit Kinderzuschlag ist immer schwankend. Hierzu liegen keine statistischen Angaben vor, da die Zahlung des Kinderzuschlags durch die unterschiedlichsten einzelnen Kindergeldkassen erfolgt.

Wie bereits in der Studie ausgeführt gibt es „keine bundeseinheitliche Statistik, aus der die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung ersichtlich ist.“ Die vorliegenden Daten beziehen sich lediglich auf den Bereich des SGB II.

 

 

Ausgaben

In der Expertise sind lediglich Angaben über die Gesamtausgaben der einzelnen Bundesländer aufgeführt.

 

Für die Stadt Eisenach ergaben sich nachstehende Gesamtausgaben für Bildung und Teilhabe aller Rechtskreise (SGB II, SGB XII, BKGG, WoG, AsybLG)

 

 

 

Jahr

Gesamtausgaben

BuT

davon für soz./kult. Teilhabe

2014

329.554,98 €

31.985,63 €

2015

343.154,32 €

27.752,41 €

2016

394.382,46 €

28.155,74 €

2017

400.978,65 €

21.578,25 €

2018

376.920,24 €

21.712,90 €

Stand 16.10.2019

313.518,17 €

13.524,75 €

 

 

Eine Aussage zu den Familienanteilen kann nicht getroffen werden.

 

 

Zu 2.

 

In der Expertise werden im Juli 2018 für die Stadt Eisenach als Bestand 641 Leistungsberechtigte nach dem SGB II angeführt, wovon 66 Personen Leistungen für soziale und kulturelle Teilhabe bezogen haben.

 

Wie bereits oben angeführt, kann diese Angabe nicht korrekt sein.

Seitens des Sozialamtes wird davon ausgegangen, dass es sich um fehlerbehaftete statistische Angaben handelt. Das Sozialhilfe-Bearbeitungsprogramm OPEN ProSoz wurde mit Beginn des Jahres 2018 neu eingeführt – erste Erfassungsfehler wurden erst im Laufe bzw. zum Ende des Jahres behoben.

 

Derzeit sind 50 Vereine und Verbände, Musikschulen, etc. registriert, die entsprechend der Antragsstellung der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen den Mitgliedsbeitrag oder die Teilnahmegebühren über das BuT erhalten.

 

Die vorliegenden Zahlen der Expertise von 2018 für Thüringen belegen, dass Eisenach sich an sechster Stelle in der Tabelle befindet und, dass sich von zweiter bis sechster Stelle kein sehr großer Unterschied bemerkbar macht.

(Die lückenhafte Erfassung von statistischen Zahlen innerhalb der Expertise – auch für Thüringen – zeigt aber auch deutlich auf, dass eine statistische Erfassung sich als sehr schwierig darstellt, da es keine Vorgaben zur Erfassung gibt.)

 

Während aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung des Schulbesuches, die Inanspruchnahme der BuT-Leistungen (Klassenfahrten, Schulausflüge) geradezu obligatorisch ist, um die Teilnahme an der schulischen Veranstaltung sicherzustellen, ist die Inanspruchnahme von sozialer und kultureller Teilhabe eine freiwillige, individuell interessensabhängige Inanspruchnahme und sollte daher nicht als Bemessungsgrundlage für die generelle Inanspruchnahme der BuT-Leistungen herangezogen werden.

 

Bürgerinnen und Bürger, welche für ihre Kinder Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets beantragen, erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen – Leistungsgewährung SGB II, BKGG, SGB XII, AsylbLG – grundsätzlich die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets bewilligt und bezahlt.

 

In Eisenach erfolgt die Beantragung und Bewilligung der BuT-Leistungen für alle Rechtskreise beim Sozialamt.

 

Damit ist gewährleistet, dass unabhängig eines Wechsels zum Beispiel vom SGB II in die Wohngeldgewährung (oder umgekehrt) oder des Rechtskreiswechsels vom AsylbLG in das SGB II immer der gleiche Ansprechpartner / die gleiche Ansprechpartnerin für die BuT-Leistungen zur Verfügung steht.

Somit haben auch die Kindertagesstätten, die Schulen in der Stadt Eisenach, die Vereine und Verbände immer mit den gleichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tun.

 

Es gibt nur eine Anlaufstelle in Eisenach für das Bildungs- und Teilhabepaket.

 

Eine sehr enge Zusammenarbeit erfolgt durch das Sozialamt mit den Kindertagesstätten, den Schulen, den Vereinen und Verbänden, den Nachhilfeeinrichtungen für die Lernförderung, den Leistungsanbietern der gemeinschaftlichen Mittagsversorgung.

 

Durch die eintägigen Schul-und Kitaausflüge sowie die Klassenfahrten sollte die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler erreicht werden. Seitens der Schulen und der Lehrer erfolgt immer der Hinweis auf die Inanspruchnahme der BuT-Leistungen, damit alle Schülerinnen und Schüler daran teilnehmen können. Teilweise erfolgt die Antragsstellung hierfür in Abstimmung mit den Eltern direkt über die Schule.

 

Es kann allerdings keine Aussage dazu getroffen werden, inwieweit Eltern mit einem SGB II-Leistungsbezug, mit einem Wohngeldbezug oder dem Bezug von Kinderzuschlag die Leistungen für Bildung und Teilhabe nicht in Anspruch nehmen wollen und anfallende Kosten für Klassenfahrten etc. aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln selber bezahlen.

 

Seitens der Schulen und Lehrer erfolgt ebenfalls der Hinweis auf die Inanspruchnahme von Lernförderung sobald erkennbar ist, dass Schülerinnen und Schüler diese benötigen. Dass, die Möglichkeit der Lernförderung sehr stark in Anspruch genommen wird, zeigen die Ausgaben hierzu in der als Anlage beigefügten Tabelle.

 

Weiterhin wurde durch das Jobcenter Eisenach ein spezieller Flyer für das Bildungs- und Teilhabepaket in der Stadt Eisenach herausgegeben und dieser regelmäßig überarbeitet und angepasst.

 

 

Zu 3.

 

Siehe Anlage



[1] Diese Angaben sind jeweils die Fallzahlen aus dem Monat Dezember und können über das Jahr verteilt schwanken.