Betreff
Einwohneranfrage - Installation der Metallskulptur "Albatros" auf dem Dach des Landestheaters
Vorlage
EAF-0125/2023
Art
Einwohneranfrage

II. Fragestellung

 

1.       Warum wurde der Denkmalbeirat nicht vorab in dieses beabsichtigte Vorhaben einbezogen?

2.       Welche Sicherungsmaßnahmen wurden ergriffen, um Schäden am Gebäude zu verhindern?

3.       Welcher kulturhistorische oder künstlerische Zusammenhang soll zwischen Luthers Bibelübersetzung und einem riesigen metallenen Albatros auf dem Dach unseres von Bürgern gestifteten Theaters bestehen, der eine derart aufwändige Maßnahme rechtfertigen würde?

4.       Wie hoch sind die Gesamtkosten für dieses offensichtlich teure Vorhaben und woraus werden sie finanziert, daher, erfolgt dies aus regulären Haushaltsmitteln?

5.       Warum werden solche finanziellen Mittel nicht für nachhaltige Maßnahmen für das Thüringer Museum eigesetzt, wo ein enormer Ausstattungs -und Restaurierungsstau besteht, anstatt für solch einmalige teure Events?


ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

 

zu 1.

Bei der Einbeziehung des Denkmalbeirates handelt es sich um eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises. Eine Beantwortung der Frage kann dementsprechend nicht erfolgen. Trotzdem möchte ich darauf verweisen, dass es sich um zeitgenössische Kunst handelt und die Skulptur nur zeitlich befristet auf dem Gebäude des Theater installiert wird.

 

 

zu 2.

Die beauftragten Firmen (Dachbau, Unterkonstruktion, Statik) sind ausgewiesene Experten, die mit größter Vorsicht Auf- und Wiederabbau leisten werden.

 

 

zu 3.

Das schreibt die Künstlerin selbst in ihrem Konzept zum Projekt.

Das Lied Die Gedanken sind frei sang man seit seinen Ursprüngen in Zeiten politischer Unterdrückung und persönlicher Einschränkung. Die ersten Ideen des Liedes entstammen vermutlich schon dem 13. Jahrhundert und verbreiteten sich als Freiheitsgesang über die Grenzen Deutschlands und der Jahrhunderte hinweg. Gegen 1200 sang Walther von der Vogelweide „Joch sint iedoch gedanke frî“, 1832 erklang das Lied als Protest der Burschenschaften gegen die Karlsbader Beschlüsse während des Hambacher Festes und 1942 spielte Sophie Scholl die Melodie auf der Blockflöte für ihren Vater im Gefängnis. Obwohl das Lied im Laufe der Zeit von den verschiedensten Interessenlagern für sich beansprucht und häufig auch umgedichtet wurde, blieb der Grundgedanke für alle Zeiten und Seiten immer der gleiche: Das Lied ist Ausdruck von innerer Freiheit und Forderung nach äußerer Unabhängigkeit.

Übersetzung erlöst einen Gedanken von den Grenzen seines Ursprungs. Sie erlaubt ihm, einen Menschen, dessen Umfeld oder sogar Sprache zu verlassen und sich zu verbreiten. Sie ist Grundlage aller Kommunikation und erster Schritt zur wahren Freiheit. Ist ein Gedanke erstmal formuliert, ist seine Verbreitung nicht aufzuhalten.

Gerade die Stadt Eisenach war in der deutschen Geschichte immer wieder Ursprungsort neuer Ideen, die in der Folge gesellschaftliche Umbrüche auslösten. Daher soll mit diesem Werk nicht nur der Wert von Übersetzung und Verständigung symbolisiert, sondern auch auf die historische Rolle Eisenachs eingegangen werden.

Das Theater ist seit jeher die erste Instanz, in der Kritik geübt und Ideen geboren und verbreitet werden. In Eisenach ist das Gebäude nicht nur ideell, sondern auch städtebaulich Kern der Stadt. Daher soll genau auf seinem Dach ein großer stilisierter Albatros platziert werden, der den Anflug eines Gedankens verkörpert und spätestens seit dem gleichnamigen Lied der DDR-Band ‚Karat‘ als Inbegriff von Freiheit und Grenzenlosigkeit gilt. Die Skulptur soll einerseits leicht und unbeschwert wirken, jedoch gleichzeitig auch mächtig und die unaufhaltbare Kraft einer Idee verdeutlichen. In der Gestalt des Vogels klingen auch Gedanken der erlösten Seele und der Übersetzung zwischen Himmel und Erde an.

 

 

zu 4. und 5.

Ca. 70.000 Euro, komplett aus Fördermitteln für das Jubiläum 500 Jahre Bibelübersetzung 2022 finanziert, die explizit für dieses Projekt und nichts anderes zur Verfügung stehen, um unterschiedliche Ansätze des Themas „ÜBERSETZEN“ künstlerisch zu reflektieren.