II.
Fragestellung
1. Warum wurde der Denkmalbeirat
nicht vorab in dieses beabsichtigte Vorhaben einbezogen?
2. Welche Sicherungsmaßnahmen
wurden ergriffen, um Schäden am Gebäude zu verhindern?
3. Welcher kulturhistorische oder
künstlerische Zusammenhang soll zwischen Luthers Bibelübersetzung und einem
riesigen metallenen Albatros auf dem Dach unseres von Bürgern gestifteten Theaters bestehen, der eine derart aufwändige
Maßnahme rechtfertigen würde?
4. Wie hoch sind die Gesamtkosten
für dieses offensichtlich teure Vorhaben und woraus werden sie finanziert,
daher, erfolgt dies aus regulären Haushaltsmitteln?
5. Warum werden solche finanziellen Mittel nicht für nachhaltige Maßnahmen für das Thüringer Museum eigesetzt, wo ein enormer Ausstattungs -und Restaurierungsstau besteht, anstatt für solch einmalige teure Events?
ich beantworte Ihre
Anfrage wie folgt:
zu 1.
Bei der Einbeziehung des Denkmalbeirates handelt es sich um eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises. Eine Beantwortung der Frage kann dementsprechend nicht erfolgen. Trotzdem möchte ich darauf verweisen, dass es sich um zeitgenössische Kunst handelt und die Skulptur nur zeitlich befristet auf dem Gebäude des Theater installiert wird.
zu 2.
Die beauftragten Firmen
(Dachbau, Unterkonstruktion, Statik) sind ausgewiesene Experten, die mit
größter Vorsicht Auf- und Wiederabbau leisten werden.
zu 3.
Das
schreibt die Künstlerin selbst in ihrem Konzept zum Projekt.
Das Lied Die Gedanken
sind frei sang man seit seinen Ursprüngen in Zeiten politischer
Unterdrückung und persönlicher Einschränkung. Die ersten Ideen des Liedes
entstammen vermutlich schon dem 13. Jahrhundert und verbreiteten sich als
Freiheitsgesang über die Grenzen Deutschlands und der Jahrhunderte hinweg.
Gegen 1200 sang Walther von der Vogelweide „Joch sint iedoch gedanke frî“, 1832
erklang das Lied als Protest der Burschenschaften gegen die Karlsbader
Beschlüsse während des Hambacher Festes und 1942 spielte Sophie Scholl die
Melodie auf der Blockflöte für ihren Vater im Gefängnis. Obwohl das Lied im
Laufe der Zeit von den verschiedensten Interessenlagern für sich beansprucht
und häufig auch umgedichtet wurde, blieb der Grundgedanke für alle Zeiten und
Seiten immer der gleiche: Das Lied ist Ausdruck von innerer Freiheit und
Forderung nach äußerer Unabhängigkeit.
Übersetzung erlöst einen Gedanken von den Grenzen
seines Ursprungs. Sie erlaubt ihm, einen Menschen, dessen Umfeld oder sogar
Sprache zu verlassen und sich zu verbreiten. Sie ist Grundlage aller
Kommunikation und erster Schritt zur wahren Freiheit. Ist ein Gedanke erstmal
formuliert, ist seine Verbreitung nicht aufzuhalten.
Gerade die Stadt
Eisenach war in der deutschen Geschichte immer wieder Ursprungsort neuer Ideen,
die in der Folge gesellschaftliche Umbrüche auslösten. Daher soll mit diesem
Werk nicht nur der Wert von Übersetzung und Verständigung symbolisiert, sondern
auch auf die historische Rolle Eisenachs eingegangen werden.
Das Theater ist seit
jeher die erste Instanz, in der Kritik geübt und Ideen geboren und verbreitet
werden. In Eisenach ist das Gebäude nicht nur ideell, sondern auch
städtebaulich Kern der Stadt. Daher soll genau auf seinem Dach ein großer
stilisierter Albatros platziert werden, der den Anflug eines Gedankens
verkörpert und spätestens seit dem gleichnamigen Lied der DDR-Band ‚Karat‘ als
Inbegriff von Freiheit und Grenzenlosigkeit gilt. Die Skulptur soll einerseits
leicht und unbeschwert wirken, jedoch gleichzeitig auch mächtig und die unaufhaltbare
Kraft einer Idee verdeutlichen. In der Gestalt des Vogels klingen auch Gedanken
der erlösten Seele und der Übersetzung zwischen Himmel und Erde an.
zu 4. und 5.
Ca. 70.000 Euro,
komplett aus Fördermitteln für das Jubiläum 500 Jahre Bibelübersetzung 2022
finanziert, die explizit für dieses Projekt und nichts anderes zur Verfügung
stehen, um unterschiedliche Ansätze des Themas „ÜBERSETZEN“ künstlerisch zu
reflektieren.