Betreff
Einwohneranregung - Gerechtigkeit der Friedhofsgebührensatzung
Vorlage
EAF-0138/2023
Art
Einwohneranregung oder -vorschlag

Seit dem Inkrafttreten der 2. Änderungssatzung zur Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Friedhöfe der Stadt Eisenach (Friedhofsgebührensatzung) am 21.05.2021 wird die nach § 5 Abs. 1 Ziffer 6.1.1 beschlossene „Grundgebühr für die Vorhaltung der Trauerhalle/ Kapelle auf dem Hauptfriedhof je Bestattungsfall“ in Höhe von 50,00 Euro erhoben. Der Gebührentatbestand wird in jedem Bestattungsfall auf den Eisenacher Friedhöfen unabhängig von einer Nutzung der Trauerhalle/ Kapelle im vollständigen Wortlaut als: „Grundgebühr für die Vorhaltung der Trauerhalle/ Kapelle auf dem Hauptfriedhof je Bestattungsfall“ auf den jeweiligen Gebührenbescheiden ausgewiesen. Die Stadt Eisenach hat alle Friedhöfe der Ortsteile und der Kernstadt in einer Friedhofssatzung zusammengeführt. Unter dem Geltungsbereich der Friedhofsgebührensatzung werden für alle städtischen Friedhöfe einheitlich kalkulierte Gebühren erhoben (Abweichungen resultieren ausschließlich aus ortsbaulichen Unterschieden und Wegezeiten). Der Stadtrat ist damit dem Solidarprinzip gefolgt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Ortsteilfriedhöfe über keine Räumlichkeiten verfügen, die eine Trauerfeier in würdigem Rahmen erlauben und generell nur eine Trauerhalle/ Kapelle für diesen Zweck für alle Einwohner Eisenachs vorgehalten wird.

In Fällen der tatsächlichen Nutzung der Trauerhalle/ Kapelle wird zusätzlich die Gebühr nach § 5 Abs. 1 Ziffer 6.1.2 erhoben.

 

 

 

Zum Hintergrund:

Die Stadt Eisenach beauftragte das Institut für Public Management, Berlin mit der Gebührenkalkulation in den Jahren 2019 bis 2021. Vom Institut kam der Vorschlag über eine Alternativkalkulation einen Teil der Vorhaltekosten der Kapelle (als Teil der Gesamtkosten) über eine sogenannte Grundgebühr zu decken, um im Gegenzug die Gebühr bei tatsächlicher Nutzung der Kapelle vergleichsweise gering zu halten. Rechtliche Grundlage bildet § 12 Abs. 2 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes.


Erstmals wurde den damaligen Stadtratsmitgliedern in einer Informationsveranstaltung am 19.11.2019 die Alternativkalkulation in Form der Grundgebühr vorgeschlagen. Die anwesenden Stadtratsmitglieder sprachen sich mehrheitlich für die Einführung der Grundgebühr aus. Pandemiebedingt fiel die Zustimmung zum Satzungsentwurf des zuständigen Fachausschusses, damals Ausschuss für Infrastruktur, Beteiligungen und Rechnungsprüfung, sowie die anschließenden Gremiensitzungen aus. Die erneute Einbringung im Stadtrat erfolgte am 13.10.2020

Die Kalkulation inkl. dem Vorschlag zur Einführung der Grundgebühr wurde dem zuständigen Fachausschuss, in der Sitzung am 16.11.2020 über eine Präsentation des Unternehmens vorgestellt. Der Stadtratsbeschluss zum eingebrachten Satzungsentwurf inklusive der Grundgebühr folgte am 16.03.2021 (19 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen).

 

 

Rechtliche und kalkulatorische Bewertung:

In Vorbereitung der Einbringung des aktuellen Satzungsentwurfes zur 3. Änderungssatzung zur Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Friedhöfe der Stadt Eisenach (Friedhofsgebührensatzung) wurde eine juristische Stellungnahme des Fachdienstes Recht zur Rechtmäßigkeit der Grundgebühr erbeten, die nachstehend auszugsweise erwähnt wird.

 

Nach § 12 Abs. 2 S. 4 ThürKAG kann zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten eine Grundgebühr erhoben werden, die so zu bemessen ist, dass neben ihr in der Mehrzahl der Fälle auch noch eine angemessene Abrechnung nach der tatsächlichen Benutzung stattfindet. Dies war im vorangegangenen Kalkulationszeitraum mit
durchschnittlich 593 Bestattungsfällen wovon in 366 Fällen die Trauerhalle/Kapelle tatsächlich genutzt wurde der Fall. Für den aktuellen Kalkulationszeitraum dienen als Grundlage prognostizierte Belegungsdaten der Räumlichkeiten, da während der Pandemie wegen der Einschränkungen und teilweisen Sperrung eine deutlich geringere Nutzung zu verzeichnen war. Für die Trauerhalle/ Kapelle wird vor dem Hintergrund der derzeitigen denkmalgerechten Restaurierung und dem Alleinstellungsmerkmal der Kapelle auch über die Grenzen Eisenachs hinaus mit dem Erreichen von Fallzahlen auf dem Niveau bis zum Jahr 2020 gerechnet.

 

 

Die Vorhaltekosten für die Kapelle beinhalten den anteiligen Kostenaufwand für die Trauerhalle ohne deren tatsächliche Benutzung (fixe Kosten). Dies sind im Wesentlichen die kalkulatorischen Abschreibungen und die kalkulatorischen Zinsen für den Gebäudeanteil Kapelle, den anteiligen Personalaufwand für das Vorhalten eigener Mitarbeiter, anteilige Reparaturen, anteilige Wartung sowie anteilige Verwaltungs- und Gemeinkosten. Diese Kosten entstehen auch ohne die Benutzung der Trauerhalle und stellen somit verbrauchsunabhängige Kosten dar.

 

Die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr ist nach der wohl herrschenden Meinung nicht zu beanstanden, wenn nur 30% der Vorhaltekosten über die Grundgebühr finanziert werden (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.08.2002, 9 LA 305/02; Lichtenfels in Driehaus; kommunales Abgabenrecht, Stand: September 2015, § 6 Rn. 755A, Seite 510).

Um die Grundgebühr in bisheriger Höhe beizubehalten, sind 27 % der Endkosten auf die prognostizierten Bestattungsfälle im Kalkulationszeitraum zu verteilen. Damit wird der o. g. Vorgabe entsprochen. Die Gebühr für die tatsächliche Benutzung beläuft sich sodann auf 223,71 €.

Ohne die Grundgebühr müsste im aktuellen Kalkulationszeitraum für die tatsächliche Kapellennutzung zur Kostendeckung eine Gebühr von 306,86 € veranschlagt werden.

 

 

Fazit:

Die verbrauchsunabhängigen Kosten der Trauerhalle (Vorhaltekosten) können unter Berücksichtigung der vorgenannten Darlegungen einheitlich auf alle Bestattungsfälle im Rahmen einer Grundgebühr umgelegt werden, was mit der Friedhofsgebührensatzung erfolgt ist. Ein Verstoß gegen die Prinzipien des Gebührenrechts, insbesondere das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz ist nicht gegeben.

Höhergerichtliche Entscheidungen, die im konkreten Fall zwingend eine andere Bewertung ergeben würde, existieren bislang nicht. Anhängige Klageverfahren sind nicht bekannt.

Da die regelmäßig defizitäre Kapellennutzung bei jeder Neukalkulation zu einer Gebührenerhöhung führt und folglich eine Nachfragespirale nach unten zu befürchten wäre, soll diesem Trend weiterhin mittels Grundgebühr für alle Bestattungspflichtigen gegengesteuert werden.

Seitens der Verwaltung wurde die Grundgebühr für die Vorhaltung der Trauerhalle/ Kapelle im aktuellem Satzungsentwurf beibehalten. Die Separierung dieses Gebührentatbestandes im Gebührenverzeichnis wird aufgrund des Einwohnerhinweises verwaltungsseitig geprüft.