Betreff
Eilentscheidung gemäß § 30 ThürKO: Sportbad Eisenach GmbH (SEG),
hier: Kreditaufnahme im Rahmen des Wirtschaftsplans 2020 zur Errichtung eines Multifunktionsgebäudes
Vorlage
0232-OB/2020
Aktenzeichen
20.1 / 8124 15
Art
Beschlussvorlage OB

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Der Stadtrat der Stadt Eisenach nimmt den Wirtschafts- und Finanzplan der Sportbad Eisenach GmbH (SEG) für das Geschäftsjahr 2020 zur Kenntnis und stimmt

1.    der Aufnahme von Krediten bis zur Höhe von 2,2 Mio. Euro zur Errichtung eines Multifunktionsgebäudes und

2.    gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 11 ThürKO i. V. m. § 71 ThürKO der Erweiterung des Unternehmens

zu.


II. Begründung:

 

Der Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung der Sportbad Eisenach GmbH (SEG) haben am 05.02.2020 den Wirtschaftsplan in den Teilen Erfolgs- und Finanzplan für das Geschäftsjahr 2020, einschließlich einer Kreditaufnahme zur Finanzierung eines Neubaus eines Multifunktionsgebäudes bis zur Höhe von 2,2 Mio. Euro beraten und beschlossen.

 

Eckdaten der Erfolgsplanung im Rahmen des Wirtschaftsplanes 2020 (V-Ist 2019):

ü  Umsatzerlöse .............................................................    1.298 TEUR                         (1.338 TEUR)

ü  Sonstige betriebliche Erträge .................................               282 TEUR                            (317 TEUR)

ü  Aufwendungen für Lieferungen / Leistungen....                  2.066 TEUR                         (1.828 TEUR)

ü  Personalaufwand ......................................................            40 TEUR                               (40 TEUR)

ü  Abschreibungen ........................................................         422 TEUR                            (358 TEUR)

ü  Sonstige betriebliche Aufwendungen ..................                  998 TEUR                            (934 TEUR)

ü  Finanzergebnis ..........................................................      2.261 TEUR                         (2.308 TEUR)

davon Ertrag aus Beteiligung…………………………..                     2.281 TEUR                         (2.331 TEUR)

ü  Ergebnis der gewöhnl. Geschäftstätigkeit .........                     315 TEUR                            (803 TEUR)

ü  Steuern vom Einkommen/Ertrag ..........................                 173 TEUR                            (476 TEUR)

ü  Sonstige Steuern........................................................              9 TEUR                               (-9 TEUR)

ü  Jahresergebnis ..........................................................         133 TEUR                            (335 TEUR)

 

Zur Erweiterung des Angebotes des aquaplex sowie zur notwendigen Ergänzung von Räumlichkeiten zur Einhaltung der Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung ist der Neubau eines Multifunktionsgebäudes auf dem städtischen Grünstreifen zwischen dem Freibad und der Erschließungsstraße am Kunstrasenplatz vorgesehen.

 

Das Multifunktionsgebäude sieht im Erdgeschoss eine Nutzung für den Vereinssport vor. Neben Umkleiden und Sanitäranlagen sollen in diesem Bereich auch Vereinsräume sowie die infrastrukturellen Voraussetzungen für den Spiel- und Trainingsbetrieb der Fußballvereine bedient werden können. Diese Räumlichkeiten sollen an die Stadt Eisenach verpachtet werden.

 

Darüber hinaus sollen im Erdgeschoss Räumlichkeiten für eine der Arbeitsstättenrichtlinie entsprechende Unterbringung der Mitarbeiter des aquaplex eingerichtet werden.

 

Im Obergeschoss ist die Unterbringung eines Gesundheits- und Fitnessbereiches vorgesehen, der nach aktuellem Stand durch die SEG errichtet und im Rahmen einer Ergänzung des mit der Gesellschaft für Entwicklung und Management von Freizeitsystemen mbH & Co. KG (GMF) bestehenden Betreibervertrages, analog des Kombibades und der Sauna, im Auftrag der SEG durch die GMF betrieben werden soll.

 

Das erstellte Konzept sieht eine Mischnutzung im Kraft-, Ausdauer- und Gymnastikbereich vor und soll gleichzeitig ein Angebot für Aquafitness beinhalten. Im Vergleich zu örtlichen Fitnessstudios, deren Schwerpunkt im Bereich des klassischen Gerätetrainings, der medizinischen Physiotherapie und einem ergänzenden Kursangebot (Trockentraining) liegt, soll der Schwerpunkt im aquaplex weiterhin auf Wasser (Aquakurse und Schwimmen) und Sauna liegen und durch das Gesundheits- und Fitnessangebot abgerundet werden. Durch die abweichende Schwerpunktausrichtung sollen unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. Die Gesundheits- und Fitnesswelt tritt nicht in den direkten Wettbewerb zu am Markt bereits vorhandenen Angeboten im Fitnessbereich. Dies wird durch die geplante Angebotsstruktur weiter unterstrichen. Es werden keine „reinen“ Fitnessverträge angeboten, sondern es ist beabsichtigt, Gesundheitspakete wie z.B. Fitness inkl. 2 Std. Bad oder Fitness inkl. Sauna und Kursprogramm anzubieten. Auch ist das aus dem freien Markt bekannte „Freikaufen bzw. aktive Abwerben“ von Kunden aus anderen Einrichtungen in dem von der GMF erstellten Konzept nicht vorgesehen bzw. widerspricht auch deren grundsätzlicher Ausrichtung des aquaplex.

 

Als Alternativnutzung für den Fall, dass das erstellte Konzept des Gesundheitswelt- und Fitnessbereiches nicht dauerhaft wirtschaftlich darstellbar sein sollte, wurde durch das Amt für Infrastruktur geprüft, inwieweit das Obergeschoss ebenfalls für Zwecke des Sportparks Katzenaue genutzt werden könnte. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass nach der Sportstättenleitplanung der Stadt Eisenach ein grundsätzlicher Bedarf für eine Nutzung des Obergeschosses besteht.

 

Die vorliegende Kostenschätzung für die Errichtung des Multifunktionsgebäudes geht von Gesamtherstellungskosten in Höhe von 2.287.350 Euro (netto) aus. Zur Finanzierung des Projektes ist eine Darlehensaufnahme vorgesehen. Entsprechend der Finanzplanung sind Kreditaufnahmen i. H. v. 762 TEUR (in 2020) bzw. 1.258 TEUR (in 2021) geplant.

 

Zur Finanzierung der Herstellungskosten für die Räumlichkeiten des Sport- und Umkleidebereiches im Erdgeschoss können Fördermittel nach der Sportstättenrichtlinie des Landes Thüringen generiert werden, sofern das Projekt in die Prioritätenliste der Fördermittelstelle aufgenommen wird. Der Fördermittelantrag wurde fristwahrend beim TMBJS eingereicht. Der Eigenfinanzierungsanteil soll über den Abschluss eines Pachtvertrages mit der Stadt Eisenach gedeckt werden, im Rahmen dessen die zu erwartenden Finanzierungskosten und die Betriebskosten von der Stadt zu tragen sein werden.

 

Die Refinanzierung des auf das Obergeschoss entfallenden Investitionsaufwandes soll durch eine Betriebsführung des Gesundheits- und Fitnessbereiches durch den Badbetreiber GMF erfolgen.

 

Hinsichtlich der Frage, ob die Einrichtung und der Betrieb des Gesundheits- und Fitnessbereiches bzw. die alternative Vermietung an die Stadt Eisenach mit dem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand „Betreibung des Frei- und Hallenbades der Stadt Eisenach“ vereinbar ist oder zumindest in einem engen sachlichen und organisatorischen Zusammenhang mit diesem steht, wurde ein externes Wirtschaftsprüfungsunternehmen um Stellungnahme gebeten.

 

Im Ergebnis dieser Prüfung ist festzuhalten, dass die Einrichtung eines Gesundheits- und Fitnessbereiches zumindest unmittelbar nicht für den Betrieb des Frei- bzw. Hallenbades notwendig sein dürfte. Soweit die dort durchgeführten Trainings und Kurse (Gesundheitspakete) im Zusammenhang mit angebotenen Wasseranwendungskursen stehen, ist jedoch ein enger sachlicher und organisatorischer Zusammenhang unzweifelhaft gegeben.

 

Die alternative Vermietung der Räumlichkeiten im Obergeschoss an die Stadt Eisenach zur Nutzung als Sportstätte dürfte als reine Vermietungstätigkeit nicht originär vom Unternehmensgegenstand abgedeckt sein. Ungeachtet dessen darf die Gesellschaft gemäß § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages alle Geschäfte tätigen, die in einem engen sachlichen und organisatorischen Zusammenhang mit dem Unternehmensgegenstand stehen.

 

Wenn die Räumlichkeiten anderweitig (für SEG-eigene Zwecke) nicht genutzt werden und ungenutzt brachliegen würden, ist die Vermietung von nicht benötigten Räumlichkeiten grundsätzlich zulässig, da Erwerbschancen außerhalb des Unternehmensgegenstandes wahrgenommen werden dürfen, wenn Ressourcen ungenutzt bleiben und die Vermietungstätigkeit als reiner Nebenzweck anzusehen ist. Die Vermietung des Obergeschosses allein dürfte daher als Nebengeschäft unter den genannten Voraussetzungen ohne eine Abänderung des Unternehmensgegenstandes zulässig sein.

 

Darüber hinaus wurde eine Rechtsanwaltskanzlei um rechtliche Einschätzung gebeten, inwieweit das Vorhaben mit den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen für kommunale Gesellschaften konform ist.

 

Zunächst wurde die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 - 4 ThürKO geprüft. Da das Vorhaben in erster Linie der Gesundheitsförderung dient, ist nach Auffassung der Rechtsanwälte davon auszugehen, dass ein öffentlicher Zweck i. S. d. § 71 Abs. 2 ThürKO als gegeben anzusehen ist. Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben vorrangig in der Absicht der Gewinnerzielung wahrgenommen wird, bestehen auf Grundlage der zur Verfügung gestellten Informationen nicht. Da der Schwerpunkt im aquaplex weiterhin auf Wasser und Sauna liegen und durch das Gesundheits- und Fitnessangebot abgerundet werden soll, ist davon auszugehen, dass auch die Voraussetzung des § 71 Abs. 2 Nr. 4 ThürKO erfüllt ist. Die Gesundheits- und Fitnesswelt tritt nicht in den direkten Wettbewerb zu am Markt bereits vorhandenen Anbietern im Fitnessbereich, zumal auch eine Mitbenutzung Dritter (z.B. Reha-Sport, VHS) möglich wäre. 

 

Ferner wurde angeführt, dass bei Umsetzung des Vorhabens auch die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (insbesondere §§ 20 Abs. 1, 19 GWG) sowie des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (insbesondere § 1, §§ 8 ff. UWG) zu beachten wären. 

 

Aufgrund der vorgenannten Ausführungen stellt die Errichtung des Multifunktionsgebäudes eine Erweiterung der Sportbad Eisenach GmbH i. S. d. § 71 Abs. 2 ThürKO dar, welche nach § 26 Abs. 2 Nr. 11 ThürKO durch den Stadtrat zu beschließen ist.

 

Entscheidungen über die Erweiterung gemeindlicher Unternehmen sind gem. § 72 Abs. 1 ThürKO der Rechtsaufsichtsbehörde rechtzeitig, mindestens sechs Wochen vor Beginn oder Vergabe von Arbeiten oder vor Abschluss des Übernahmevertrages unter Vorlage des diesbezüglichen Stadtratsbeschlusses anzuzeigen. Eine Genehmigungspflicht i. S. d. § 73 Abs. 1 Satz 4 ThürKO besteht nicht, da sich die grundlegende Zweckbestimmung der SEG – Betreibung des Frei- und Hallenbades der Stadt Eisenach – nicht ändert. 

 

Im Geschäftsjahr 2020 sollen, neben der Errichtung des Multifunktionsgebäudes, weitere Investitionen in Höhe von rd. 7.090 TEUR begonnen bzw. realisiert werden. Die größte Investition stellt der Breitbandausbau (6.402 TEUR) dar. Weitere Investitionen sind u.a. für den Austausch der Beleuchtungseinrichtung auf LED-Basis (90 TEUR), Anpassung des Kassensystems (50 TEUR), Maßnahmen im Freibad (152 TEUR, u.a. Überlaufrinnen Freibad, Geräte und Technik, Isolation und Beschichtung Schwallwasserkammern), in der Sauna (73 TEUR, u.a. Sanierung Erdsauna, Überdachung Feuertreppe Kelohaus), im Hallenbad (175 TEUR, u.a. Ersatzinvestition Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, Geräte und Technik) sowie in der Cafeteria (26 TEUR), Kiosk (23 TEUR) und Sommerlounge (20 TEUR) vorgesehen.

 

Der Finanzbedarf (8.253 TEUR) kann durch die vorhandenen Finanzmittel (9.885 TEUR) gedeckt werden. Neben Fördermitteln vom Land Thüringen und Bund i. H. v. 6.197 TEUR stehen u. a. flüssige Mittel aus dem Vorjahr (2.251 TEUR) und aufzunehmende Darlehen (762 TEUR) zur Verfügung. Aufgrund der vorgenannten Werte besteht zum Jahresende ein Überhang flüssiger Mittel i. H. v. 1.632 TEUR.

 

Der Aufsichtsrat der SEG hat den Wirtschaftsplan für das Geschäftsjahr 2020 in der Sitzung am 05.02.2020 beraten und der Gesellschafterversammlung empfohlen, den Wirtschafts- und Finanzplan für das Jahr 2020 zu beschließen.

 

Die Gesellschafterversammlung hat ebenfalls am 05.02.2020 den Wirtschaftsplan 2020 zustimmend zur Kenntnis genommen und einer Kreditaufnahme zur Finanzierung des Neubaus eines Multifunktionsgebäudes bis zur Höhe von 2,2 Mio. Euro zugestimmt. Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Stadtrates.

 

Für das Jahr 2020 ist im städtischen Haushalt sowie in der 7. Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes eine Teilausschüttung i. H. v. 150 TEUR (netto) vorgesehen. Die in der aktuellen Mittelfristplanung bis 2024 geplanten Ausschüttungen müssen im Rahmen des tatsächlichen Jahresergebnisses jährlich geprüft werden.

 

Im Übrigen wird auf die dieser Vorlage beigefügte Übersicht zum Wirtschafts-, Investitions- und Finanzplan verwiesen. Der umfassende Wirtschaftsplan inkl. Erläuterungen der Geschäftsführung liegt im Büro der Beteiligungsverwaltung zur Einsichtnahme aus.

 


Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1 – Erfolgsplan

Anlage 2 – Finanzplan

Anlage 3 – Investitionsplan

Anlage 4 – Entwurfskonzept Multifunktionsgebäude