Betreff
Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes ab dem 01.01.2024
Vorlage
1412-StR/2023
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Der kalkulatorische Zinssatz wird ab dem 01.01.2024 entsprechend § 12 ThürGemHV auf 1,30 % festgesetzt. Der Zinssatz gilt für alle betreffenden städtischen Einrichtungen und ist bei künftigen Gebührenkalkulationen zu berücksichtigen.

 


II. Begründung:

 

Der Thüringer Rechnungshof beanstandete in der überörtlichen Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt Eisenach (Prüfbericht vom 08.01.2020) unter anderen die fehlenden Anlagenachweise nach § 76 Abs. 2 ThürGemHV sowie die fehlende Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten nach §12 Abs. 1 ThürGemHV.

 

Ab dem Haushaltsjahr 2024 soll die haushalterische Umsetzung dieser Beanstandungen des Thüringer Rechnungshofes schrittweise erfolgen.

 

 

Sach- und Rechtslage

 

Gemäß § 76 Abs. 2 ThürGemHV müssen Kommunen für ihre kostenrechnenden Einrichtungen Anlagenachweise vorweisen. Kostenrechnende Einrichtungen sind öffentliche Einrichtungen, die sich in der Regel aus Entgelten finanzieren. Neben der Musikschule, der Stadtbibliothek oder dem Markt gehören beispielsweise auch die Kindertageseinrichtungen der Stadt Eisenach dazu.

 

In den Anlagenachweisen sind die Grundstücke, grundstücksgleichen Rechte und beweglichen Sachen, die kostenrechnende Einrichtungen dienen, gesondert für jede Einrichtung aufzuführen (§ 76 Abs. 2 S. 1 ThürGemHV). Diese Nachweise sind eine Vermögensübersicht der Kommune und gleichzeitig die Voraussetzung für die Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen nach § 12 Abs. 1 ThürGemHV.

 

Kalkulatorische Zinsen sind fiktive Kosten, die aufgrund der Nutzung betriebsnotwendigen Kapitals entstehen. Sie geben an, wie viel Zinsen die Verwaltung erhalten würde, wenn das Kapital am Kapitalmarkt angelegt und nicht für eine Investition zinslos zur Verfügung gestellt worden wäre. Sie stellen demnach die Opportunitätskosten einer fiktiven Geldanlage dar.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 ThürGemHV ist für kostenrechnende Einrichtungen im Verwaltungshaushalt eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals zu veranschlagen. Erleichterungen gelten für Einrichtungen, die nur im geringen Umfang aus Entgelten finanziert werden. Nach der Kommentierung „Kommunales Haushalts- und Wirtschaftsrecht Thüringen, § 12 ThürGemHV, Erl. 7“ sind Einrichtungen im geringen Umfang aus Entgelten finanziert, wenn der Deckungsgrad aus Entgelten unter 20 % der Ausgaben im Verwaltungshaushalt der Einrichtung liegt. Einrichtungen unter dem Grenzwert von 20% können somit auf die Veranschlagung kalkulatorischer Kosten verzichten (Nr. 2 S. 2 der VV zu § 12 ThürGemHV).

 

Ausgehend von den Planansätzen 2024 ist die Ermittlung und Veranschlagung der kalkulatorischen Kosten einzig in den Unterabschnitten der Musikschule und des Marktes zu prüfen. Der Deckungsgrad aus Entgelten ist in beiden Unterschabschnitten höher als der Grenzwert von 20 %. Für alle anderen kostenrechnenden Einrichtungen besteht (aktuell) keine Verpflichtung der Veranschlagung. Sollten die Zinsen dennoch freiwillig gebildet werden, würde dies die Transparenz erhöhen.

 

Als Anhaltspunkt für die Ermittlung des kalkulatorischen Zinssatzes dient die VV Nr. 6 zu § 12 ThürGemHV. Danach sollte sich der Zinssatz für die Verzinsung des Anlagenkapitals zwischen den marktüblichen Sollzinsen für entsprechende Finanzierungen und den Habenzinsen für Geldanlagen liegen.

 

Das Thüringer Landesverwaltungsamt teilt auf Anfrage mit, dass als angemessen ein Mischzinssatz anzusehen ist, der sich aus den Eigen- und Fremdkapitalzinsen nach dem durchschnittlichen Verhältnis der Eigen- und Fremdfinanzierung ergibt.

 

Konkrete Berechnung des kalkulatorischen Zinssatzes

 

Zur Bestimmung des Eigen- und Fremdkapitalverhältnisses wird dabei der mehrjährige Durchschnitt der vergangenen zehn Haushaltsjahre zu Grunde gelegt. Dabei wird der Sollzinssatz für das Fremdkapital unmittelbar aus den Jahresrechnungen abgeleitet. Für die Verzinsung des Eigenkapitalanteils kann als Grundlage die langjährige Zinsentwicklung von festverzinslichen Wertpapieren herangezogen werden. Die einschlägigen Zinssätze können den Monatsberichten oder den Kapitalmarktstatistiken der Deutschen Bundesbank entnommen werden (www.bundesbank.de).

 

Die Verzinsung des Fremdkapitals sowie des Eigenkapitals wird je gleich gewertet.

 

Die durchschnittliche Verzinsung des Fremdkapitals in den vergangenen zehn Haushaltsjahren 2014-2023 belief sich auf 1,81 %. Die durchschnittliche Verzinsung der Eigenmittel (Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Anleihen der öffentlichen Hand / Monatswerte) betrug von 2014-2023 rund 0,49 %.

 

Die nachstehenden Tabellen weisen die Entwicklung in den Jahren 2014 bis 2023 nach:

 

Durchschnittliche Verzinsung des Fremdkapitals

 

Haushaltsjahre

Schuldenstand 31.12 in €

Tats. Zinsaufwand in €

Ø Verzinsung

in %

2014

29.886.719

781.365

2,61

2015

27.785.753

654.845

2,36

2016

25.875.028

554.866

2,14

2017

24.392.822

493.946

2,02

2018

23.358.213

441.772

1,89

2019

22.039.984

384.922

1,75

2020

27.602.193

313.916

1,14

2021

25.262.274

274.054

1,08

2022

22.955.043

242.192

1,06

2023

20.249.733

373.750

1,85

Ø 2014 - 2023

24.940.776

451.563

1,81

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durchschnittliche Verzinsung der Eigenmittel (Umlaufrenditen inländischer Inhaberschulverschreibungen / Anleihen der öffentlichen Hand)

 

Haushaltsjahre

Ø Verzinsung in %

2014

1,03

2015

0,42

2016

0,02

2017

0,18

2018

0,33

2019

-0,19

2020

-0,40

2021

-0,29

2022

1,22

2023

2,55

Ø 2014 - 2023

0,49

 

Aufgrund dieser Berechnung ergibt sich ein durchschnittlicher kalkulatorischer Zinssatz von 1,15 %. Auch mittelfristig rechnet die Verwaltung mit einem steigenden Zinsniveau am Kapitalmarkt. Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung vor, den kalkulatorischen Zinssatz auf 1,30 % festzulegen. Der Zinssatz gilt ab 01.01.2024 und wird in regelmäßigen Abständen (spätestens alle vier Jahre) überprüft.

 


Anlagenverzeichnis: