I.
Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat der
Stadt Eisenach beschließt:
Der
kalkulatorische Zinssatz wird ab dem 01.01.2024 entsprechend § 12 ThürGemHV auf
1,30 % festgesetzt. Der Zinssatz gilt für alle betreffenden städtischen
Einrichtungen und ist bei künftigen Gebührenkalkulationen zu berücksichtigen.
II.
Begründung:
Der
Thüringer Rechnungshof beanstandete in der überörtlichen Prüfung der Haushalts-
und Wirtschaftsführung der Stadt Eisenach (Prüfbericht vom 08.01.2020) unter
anderen die fehlenden Anlagenachweise nach § 76 Abs. 2 ThürGemHV sowie die
fehlende Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten nach §12 Abs. 1 ThürGemHV.
Ab
dem Haushaltsjahr 2024 soll die haushalterische Umsetzung dieser Beanstandungen
des Thüringer Rechnungshofes schrittweise erfolgen.
Sach-
und Rechtslage
Gemäß
§ 76 Abs. 2 ThürGemHV müssen Kommunen für ihre kostenrechnenden Einrichtungen
Anlagenachweise vorweisen. Kostenrechnende Einrichtungen sind öffentliche
Einrichtungen, die sich in der Regel aus Entgelten finanzieren. Neben der
Musikschule, der Stadtbibliothek oder dem Markt gehören beispielsweise auch die
Kindertageseinrichtungen der Stadt Eisenach dazu.
In
den Anlagenachweisen sind die Grundstücke, grundstücksgleichen Rechte und
beweglichen Sachen, die kostenrechnende Einrichtungen dienen, gesondert für
jede Einrichtung aufzuführen (§ 76 Abs. 2 S. 1 ThürGemHV). Diese Nachweise sind
eine Vermögensübersicht der Kommune und gleichzeitig die Voraussetzung für die
Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen nach § 12 Abs. 1
ThürGemHV.
Kalkulatorische
Zinsen sind fiktive Kosten, die aufgrund der Nutzung betriebsnotwendigen
Kapitals entstehen. Sie geben an, wie viel Zinsen die Verwaltung erhalten
würde, wenn das Kapital am Kapitalmarkt angelegt und nicht für eine Investition
zinslos zur Verfügung gestellt worden wäre. Sie stellen demnach die
Opportunitätskosten einer fiktiven Geldanlage dar.
Gemäß
§ 12 Abs. 1 Nr. 2 ThürGemHV ist für kostenrechnende Einrichtungen im
Verwaltungshaushalt eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals zu
veranschlagen. Erleichterungen gelten für Einrichtungen, die nur im geringen
Umfang aus Entgelten finanziert werden. Nach der Kommentierung „Kommunales
Haushalts- und Wirtschaftsrecht Thüringen, § 12 ThürGemHV, Erl. 7“ sind Einrichtungen im geringen Umfang aus Entgelten
finanziert, wenn der Deckungsgrad aus Entgelten unter 20 % der Ausgaben im
Verwaltungshaushalt der Einrichtung liegt. Einrichtungen unter dem Grenzwert
von 20% können somit auf die Veranschlagung kalkulatorischer Kosten verzichten
(Nr. 2 S. 2 der VV zu § 12 ThürGemHV).
Ausgehend
von den Planansätzen 2024 ist die Ermittlung und Veranschlagung der
kalkulatorischen Kosten einzig in den Unterabschnitten der Musikschule und des
Marktes zu prüfen. Der Deckungsgrad aus Entgelten ist in beiden
Unterschabschnitten höher als der Grenzwert von 20 %. Für alle anderen
kostenrechnenden Einrichtungen besteht (aktuell) keine Verpflichtung der
Veranschlagung. Sollten die Zinsen dennoch freiwillig gebildet werden, würde
dies die Transparenz erhöhen.
Das Thüringer
Landesverwaltungsamt teilt auf Anfrage mit, dass als angemessen ein
Mischzinssatz anzusehen ist, der sich aus den Eigen- und Fremdkapitalzinsen
nach dem durchschnittlichen Verhältnis der Eigen- und Fremdfinanzierung ergibt.
Konkrete Berechnung des kalkulatorischen Zinssatzes
Zur Bestimmung des Eigen- und
Fremdkapitalverhältnisses wird dabei der mehrjährige Durchschnitt der
vergangenen zehn Haushaltsjahre zu Grunde gelegt. Dabei wird der Sollzinssatz
für das Fremdkapital unmittelbar aus den Jahresrechnungen abgeleitet. Für die
Verzinsung des Eigenkapitalanteils kann als Grundlage die langjährige
Zinsentwicklung von festverzinslichen Wertpapieren herangezogen werden. Die
einschlägigen Zinssätze können den Monatsberichten oder den
Kapitalmarktstatistiken der Deutschen Bundesbank entnommen werden (www.bundesbank.de).
Die Verzinsung des Fremdkapitals sowie des
Eigenkapitals wird je gleich gewertet.
Die
durchschnittliche Verzinsung des Fremdkapitals in den vergangenen zehn
Haushaltsjahren 2014-2023 belief sich auf 1,81 %. Die durchschnittliche
Verzinsung der Eigenmittel (Umlaufrenditen inländischer
Inhaberschuldverschreibungen / Anleihen der öffentlichen Hand / Monatswerte)
betrug von 2014-2023 rund 0,49 %.
Die
nachstehenden Tabellen weisen die Entwicklung in den Jahren 2014 bis 2023 nach:
Durchschnittliche
Verzinsung des Fremdkapitals
Haushaltsjahre |
Schuldenstand 31.12 in € |
Tats. Zinsaufwand in € |
Ø Verzinsung in % |
2014 |
29.886.719 |
781.365 |
2,61 |
2015 |
27.785.753 |
654.845 |
2,36 |
2016 |
25.875.028 |
554.866 |
2,14 |
2017 |
24.392.822 |
493.946 |
2,02 |
2018 |
23.358.213 |
441.772 |
1,89 |
2019 |
22.039.984 |
384.922 |
1,75 |
2020 |
27.602.193 |
313.916 |
1,14 |
2021 |
25.262.274 |
274.054 |
1,08 |
2022 |
22.955.043 |
242.192 |
1,06 |
2023 |
20.249.733 |
373.750 |
1,85 |
Ø 2014 -
2023 |
24.940.776 |
451.563 |
1,81 |
Durchschnittliche
Verzinsung der Eigenmittel (Umlaufrenditen inländischer
Inhaberschulverschreibungen / Anleihen der öffentlichen Hand)
Haushaltsjahre |
Ø Verzinsung in % |
2014 |
1,03 |
2015 |
0,42 |
2016 |
0,02 |
2017 |
0,18 |
2018 |
0,33 |
2019 |
-0,19 |
2020 |
-0,40 |
2021 |
-0,29 |
2022 |
1,22 |
2023 |
2,55 |
Ø 2014 -
2023 |
0,49 |
Aufgrund
dieser Berechnung ergibt sich ein durchschnittlicher kalkulatorischer Zinssatz
von 1,15 %. Auch mittelfristig rechnet die Verwaltung mit einem steigenden
Zinsniveau am Kapitalmarkt. Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung vor,
den kalkulatorischen Zinssatz auf 1,30 % festzulegen. Der Zinssatz gilt ab
01.01.2024 und wird in regelmäßigen Abständen (spätestens alle vier Jahre)
überprüft.
Anlagenverzeichnis: