Betreff
Bebauungsplan der Stadt Eisenach Nr. 50 „Sondergebiet Windenergie am Reitenberg“ Neukirchen
hier: Billigung des 2. Entwurfes und Beschluss zur erneuten förmlichen Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentliche Belange
Vorlage
1317-StR/2023
Aktenzeichen
51.1.21.B50
Art
Beschlussvorlage Stadtrat

I. Beschlussvorschlag:

 

Der Stadtrat der Stadt Eisenach beschließt:

1.       der 2. Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 50 »Sondergebiet Windenergie am Reitenberg« Neukirchen, bestehend aus Planzeichnung und den textlichen Festsetzungen (Anlage 1) sowie die Begründung, bestehend aus Teil I Begründung (Anlage 2) und Teil II Umweltbericht (Anlage 3), werden gebilligt;

2.       die Durchführung einer erneuten und auf 3 Wochen verkürzten Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange und der Nachbargemeinden gemäß § 4a Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) unter den Maßgaben von § 3 Abs. 1 und 2 Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG);

3.       die ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung des Entwurfes des Bebauungsplanes zur Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 i. V. mit § 4a Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB). Die Öffentlichkeit sowie die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange und Nachbargemeinden sind in der Bekanntmachung darüber zu informieren, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten Teilen des Bebauungsplanes vorgebracht werden können (§ 4a Abs. 3 Satz 2 BauGB).

 


II. Begründung:

 

Neue Gesetzesgrundlage – Wind-an-Land-Gesetz

Das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land (WindBG) wurde am 28.07.2022 im Bundesgesetzblatt verkündigt und trat am 01.02.2023 in Kraft.

In diesem Gesetz sind für jedes Bundesland Flächenanteile zum Ausbau der Windenergie sowie Termine zum Vollzug dieser Anteile festgelegt (§ 3 WindBG). Für Thüringen gilt ein anteiliger Ausbau der Windenergie von 1,8 % der Landfläche bis zum Stichtag 13.12.2027 und 2,2 % der Landfläche bis zum Stichtag 31.12.2032.

Bei Nichterreichen der Flächenanteile werden Windenergieanlagen (WEA) im Außenbereich Kraft des Gesetzes bauplanungsrechtlich uneingeschränkt privilegiert und frei von jeglichen Festlegungen der Regional- oder Flächennutzungspläne (Vorranggebiete bzw. Sonderbauflächen Windkraft). Die Ausschlusswirkung (Planvorbehalt) würde somit aufgehoben und die in der Landesgesetzgebung festgelegten pauschalen Mindestabstände (in Thüringen § 91 ThürBO 1.000 m-Mindestabstand zu Wohngebäuden und Wohngebieten) hinfällig.

Flächen von Bebauungsplänen mit Festsetzungen zur Höhenbegrenzung von WEA und erst nach dem 01.02.2023 rechtskräftig werden, sind im Sinne des WindBG auf die landesweit umzusetzenden Flächenanteile nicht anrechenbar (§ 4 Abs. 1 Satz 5 WindBG). Dies trifft auf den Bebauungsplan Nr. 50 der Stadt Eisenach exemplarisch zu.

In Thüringen werden die Flächenziele auf die einzelnen Planungsregionen verteilt. Für die Planungsregion Südwestthüringen, der auch die Stadt Eisenach angehört, sind im rechtskräftigen Regionalplan Südwestthüringen 2012 für die Windenergie 0,15 % (ca. 600 ha), davon allein in Eisenach ca. 282 ha, als Vorranggebiete Wind ausgewiesen.

Der Entwurf des Landesentwicklungsprogramms Thüringen (November 2022) legt folgende Teilziele für die Entwicklung der Windenergie in der Planungsregion Südwestthüringen fest:

-        bis 31.12.2027 – 1,1 % der Planungsregion, dies entspricht einer Landfläche von 4.600 ha,

-        bis 31.12.2032 – 1,3 % der Planungsregion, dies entspricht einer Landfläche von 5.600 ha.

Die waldfreien und zugleich windhöffigen Flächen im Norden Eisenachs lassen bereits jetzt mit hoher Sicherheit weitere Ausweisungen von Vorranggebieten im Stadtgebiet vermuten.

Durch das Gesetz (WindBG) wird außerdem bestimmt, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Das bedeutet, staatliche Behörden haben »dieses überragende öffentliche Interesse« bei der Abwägung mit anderen Rechtsgütern, wie z. B. Denkmalschutz, Landschaftsbild, Immissionsschutz, Naturschutz, Forstrecht, etc. einzustellen und entsprechend einen Vorrang einzuräumen.

Folgen für den Bebauungsplan Nr. 50 »Sondergebiet Windenergie am Rautenberg«

Momentan befinden sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes insgesamt 28 Windenergieanlagen. Der Bebauungsplan weist 12 Bauflächen für Windenergieanlagen aus, d. h., bei vollständiger Umsetzung des Bebauungsplanes werden im Zuge des sukzessiven Repowerings insgesamt 12 Windenergieanlagen weiterhin bestehen können. Aufgrund der reduzierten Anlagenzahl ergibt sich damit für das Landschaftsbild eine deutliche Verbesserung.

Hält die Stadt an den Höhenfestsetzungen des Bebauungsplanes fest, ergeben sich für das weitere Planverfahren sowie für das Stadtgebiet folgende potenzielle Entwicklungen:

-        Die Fläche des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes kann nicht mehr als anrechenbare Fläche gem. WindBG gewertet werden; im künftigen Regionalplan muss diese Fläche an anderer Stelle kompensiert werden. Die Suche einer adäquaten Ersatzfläche innerhalb des Stadtgebietes wäre sehr wahrscheinlich.

-        Die Belange des Denkmalschutzes müssen in der Abwägung im Rahmen des Aufstellungsverfahrens den Belangen der Windenergie nachstehen; tun sie es nicht, führt dies zu einem Abwägungsfehler und bei einer Normenkontrollklage zur Nichtigkeit des Bebauungsplanes. Das Wegfallen des Bebauungsplanes führt wiederum nicht nur zur Errichtung höherer Anlagen im gesamten Vorranggebiet, sondern faktisch auch zum möglichen Repowering aller bestehenden Anlagen (theoretisch also 28 Stück) auf dem Reitenberg.

-        Werden die Flächenziele des WindBG in Thüringen und in der Planungsregion Südwestthüringen insgesamt nicht erreicht, dann gilt landesweit eine uneingeschränkte Privilegierung der WEA im Außenbereich Eisenachs; also auch außerhalb des Geltungsbereichs der im Regionalplan und Flächennutzungsplan festgelegten Vorranggebiete und Sonderbauflächen. Jegliche Ausschlusswirkungen (Planvorbehalte) entfallen somit. Dies betrifft dann auch eine potenziell mögliche Erweiterung des Windparks östlich von Hötzelsroda durch Repowering bzw. Neuplanung.

 

Zur Fortführung des Bebauungsplans soll der Stadtrat folgende Verfahrensschritte beschließen:

 

1.       Die Billigung des hier vorgelegten zweiten Entwurfs des Bebauungsplanes ohne Höhenfestsetzungen,

2.       Die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit durch Offenlegung des geänderten Plans, mit dem Hinweis, dass Stellungnahmen nur zu den Änderungen am Plan eingebracht werden können,

3.       gleichzeitig die Beteiligung der betroffenen Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sowie der Nachbargemeinden mit dem Hinweis, dass Stellungnahmen nur zu den Änderungen am Plan eingebracht werden können.

 

Nach Abschluss der Beteiligung werden alle im vormaligen wie im aktuellen Auslegungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen einer vollständigen Abwägung gemäß § 1 Absatz 7 BauGB unterzogen werden. Der Abwägungsvorschlag wird dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt. Sodann wird die Plansatzung gefertigt und zum Beschluss vorgelegt. Der Plan soll vor Ablauf der geltenden Veränderungssperre im Herbst 2023 zur Rechtskraft gebracht werden, insofern ist ein zügiger Verfahrensablauf unabdingbar, um in Anbetracht zurückgestellter WKA-Bauvorhaben Fehlentwicklungen entgegen des Planinhalts im Windvorranggebiet zu vermeiden.

 


Anlagenverzeichnis:

 

Anlage 1: Planzeichnung mit Textfestsetzungen

Anlage 2: Begründung (Teil I)

Anlage 3: Umweltbericht (Teil II)

 

Hinweis:

 

Die Anlagen 2 und 3 können Sie im Internet unter www.eisenach.de à Rathaus à Stadtrat und Gremien à Ratsinfosystem unter dem Tagesordnungspunkt der Stadtratssitzung und im Büro des Stadtrates einsehen.