II. Fragestellung
1. Wie begründet
die Stadtverwaltung ihre Entscheidung?
2. In wie weit
wurde das Verfahren mit den Vertragspartnern kommuniziert und transparent
gemacht?
ich beantworte Ihre
Anfrage wie folgt:
zu 1.
Im
Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) und im Rahmen der
anstehenden Fusion zwischen dem Wartburgkreis und der Stadt Eisenach haben die
beiden Sozialämter Eisenach und Wartburgkreis die bereits bestehende sehr gute
Zusammenarbeit weiter verstärkt und ausgebaut.
Auch
vor dem Hintergrund, dass die Leistungserbringer übergreifend in der Stadt
Eisenach und dem Wartburgkreis tätig sind.
Mit
Schreiben vom 23.03.2020 formulierte die Ministerin Frau Heike Werner die Bitte
an die Träger der Eingliederungshilfe, die Vergütung ohne entsprechende
Grundlage weiter zu zahlen.
Allerdings
wurde bereits zwei Tage später das SodEG im Entwurf vorgstellt und zwei Tage
später ausgefertigt. Aus dessen Gesetzesbegründung ergibt sich noch einmal,
dass die EGH-Träger ohne das SodEG keine rechtliche Grundläge hätten, die
Leistungserbringer, ohne dass Leistungen erbracht werden, weiter zu vergüten.
Bereits
mit gemeinsamen Schreiben vom 02.04.2020 haben die beiden Sozialämter die
Leistungserbringer der Eingliederungshilfe auf das
Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) und die Möglichkeit der
Antragstellung hingewiesen. (Anlage)
Die Teilhabekommission Thüringen hat am
15.04.2020 in ihrem Beschluss die Empfehlung abgegeben, dass
1. Soweit von Eindämmungsmaßnahmen
betroffene Eingliederungshilfeleistungen (vgl. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) in
anderer Form, in vergleichbarem Umfang – d. h. sowohl als Unterstützung in
anderen Leistungsbereichen, als auch ggf. bei anderen Leistungserbringern – in
Abstimmung mit dem örtlichen Träger der Eingliederungshilfe weiter erbracht
werden, wird die vereinbarte Vergütung zu 100 Prozent weitergezahlt.
2. Soweit dies nicht möglich ist, sollen
Kurzarbeitergeld bzw. weitere vorrangige Leistungen beantragt werden.
3. Erst soweit ein sozialer Dienstleister
trotz vorrangiger Hilfen gleichwohl in seinem Bestand gefährdet ist, greift der
„besondere Sicherstellungsauftrag“ nach § 2 SodEG. Der Dienstleister kann dann
auf Antrag unter Anrechnung der vorrangigen Hilfen nach § 3 SodEG bis zu 75
Prozent der bisherigen Finanzmittel als monatlichen Zuschuss erhalten.
Mit Mail vom 16.04.2020 teilte die
Ministerin Frau Heike Werner mit,
„In ihrer
Beratung am 15. April 2020 hat sich die Teilhabekommission mit den Fragen der
Weitergewährung der Eingliederungshilfe in der gegenwärtigen Situation
beschäftigt und die beigefügten Beschlüsse gefasst, die ich vollinhaltlich
unterstütze und für deren Umsetzung ich an dieser SteIle werben möchte.“
Dies bedeutet, die weitere Vergütung von
100% an die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe. Hier vorallem die
Werkstätten für behinderte Menschen.
Nach Prüfung der nochmaligen Bitte einer
Weiterzahlung zu 100% erfolgte seitens der Amtsleitungen der beiden Sozialämter
die Empfehlung, diesen Beschluss der Empfehlung der Teilhabekommission nicht
umzusetzen, sondern das SodEG anzuwenden.
Begründung der Empfehlung der
Amtsleitung der beiden Sozialämter:
Soziale
Dienstleister und Einrichtungen sind infolge der Coronavirus-Pandemie von
schwerwiegenden
finanziellen Einbußen bis hin zur Insolvenz bedroht. Die
Nichtinanspruchnahme
von Leistungen zur Vermeidung von Ansteckungen oder die
Schließung von
Maßnahmen, Kursen oder Einrichtungen ist erheblich. Besonders schwer
betroffen sind
die freien Wohlfahrtsverbände. Denn diese dürfen als gemeinnützige
Träger -
anders als kommerzielle Anbieter - kaum Risikorücklagen bilden und können
oftmals keine
Kredite aufnehmen.
Aufgrund der
Corona-Krise können daher die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe nur in
eingeschränkten Maße, sofern überhaupt Leistungen erbringen.
Dies
betrifft vorallem die Werkstätten für behinderte Menschen.
Das
Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) regelt:
1. Den Einsatz
sozialer Dienstleister zur Krisenbewältigung und
2. einen
Sicherstellungsauftrag der Leistungsträger für soziale Dienstleister.
Die sozialen
Dienstleister sollen bei der Krisenbewältigung mit den ihnen zur Verfügung
stehenden
Kapazitäten unterstützen.
Als Ausgleich
für die Bereitstellung freier Kapazitäten übernehmen die sozialen
Leistungsträger (mit Ausnahme der gesetzlichen Krankenversicherung und der
sozialen Pflegeversicherung) einen Sicherstellungsauftrag für diese sozialen
Dienstleister.
Die
gesetzliche Regelung umfasst alle sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die
mit den Leistungsträgern im Zeitraum des Inkrafttretens von Maßnahmen nach dem
Infektions-schutzgesetz zur Bekämpfung der Auswirkungen der
Coronavirus-Pandemie in Leistungs-beziehungen stehen.
Durch den
Sicherstellungsauftrag wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, durch welche
die
Leistungsträger bei Vorliegen der Voraussetzungen weiterhin Zahlungen an die
sozialen
Dienstleister und Einrichtungen erbringen und zwar unabhängig davon, ob diese
ihre
ursprünglich vereinbarte Leistung tatsächlich ausführen oder nicht.
Der
Sicherstellungsauftrag soll durch monatliche Zuschüsse der Leistungsträger an
die
sozialen
Einrichtungen und Dienste erfolgen. Dabei wird ein Betrag zugrunde gelegt, der
grundsätzlich
monatlich höchstens 75 Prozent des Durchschnittsbetrages der letzten 12 Monate
entspricht. Bei kürzeren Leistungszeiträumen wird dieser (kürzere) Zeitraum zu
Grunde
gelegt.
Gemäß § 5
SodEG können die Länder auch eine nach oben abweichende Höchstgrenze für die
Zuschusshöhe bestimmen.
Das
Land Thüringen hätte somit, die Höchstgrenze von 100% gemäß § 5 SodEG bestimmen
und festlegen können. Dies ist nicht passiert.
Aus
der Gesetzesbegründung zum SodEG ergibt sich, dass die EGH-Träger ohne das
SodEG keine rechtliche Grundläge haben, die Leistungserbringer, ohne dass
Leistungen erbracht werden, weiter zu vergüten.
Die Abgabe
einer Empfehlung über die Anwendung eines Bundesgesetzes ist nach § 34
Landesrahmenvertrag ebenfalls nicht vorgesehen.
Empfehlung
Sozialamtsleitung Stadt Eisenach / Wartburgkreis
1.
Der
Empfehlung der Teilhabekommission zur Zahlung der vereinbarten Vergütung von
100% wird für den Wartburgkreis und die kreisfreie Stadt Eisenach nicht
entsprochen.
2.
Soweit
die Leistungserbringer noch Ihre üblichen EGH-Leistungen erbringen (z.B. im
Rahmen der Notbetreuung) bzw. diese nur in anderer Form erbringen (durch
Telefonate, per Mail, einfache statt qualifizierte Assistenz usw., siehe unten)
werden sie grundsätzlich entsprechend unserer Vereinbarungen weiter vergütet.
Voraussetzung ist eine prüffähige Dokumentation für jeden einzelnen
Antragsteller, die bei Rechnungslegung mit eingereicht werden muss.
3.
Soweit
Leistungen nicht bzw. nicht mehr vollumfänglich erbracht werden können, müssen
die Leistungserbringer vorrangig von den Regelungen zum vereinfachten
Kurzarbeitergeld und von den Entschädigungsmöglichkeiten nach dem §§ 56, 57
Infektionsschutzgesetz Gebrauch machen.
4.
Sollten
diese Regelungen ebenfalls nicht ausreichen, haben die Leistungserbringer die
Möglichkeit beim zuständigen EGH-Träger (Sozialamt) einen Zuschuss in Höhe von
bis zu 75 % des Monatsdurchschnitts der nicht abgedeckten Leistungen zu
beantragen (siehe hierzu FAQ des BMAS ab Seite 11 – IV. Beantragung und Zahlung
von Zuschüssen). Dieser soll unter Beachtung der vorrangigen Leistungen so
bemessen werden, dass es möglichst zu keinen großen Rückforderungen nach § 4
SodEG kommt.
Dieser fachlich begründeten Empfehlung
sind die Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach und der Landrat des
Wartburgkreises gefolgt.
Mit gemeinsamen Schreiben vom 04.05.2020
wurden die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe darüber informiert. Der
SodEG und die FAQ zur Antragstellung wurden dem gemeinsamen Schreiben
beigefügt. (Anlage)
zu 2.
Mit
den als Anlage beigefügten Schreiben an die Leistungserbringer, welche per Mail
versendet wurden.