Betreff
Satzung über die zweite Verlängerung der "Veränderungssperre im Bereich des Bebauungsplanes der Stadt Eisenach Nr. 50 »Sondergebiet Windenergie am Reitenberg« Neukirchen"
Vorlage
1048-StR/2022
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

Die zweite Verlängerung der am 30.11.2019 in Kraft getretenen „Satzung über die Veränderungssperre für den Bebauungsplan der Stadt Eisenach Nr. 50 »Sondergebiet Windenergie am Reitenberg« Neukirchen“ (Anlagen 1 bis 3), wird als Satzung erlassen.

 

Die Satzung soll nach Bekanntmachung im »Eisenacher Rathauskurier – Amtsblatt der Stadt Eisenach« gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) am 28.11.2022 in Kraft treten.

 

Die Verlängerung gilt für ein weiteres Jahr, ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verlängerung, jedoch nicht länger als bis zum 27.11.2023.


II. Begründung:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach hat am 21.05.2019 die Aufstellung des Bebauungsplans der Stadt Eisenach Nr. 50 »Sondergebiet Windenergie am Reitenberg« für den Ortsteil Neukirchen beschlossen.

 

Zweck des Bebauungsplanes ist die Entwicklung eines Sondergebietes mit der Zweckbestimmung »Gebiet für Windenergieanlagen« sowie die Sicherung landwirtschaftlicher Nutzflächen im Plangebiet und die Begrenzung deren bauzeitlicher und anlagebedingter Inanspruchnahme auf das Notwendige.

 

Die Ziele des Regionalplanes Südwestthüringen sowie des Flächennutzungsplanes der Stadt Eisenach sollen mithilfe dieses Bebauungsplanes konkretisiert werden. Der Bebauungsplan übernimmt insofern die Funktion der Feinsteuerung der vorgenannten Planwerke.

 

Außerdem sollen mit Hilfe der im Entwurf vorliegenden Bauleitplanung die städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen der Stadt mit den Planungszielen in Einklang gebracht werden. Dies soll u. a. durch konkrete Festsetzungen zum Standort und zur Dimension der Windkraftanlagen, insbesondere im Zusammenhang mit den benachbarten Siedlungsbereichen sowie der Welterberegion Wartburg - Hainich erreicht werden.

 

Insgesamt vier Anträge auf Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich des Vorranggebietes Windenergie W-3 »Reitenberg bei Neukirchen / Eisenach, Krauthausen« waren ursprünglich der Ausgangspunkt für den Erlass einer Veränderungssperre sowie deren erste Verlängerung. Die zu diesem Zeitpunkt beantragten Windenergieanlagen mit Gesamthöhen von erstmalig bis 247 m würden eine neue Bezugsgröße darstellen und ließen zudem befürchten, dass die Realisierung der Planungsziele des Bebauungsplanes bei der Umsetzung der beantragten Vorhaben wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht werden. Die Anträge ruhen infolge der Veränderungssperre bzw. deren Verlängerung. Der Wegfall der Veränderungssperre wäre sehr wahrscheinlich mit der Genehmigung der beantragten Anlagen verbunden, ohne dass dabei der Bebauungsplan feinsteuernd wirken kann. Damit wäre letztendlich auch der Weltkulturerbestatus der Wartburg in Gefahr.

 

Eine zweite Verlängerung einer Veränderungssperre kann die Gemeinde gemäß § 17 Abs. 2 BauGB nur bei Vorliegen besonderer Umstände beschließen.

 

Aus folgenden besonderen Gründe beschließt die Stadt Eisenach die zweite Verlängerung der Veränderungssperre:

 

Innerhalb des Vorranggebietes W-3 entstand in den vergangenen Jahrzehnten ein Windpark bestehend aus insgesamt achtzehn Windkraftanlagen mit unterschiedlichen Höhen. Damit entstand ein wenig einheitliches Erscheinungsbild der Landschaft. Von den umliegenden höheren Standorten gesehen, ist das Landschaftsbild des Reitenberges erheblich negativ geprägt.

 

Die für den Denkmalschutz zuständige Behörde kritisierte dies insbesondere wegen der negativen Auswirkungen auf das Weltkulturerbe-Denkmal »Wartburg«. (vgl. Anlage 04 – Denkmalpflege Erfurt – Gutachten TLDA Wartburg)

 

In einer Stellungnahme des „International Council on Monuments and Sites“ (ICOMOS) vom 19.12.2018 wird auf einen Maßstabsverlust der Wartburg im Landschaftsbild durch die immer weiter fortschreitende Errichtung von Windenergieanlagen aufmerksam gemacht. Hieraus droht ein Bedeutungsverlust der Wartburg als Kulturdenkmal und unter Umständen auch die Aberkennung des Weltkulturerbestatus. Das ICOMOS schlägt in diesem Zusammenhang eine Grenze von 500 Meter über NHN als maximale Gesamthöhe von Windenergieanlagen in Sichtweite der Wartburg vor.

 

Demgegenüber stehen aber die inzwischen nach Rechtsprechung für einen wirtschaftlichen Betrieb anerkannten Mindestgesamthöhen der Windenergieanlagen von 200 m.

 

Gemäß der Anlage 1 zur Stellungnahme des Wartburgkreises (vgl. Anlage 05 - SN LRA WAK) ist bei Einhaltung der vom Denkmalschutz zuständigen Behörde geforderten Obergrenzen von 500 m ü. NHN die Errichtung wirtschaftlich betreibbare Windenergieanlagen von mindestens 200 m Gesamthöhe nicht möglich. Die geforderte Höhenbegrenzung kann dementsprechend nicht im Bebauungsplan festgesetzt werden, da dies unweigerlich zu einer rechtswidrigen Negativplanung führen würde.

 

In Hinblick auf den Konflikt zwischen dem Denkmalschutz und den wirtschaftlichen Interessen wurde im Verfahren ein Gutachten zur Visualisierung der zukünftigen Planung angefertigt. Die Erarbeitung des Gutachtens erfolgte zusätzlich, daher erforderte die Gesamtplanung des Planentwurfs mehr Zeit als in einem üblichen Verfahren (ohne spezielle Gutachten) notwendig.

 

Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlichen Belange führte die Bundeswehr in ihrer Stellungnahme aus, dass sich der gesamte Geltungsbereich des Bebauungsplanes innerhalb eines Sicherheitskorridors einer Hubschraubertiefflugstrecke befindet und lehnte daher zunächst grundsätzlich den gesamten Bebauungsplan ab (vgl. Anlage 06 – SN Bundeswehr).

 

Demgegenüber stehen allerdings die Entscheidungen der vorgenannten Behörde, welche in Einzelfällen die beantragten Windenergieanlagen innerhalb des Geltungsbereichs zuließen.

 

Diese aus Sicht der Stadt Eisenach nicht erklärliche Vorgehensweise der Behörde führte zu einem weiteren intensiven, mehrfachen Abstimmungserfordernis. Im Zuge dessen wurden mehrere Teilplanungen für fiktive Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 200 m vorbereitet und diese mit der Bundesbehörde zusätzlich abgestimmt. Diese zeitintensiv vorbereitete und anschließend mit der Bundesbehörde abgestimmte Teilplanung wurde letztendlich Grundlage zur Bearbeitung des Gutachtens zur Visualisierung sowie des zukünftigen Bebauungsplanentwurfs (Planzeichnung, Begründung und Umweltbericht) zur nachfolgenden förmlichen Beteiligung der Öffentlichkeit.

 

Nicht zuletzt auch die »Einkreisung« der Stadt Eisenach in den Wartburgkreis und die damit verbundene Aufgabe der Kreisfreiheit erforderte innerhalb der Verwaltungsstrukturen eine Reihe organisatorischer Änderungen, welche sich auch zeitlich auf die Fortführung der Planungsaufgaben zum Bebauungsplan auswirkten.

 

Da das Bauleitverfahren bis zum Ablauf der ersten Verlängerung der Veränderungssperre am 27.11.2022 nicht abgeschlossen sein wird, ist eine Verlängerung der Veränderungssperre aus den genannten Gründen zwingend erforderlich, da – wie erwähnt – das Auslaufen der Veränderungssperre eine sofortige Wiederaufnahme der Genehmigungsverfahren für vier beantragte, 243 m hohe WKA unmittelbar zur Folge hätte.

 

Die erste Verlängerung der Veränderungssperre läuft am 26.11.2022 ab.

Die zweite Verlängerung muss, um rechtskräftig zu werden, wie die Veränderungssperre bzw. die erste Verlängerung der Veränderungssperre als Satzung beschlossen und darüber hinaus ortsüblich bekanntgemacht werden.

 

Das Inkrafttreten der zweiten Verlängerung sollte daher spätestens am 27.11.2022 erfolgen.

 

Gemäß § 19 der Hauptsatzung der Stadt Eisenach haben Bekanntmachungen von Satzungen seit dem 26.04.2022 ausschließlich im »Eisenacher Rathauskurier – Amtsblatt der Stadt Eisenach« zu erfolgen.

 

Einziger Erscheinungstermin des genannten Amtsblattes im November 2022 ist der 10.11.2022. Redaktionsschluss für diese Ausgabe ist der 28.10.2022.

 

Vor der Bekanntmachung ist eine kommunalaufsichtliche Prüfung der Satzung notwendig. In der Regel dürfen Satzungen nach dieser Prüfung frühestens nach einem Monat (Monatsfrist) bekanntgemacht werden.

 

Damit kann ein Beschluss des Stadtrates über die Verlängerung der Veränderungssperre in der Sitzung am 11.10.2022 ohne eine zeitliche Lücke zwischen den Satzungen zur ersten Verlängerung und der zweiten Verlängerung der Veränderungssperre nicht erfolgen.

Die Beschlussfassung zur weiteren Verlängerung der Veränderungssperre ist daher in der Sitzung des Stadtrates am 13.09.2022 unumgänglich.

 


Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1 – Satzung über die Veränderungssperre

Anlage 2 – Geltungsbereiche

Anlage 3 – Flurstücksliste Veränderungssperre

Anlage 4 – SN Denkmalpflege Erfurt – Gutachten TLDA Wartburg

Anlage 5 – SN LRA WAK

Anlage 6 – SN Bundeswehr